Daniel Taylor - Plötzlich Dämon: Collector's Pack (German Edition)
gewesen, diese beinahe antiken Relikte auf Flohmärkten zusammenzusuchen. Leider durfte sie in der Unterwelt keine Musik hören, zumindest offiziell. In ihrem »Zuhause« gab es nicht mal Strom. Daher hatte sie ihre Platten bei Ilaria versteckt. Marla hörte sie manchmal an, wenn sie das Orakel besuchte. Dann tanzte sie ausgelassen, und sogar Ilaria wiegte ihren Körper ab und an im Takt. Marla war sehr gern bei der Priesterin.
Metistakles und die meisten anderen hassten alles Materielle, was mit den Menschen zusammenhing. Ihre Ausflüge in diese Welt genoss Marla daher umso mehr und ertrug es sogar, wenn Sirina bei ihr war.
Marla war schon immer anders gewesen, eine »Ausnahme« oder wohl eher eine Ausgestoßene, und das nur wegen ihrer Mutter.
Als Mike leise Musik auflegte, durchfuhr es sie: Warum ausgerechnet Sinatras »Teach Me Tonight«? Es kribbelte ihr von den Zehen bis zu den Haarwurzeln. Ich liebe diesen Song!
»The sky is a blackboard high above you, and if a shooting star goes by, I’ll use that star to write ›I love you‹, a thousand times across the sky …«, sang Sinatra, und Marla seufzte. Sie konnte ihre Augen nicht von Mike abwenden. Er hatte sich ein Glas Wasser geholt und saß, die Lider geschlossen, ihr gegenüber, wobei er zur Melodie summte.
»I’ve played loves scenes in a flick or two, and I’ve also met a chick or two, but I still can learn a trick or two, hey teach me tonight …«, trällerte der alte Frank.
Marla geriet ins Träumen. Wie überbringe ich ihm nun diese Botschaft? Der Kerl erschrickt sich ja zu Tode, wenn ich mich plötzlich vor ihm sichtbar mache. Sie kicherte in sich hinein; zugleich schluckte sie, denn Mike begann, sich vor ihren Augen auszuziehen. Er öffnete einen Hemdknopf nach dem anderen und streifte sich den Stoff von den Schultern, als Sinatra gerade meinte: »The midnight hours come slowly creeping, when there’s no one there but you. There must be more to life than sleeping single in a bed for two.«
Marla starrte auf Mikes flachen Bauch, auf dem eine Spur goldener Härchen wuchs, die im Bund seiner Hose verschwand. Wie gerne wollte sie jetzt über die sanften Wölbungen seiner Muskeln streicheln oder sein ausgeprägtes Kinn küssen. Oh, warum müssen die verbotenen Versuchungen immer die verlockendsten sein? Sie ärgerte sich. Die Gefühle, die sie plötzlich für Mike hatte, waren tabu!
»What I need most is post graduate, what I feel is hard to articulate, if you want me to matriculate, you’d better teach me tonight.«
Das war zu viel für Marla. Wie von der Tarantel gestochen sprang sie auf, um sich so lange in der Küche zu verstecken, bis Mike seinen Striptease beendet hatte.
»What do you get for lessons, teach me – come on and teach me – teach me tonight …« Marla hielt sich die Ohren zu. Oh, Silvan, du hinterhältiger Kerl! Marla hatte sich diese Aufgabe doch etwas zu einfach vorgestellt. Wenn ich gewusst hätte, in welch große Versuchung ich geführt werde, hätte ich mir das hier noch mal überlegt.
In ihrem Magen formte sich ein Klumpen. Nein, ich werde nicht so enden wie Kitana! Ich bin stark! Aber anscheinend besaß sie mehr Eigenschaften von ihrer Mutter, als ihr lieb war.
Sie wartete, bis auch der nächste Song auf der Schallplatte beendet war, bevor sie sich ins Wohnzimmer traute. Mikes Kleidung lag in einem Haufen vor der Couch, aber von ihm war weit und breit nichts zu sehen. Puh! Wie stellte sie es nun an? Ins Ohr flüstern wollte sie ihm nicht. Was ist, wenn er meine Stimme erkennt? Ihr Herz klopfte heftig. Das war kein gutes Zeichen. Das bringt Unglück! Also beschloss sie, ihm eine Nachricht auf einem Stück Papier zu hinterlassen. Sie ging zu seinem Schreibtisch, der nach ihrem Geschmack viel zu ordentlich aufgeräumt war, und fand sofort das, was sie brauchte. Auf einen Zettel kritzelte sie mit einem Bleistift: Ihr findet mich in der Tiefkühltruhe meines Hauses. Joe.
Als Mike plötzlich den Raum betrat, mit nur einem Handtuch um die Hüften, ließ Marla vor Schreck den Stift fallen. Schlagartig blickte Mike in ihre Richtung, aber er konnte sie natürlich nicht sehen. Diesen Mann muss der Rat geschickt haben, um mich zu testen! Er war einfach nur scharf: Mit den nassen, verstrubbelten Haaren wirkte er beinahe wie ein Schuljunge auf sie, doch seine breiten Schultern und die schmalen Hüften waren die eines richtigen Mannes. Wie hält der Kerl seinen Körper bloß so fit, ich dachte, er sitzt den ganzen Tag
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