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Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms

Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms

Titel: Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Spindler
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1. TEIL
     
1. KAPITEL
    Bend, Mississippi
    1984
    Nirgendwo auf der Welt roch es so wie im Mississippi-Delta im Juli. Überreif, wie eine Frucht, die man zu lange in der Sonne liegen gelassen hat. Durchdringend wie der Atem eines Betrunkenen nach einem ausgedehnten Saufgelage. Nach Schweiß.
    Und Schmutz. Es gab Tage, da war die Luft so trocken, dass sie in Mund und Kehle kratzte, doch meistens legte sie sich wie ein feuchter Film über alles, ganz besonders über die Haut. Becky Lynn hob ihr schulterlanges Haar, das sich klebrig anfühlte, hoch, um etwas Luft an ihren Nacken zu lassen. Die meisten Leute in Bend machten sich im Gegensatz zu ihr über Gerüche im Allgemeinen nicht viele Gedanken. Sie jedoch fantasierte sich an einen Ort, an dem es nach exotischen Blüten und auserlesenen Parfüms duftete, in eine Welt, die bevölkert war von schönen Menschen in eleganten Kleidern, auf den Lippen ein einladendes Lächeln.
    Sie wusste, dass eine solche Welt existierte, sie kannte sie aus den Modemagazinen, die sie, nach schönen Bildern lechzend, begierig durchblätterte, wann immer sich ihr die Gelegenheit dazu bot. Es waren die Hochglanzmagazine, die Miss Opal ihr lieh oder gelegentlich auch schenkte und die ihr ihr Vater fuchsteufelswild aus den Händen riss, wenn er sie damit erwischte.
    Aber das war ihr egal. Sie hatte sich geschworen, eines Tages in diese Welt zu gelangen. Um dort zu leben. Wie sie das anstellen sollte, wusste sie freilich noch nicht, doch das stimmte sie nicht weniger zuversichtlich. Sie würde es schaffen.
    Becky Lynn schlenderte über den Bahndamm, dessen Gleise nicht nur dazu dienten, Reis, Baumwolle und Sojabohnen aus Bend hinauszutransportieren, sondern die gleichzeitig den guten Teil der Stadt vom schlechten abtrennten, die respektablen Bürger vom Abschaum.
    Sie gehörte zum weißen Abschaum. Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie ihr diese Bezeichnung zum ersten Mal bewusst zu Ohren gekommen war. Es hatte wehgetan. Es tat noch immer weh, wenn sie daran dachte. Und sie dachte oft daran.
    Becky Lynn hob ihr Gesicht dem strahlend blauen Himmel entgegen, von dem eine erbarmungslose Sonne herunterbrannte. Sie wünschte sich sehnlichst ein paar Wolken. Weißer Abschaum. Becky Lynn war drei gewesen, als sich bei ihr zum erstenmal die Erkenntnis festgesetzt hatte, dass sie und ihre Familie weniger wert waren als andere; noch heute erinnerte sie sich lebhaft an diesen Moment. Sie stand zusammen mit ihrer Mutter und Randy, ihrem Bruder, in einer Schlange auf dem Markt nach Gemüse an. Becky Lynn sah wieder das kleine Mädchen vor sich, das die Hand des älteren Bruders umklammerte, wobei es auf seine bloßen Füße starrte, die schmutzig waren von dem langen Weg über staubige, nicht asphaltierte Straßen. Als sie damals aufgeschaut hatte, war sie den Blicken der Umstehenden begegnet, die sie, ihren Bruder und ihre Mutter mit einer Mischung aus Mitleid und Abscheu musterten. In diesem Moment war ihr klar geworden, dass es noch andere Menschen gab außer ihr selbst und ihrer Familie und dass diese Menschen über ihre Mitmenschen urteilten. Das erste Mal in ihrem jungen Leben fühlte sie sich verwundbar. Sie hätte sich am liebsten hinter dem Rock ihrer Mutter verkrochen und sie angefleht, den Leuten zu verbieten, sie auf diese Art und Weise anzustarren.
    Damals hatte ihre kleine Welt einen Sprung bekommen. Und obwohl sie in ihrer Mutter auch längere Zeit nach diesem Vorfall noch immer so eine Art Schutzengel sah, fand Becky Lynn doch nach und nach heraus, dass der Mutter recht enge Grenzen gesetzt waren und dass sie weder die Fähigkeit noch die Kraft besaß, sich zur Wehr zu setzen. Ebenso wie sie auf dem Markt angesichts der verächtlichen Blicke der Umstehenden geschwiegen hatte, schwieg sie auch zu Hause, wenn sich ihr Vater wieder einmal einen seiner gemeinen Übergriffe leistete. Was in letzter Zeit immer öfter vorkam.
    Heute war es so, dass sich die angesehenen Bürger von Bend und ganz besonders die Kundinnen, denen Becky Lynn in Miss Opals Frisiersalon Cut ’n Curl den Kopf wusch, sich angewöhnt hatten, einfach durch sie hindurchzusehen. Oh, natürlich unterhielten sie sich mit ihr, während sie ihnen die Haare einschäumte, doch meistens nur deshalb, weil sie sich selbst gern reden hörten und weil sie wussten, dass Becky Lynn auch dafür bezahlt wurde, zu ihrem Geschwätz zu nicken. Und das war etwas, das sie bei ihren Ehemännern vermissten. Doch wenn sie ihr auf der Straße

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