Dark Room
sich Fionas Augen an die Dunkelheit gewöhnt, kam sie an die Reihe.
»Nicht loslassen«, schärfte Püppi ihr noch einmal ein.
»Bist du auch unten?«
Er nickte. »Ich nehme aber den Personaleingang. Erst bringe ich die Kleidung weg. Dann folge ich euch.«
Nackt wurde Fiona in den Schacht hinabgelassen. Nach mehreren Metern, die sie durch muffig riechende Schwärze geglitten war, hörte sie eine weibliche Stimme von unten: »Du könntest jetzt springen, es ist Platz. Wenn du aber nicht willst, halt dich einfach weiter fest.«
Die Eule ließ augenblicklich los, ohne noch einmal nachzudenken, und fiel durch die Dunkelheit, und es war wie dieser Moment in Träumen, wenn man fällt und fällt und weiß, dass man nie wieder Boden unter den Füßen haben wird. Sie landete in einem weichen Luftpolster wie in einer Wolke. Hoch über ihr wurde der Schacht von einer schweren Platte verschlossen, Sandkörner rieselten auf ihre nackte Haut. »Komm hierher, ich helf dir«, sagte die weibliche Stimme, und zwei Hände packten Fiona und zogen sie nach vorn. Man schob sie um eine Ecke herum durch einen dicken Filzvorhang, und dann befand sie sich mittendrin im Labyrinth dieser Nacht.
Es war eine ehemalige Bunkeranlage oder Ähnliches, die Wände bestanden aus rohem, schartigem Beton. Fackeln flackerten in hohen Gestellen und warfen zitternde Schatten. Technomusik dröhnte, schnelle harte Beats, zu schnell zum Tanzen, aber gerade richtig, um die Gedanken hineinzugeben wie in ein Schlauchboot beim Rafting, sie schossen direkt davon und waren nicht mehr zu fassen.
Eine Frau in einem langen schwarzen Lackkleid, das die Brüste frei ließ, die Augen hinter einer Maske verborgen, die Haare aufgetürmt zu einem Medusenhaupt, raste auf sie zu, Fiona sprang zurück und sah ihr irritiert hinterher. Sie fuhr auf Rollschuhen durch die Gänge, ihre weißen, kleinen Brüste wippten dabei.
Männer in engen schwarzen Lackhosen, hochhackigen Stiefeln und mit nackten Oberkörpern trugen große Flaschen Champagner herum. Fiona winkte ab, sie wollte sich erst umschauen.
»Abstinent heute, Eule?«
Hinter einer dicken Säule kam die hünenhafte Gestalt des Goten hervor. Er hielt ihr ein Amulett entgegen, das er um den Hals trug. »Gute-Laune-Drops gefällig?« Sie lachte: »Genau, was ich jetzt brauche.«
Sie nahm eine blutrote, kleine Pille und ließ sie unter der Zunge zergehen. Der Gote hob sie hoch und hielt sie fest im Griff. »Du lässt mich nachher zusehen?« Fiona lachte und gab ihm einen Klaps. »Dich und vierzig andere.«
Damit sollte sie recht behalten, denn als sie den Gang entlanglief, bemerkte sie die Monitore, die in jeder der abgehenden Kammern hingen, große Flachbildschirme, auf denen bisher nur ein künstliches Kaminfeuer flackerte. Dann sprang das Bild um, und Fiona sah eine Gruppe nackter Körper auf einem sich drehenden Bett, ein Mann mit zwei Frauen, die sich eng verschränkt im Kreis leckten, das Krempeltierchen machten. Sie ging weiter, und auf dem nächsten Bildschirm hing eine Frau mit weit gespreizten Beinen kopfüber und wurde von einem Mann gefingert. Fiona blieb stehen und überlegte, warum die Frau da hing und wie das technisch funktionierte, dann kam sie in eine größere Halle und sah die Szene live. Durch den ganzen Raum waren breite schwarze Gummibänder gespannt wie ein riesiges, elastisches Spinnennetz. Man konnte sich in die Mulden legen, kopfüber baumeln lassen oder die Bänder als eine Art Sling nutzen. Jede nur denkbare Position und Körperhaltung wurde so möglich. Fiona seufzte, genau das brauchte sie jetzt: nicht mehr zu wissen, wo oben und unten war. Sie kletterte in das Netz, legte ein Bein durch eine Schlaufe, drehte sich, bis ihr Oberkörper in einer weiteren Schlaufe lag, und schaukelte. Das fühlte sich gut an, sie schloss die Augen und genoss das Vor- und Zurückschwingen, das fast den Eindruck von Schwerelosigkeit vermittelte. Dann spürte sie eine Hand an ihrem Fuß und zuckte gekitzelt, bis die Hand sich weiter zu ihrer Wade vorarbeitete, eine zweite Hand kam dazu, und beide machten sich an ihren Oberschenkeln zu schaffen. Sie öffnete die Augen und sah, dass über ihr ein Mann schwebte, nur wenige Handbreit über ihrem Körper. Gummibänder quer über dem Bauch, der Brust und den Schenkeln hielten ihn. Jetzt fühlte sie Hände, die ihren Po betasteten. Sie konnte den Kopf nicht weit genug drehen, nahm aber an, dass auch unter ihr jemand im Netz hing. Ein schwereloses Sandwich. Die Hände
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