Da muss man durch
Erdgeschoss befinden sich eine Bibliothek, mehrere Arbeits- und Besprechungszimmer, ein Salon mit offenem Kamin und eine
sich daran anschließende Terrasse mit einem phantastischen Blick auf die Bucht und das Meer. Hier werden wir offenbar heute
Abend speisen, denn ein spanisches Hausmädchen ist gerade dabei, eine lange Tafel einzudecken.
Die hinter dem Salon liegende Küche bekomme ich nicht zu Gesicht.
«Die Wirtschaftsräume sind dem Personal vorbehalten», erklärt Melissa. «Wenn Sie irgendetwas brauchen, wenden Sie sich einfach
an Uschi. Die kümmert sich um alles.» Melissa flirtet ein wenig. «Wenn Sie noch etwas wissen möchten, können Sie natürlich
selbstverständlich auch mich fragen, Mr. Schuberth.»
Ich habe das Gefühl, Melissa würde mir gerne noch persönlich mein Zimmer zeigen, aber auf dem Weg in die obere Etage wird
sie von ihrem Bruder Konstantin gerufen. Elisabeth hat ein Anliegen, und da Elisabeths Wünsche ganz offensichtlich höchste
Priorität haben, bringt Melissa mich nur rasch bis vor die Tür meines Zimmers, um dann in jenen Flügel des Hauses zu eilen,
in dem sich Elisabeths Privatgemächer befinden.
Mein Zimmer ist geräumig, die Einrichtung ein bisschen pompös, aber geschmackvoll, außerdem gibt es ein separates Bad.
Das finde ich besonders angenehm, denn bei einem Gemeinschaftsbad würde Melissa mir wahrscheinlich regelmäßig den Rücken
schrubben wollen.
|28| Jetzt, wo ich ein wenig Ruhe habe, möchte ich gern wissen, wie es meinem Hund geht. Fred ist während meines Besuches auf
Mallorca bei meiner Exfrau und ihrem bescheuerten Lebensgefährten untergebracht.
«Gut, dass du anrufst.»
«Ist was passiert?», frage ich unbehaglich.
«Kann man so sagen», erwidert Lisa. «Tommy ist ziemlich sauer.»
«Auf mich?»
«Auch. Aber erst mal auf Fred. Ein befreundeter Musiker hat uns besucht und seine beiden Hunde mitgebracht …»
«Moment mal», unterbreche ich. «Ich hab euch gesagt: keine anderen Hunde. Keine Hunde, keine Katzen, keine Kinder. Mein
Hund hasst alles und jeden auf der Welt. Das hab ich ausdrücklich gesagt.»
«Ich weiß», antwortet Lisa. «Wir haben nicht geahnt, dass Gordon seine Rottweiler mitbringt …»
«Rottweiler?», unterbreche ich erneut, und diesmal bin ich besorgt. Fred ist zwar ein Bullterrier-Jagdhund-Mix und insofern
ziemlich robust, aber wenn er sich mit zwei Rottweilern angelegt hat, dann dürfte das selbst für ihn übel ausgegangen sein.
«Geht es ihm gut?», frage ich vorsichtig.
Schweigen am anderen Ende der Leitung.
«Ist er etwa verletzt?»
«Nun ja», erwidert sie leicht gedehnt. «Die beiden haben ihm ein kleines Stück vom Ohr abgebissen.» Bevor ich etwas erwidern
kann, setzt sie rasch nach: «Aber keine Sorge, der Arzt hat gesagt, das wird wieder. Wenn alles verheilt ist, sieht er
fast so gut aus wie vorher.»
Ich atme hörbar aus. Wenn man sich einen verrückten Hund aus dem Tierheim holt, muss man auch damit leben, |29| dass er verrückte Sachen macht. Also sollte ich mich nicht zu sehr aufregen. Fred hat Scheiße gebaut, aber immerhin hat er
es überlebt. Damit kann man bei ihm schon mehr als zufrieden sein.
«Und warum ist Tommy jetzt sauer?», will ich wissen.
«Gordon hatte vor, ihn als Studiomusiker für sein nächstes Album zu verpflichten. Aber das hat sich jetzt erledigt. Stattdessen
will Gordon uns verklagen. Außerdem kommen da noch ein paar ziemlich hohe Rechnungen auf dich zu. Du bist doch versichert,
oder?»
«Ja klar», sage ich wie aus der Pistole geschossen, weiß aber nicht mehr hundertprozentig, ob ich die Versicherungsunterlagen
damals nur angefordert oder auch unterschrieben zurückgeschickt habe. «Aber was denn für Rechnungen?»
«Na, für die Behandlung der Rottweiler. Fred hat sie übel zugerichtet, und Gordon überlegt jetzt, ob er sie in eine Spezialklinik
nach Orlando bringt. Dazu müsste man aber ein Flugzeug chartern …»
«Moment, Moment», unterbreche ich, derweil sich vor meinem geistigen Auge in Windeseile mein Konto leert, weil zwei Rottweiler
in einem Learjet Pay-TV gucken und Kobesteaks fressen. «Das ist völlig unverhältnismäßig. Das zahlt doch keine Versicherung.»
«Vielleicht findet Gordon ja einen Richter, der dich persönlich für die Sache haftbar macht», erwidert Lisa.
«Ist das denkbar?», frage ich etwas kleinlaut und hoffe, dass ich auf Lisas anwaltlichen Beistand in dieser Sache zählen
kann.
«Ich weiß
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