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dark canopy

Titel: dark canopy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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gehört. Sie schossen die Haustür auf und ich fluchte. Pistolen! Sie hatten Pistolen bei sich.
    Seit ich ein kleines Mädchen war, wusste ich eins: Sie waren verflucht schnell. Und mein Leben lang hatte ich das Rennen trainiert, denn es gab nur eins, was ich wirklich wollte: Ich wollte schneller sein.
    Und nun rannte ich um mein Leben, an den geschlossenen Türen im dritten und vierten Stock vorbei weiter nach oben. Es gelang mir, den Vorsprung von einem Stockwerk zu halten, sodass sie ihre Waffen nicht abfeuern konnten, doch lange hätte ich das nicht durchgehalten. Meine Oberschenkel wurden weich und brannten, als säßen Flammen statt Knochen im Fleisch.
    Die Schaulustigkeit eines Bewohners im fünften Stock brachte mir den entscheidenden Vorteil. Der Mann öffnete seine Wohnungstür einen Spalt, um hinauszugaffen. Ich stieß ihn zur Seite, preschte in die Wohnung, warf die Tür zu und drehte den Schlüssel zweimal um. Sein Gezeter beachtete ich nicht. Ich stürmte quer durch die Wohnung zur Ostseite, auf der nicht nur die Balkone lagen, sondern in erster Linie die Morgensonne schien.
    Draußen atmete ich einen Augenblick die nach Schnee riechende Luft ein, damit sie meinen Kopf klärte. Dann stieg ich über das Geländer. Höhe war schon lange nichts mehr, wovor ich mich fürchtete. In die Tiefe zu stürzen und zu sterben, wäre barmherzig gewesen, verglichen mit dem, was meine Verfolger wahrscheinlich mit mir vorhatten. Ich hangelte mich an der eisernen Brüstung ein Stockwerk tiefer, schwang mich auf den darunterliegenden Balkon und nahm gleich eine weitere Etage in Angriff. Meine Hände wurden taub und blau vom eisigen Metall. Doch das Adrenalin schützte meinen Körper vor Schmerzen und meinen Geist vor der Panik, so kam ich rasch abwärts.
    Amber war nirgendwo zu sehen.
    Ich war fast so weit hinabgeklettert, um einen Sprung riskieren zu können, als die Sirenen zu plärren begannen. Hinter der anderen, lichtgeschützten Seite des Hochhauses wurde eine Leuchtrakete abgeschossen. Sie zischte über den Himmel, hinterließ einen grünen Streifen und verlor sich irgendwo im Blau. Für die Percents, die Dark Canopy bewachten, war das der Startschuss. Ebenso für mich. Ich hatte knappe zehn Minuten, bis der Himmel dunkel und mein Vorteil dahin war. Nicht zu vergessen, dass die Sirene jeden Percent auf die Straßen rief, der über einen Schutzanzug verfügte.
    Ich sprang vom ersten Stock aus und jagte meinen Blick an der Fassade empor. Bislang war mir keiner von ihnen auf den Balkon, ins Licht, gefolgt. Alle, die Schutzanzüge trugen, kamen langsamer voran, doch sie würden kommen, so viel stand fest.
    Immer noch konnte ich Amber nicht entdecken. Verdammt, wo war sie?
    Es hätte ihr nicht geholfen, wenn sie mich erwischten. Womöglich war sie längst geflohen. Hoffentlich ...
    Ich rannte los, durchquerte ein verwahrlostes kleines Stück von Kastanien und Haselnusssträuchern gesäumter Wiese, das früher ein Park gewesen war, und tauchte zwischen den Bäumen unter. Da sie sich über ihre Comms absprechen würden, verabschiedete ich mich von dem Gedanken, den schnellsten Weg zum Stadtrand einzuschlagen. Statt mich in der verlogenen Sicherheit der Sonne zu halten - wo sie mich im Schatten der Häuser abfangen konnten -, suchte ich ein Versteck. Mein Fluchtinstinkt schrie dagegen an und wollte so weit wie möglich fort von diesem Ort, aber die Vernunft hielt dagegen. In der Nähe des Hotels würden sie mich nicht vermuten und wenn erst ein paar Stunden verstrichen waren, konnte ich mich bestimmt unauffällig unter die Menschen mischen. Ich griff nach der metallenen Marke, die ich an einer Kette um den Hals trug.
    27754/JORDAN/AYLEEN stand darauf.
    Ayleen Jordan war seit einigen Jahren tot, doch da sie eine Stadtbewohnerin gewesen war, bot mir ihr kleines, aber kostbares Vermächtnis eine gewisse Sicherheit. Ich konnte mich damit als Städterin identifizieren. Selbstverständlich gab es Listen, in denen die Daten der Menschen katalogisiert waren. Ein Blick in jene Listen würde offenbaren, dass ich nichts mit Ayleen Jordan zu tun hatte, die inzwischen weit über vierzig wäre. Doch solange nur oberflächliche Stichproben auf den Straßen durchgeführt wurden, war diese Marke meine Lebensversicherung. Zumindest behaupteten dies die Älteren, auch wenn ich selbst über das Wort Versicherung nur lachen konnte. Der Schutz war äußerst dürftig, von sicher konnte kaum die Rede sein.
    Aber man nimmt, was man kriegt. So ist

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