Darkover 03 - Herrin der Falken
zusammen erzogen worden.« Sie zögerte, seufzte noch einmal und gestand schließlich: »Orain weiß nichts davon. Er hat immer die Augen davor geschlossen, was zwischen Mann und Mädchen geschieht, und er ahnt nicht… Höllenfeuer!« entfuhr es ihr. »Warum ist es mir peinlich, zu sagen, daß Lyondri und ich mehr als einmal beieinanderlagen, bevor ich noch ganz zur Frau herangewachsen war? Jetzt, wo ich die Partei meiner eigenen Sippe ergriffen habe, würde es ihm Vergnügen machen, mich zu hängen und Carolin und seinen Getreuen dadurch Schmerz zu bereiten! Ich könnte es auch nicht ertragen, ihn wiederzusehen. Avarra helfe mir, ich kann nicht anders, ich liebe ihn immer noch beinahe ebensosehr, wie ich ihn hasse!« Sie schluckte und sah zu Boden, Romillys Hand fest umklammernd. »So, nun weißt du, warum ich zu feige bin, zu ihm zu gehen, auch wenn er den Waffenstillstand halten sollte. Vielleicht würde er mich unserer alten Liebe wegen verschonen, ich weiß es nicht…«
»Du brauchst nicht zu gehen, Janni«, sagte Romilly sanft, den Schmerz der Frau mitfühlend. »Ich tue es gern. Du darfst dich nicht in Gefahr bringen.«
»In dir – verstehst du das, Romilly? – werden Lyondri und Rakhal nur eine Fremde sehen, und dazu eine, die Caryl liebt, eine, die gut zu seinem Sohn gewesen ist. Sie wissen nichts anderes, als daß du eine von der Schwesternschaft gestellte Begleitperson bist. Du bist weder eine Rebellin noch eine Anhängerin Carolins. Sei dir klar darüber, Romilly, ich schicke dich in Gefahr. Es mag sein, daß Lyondri sein Wort nicht hält und den Kurier, der ihm seinen Sohn bringt, nicht wieder ziehen läßt. Es könnte dir auch noch Schlimmeres geschehen, als nur festgehalten zu werden. Lyondri könnte dich töten. Bestimmt ließe er sich keine Gelegenheit entgehen, Rache an mir zu nehmen.«
Sie begab sich in Gefahr, doch für Janni bedeutete es fast sicher den Tod. Romilly zögerte nur einen Augenblick. Janni meinte müde: »Ich kann es dir nicht befehlen, Romilly, ich kann dich nur darum bitten. Denn ich darf Caryl nicht allein in die Stadt schicken. Ich habe gelobt, ihn sicher seinem Vater selbst zu übergeben.«
»Ich dachte, er hätte freien Abzug garantiert?“
»O ja, das hat er. Aber Lyondri hat immer zuerst seinen Vorteil im Auge gehabt…« Jandria bedeckte das Gesicht mit den Händen. Romilly fühlte sich schwach und verängstigt. Aber die Schwesternschaft hatte sie aufgenommen, als sie allein war, ihr Obdach und Essen gegeben, sie mit Freundlichkeit willkommen geheißen. Sie schuldete ihr das. Und sie war eine geschworene Schwertfrau. Jannis Hand fester fassend, erklärte sie: »Ich will gehen, meine Schwester. Vertraue mir.«
Bevor sie in die Stadt ritten, wusch Caryl sich sorgfältig an einem Bach, bettelte einer der Frauen einen Kamm ab, frisierte sich und schnitt sich die Fingernägel. In den letzten paar Tagen hatte er alte Sachen der Frauen getragen, damit er seine eigenen für die Rückkehr an den Hof waschen und trocknen konnte. Nun holte er die ziemlich abgewetzten Kleidungsstücke aus der Satteltasche. Ein prinzliches Gewand stellten sie bei aller Mühe nicht mehr dar. Bedauernd sagte er: »Vater hat mir vor Mittwinter einen neuen Anzug zum Fest geschickt, und dann mußte ich ihn im Kloster zurücklassen, als ich so plötzlich aufbrach. Nun, es hilft nichts, das ist das Beste, was ich habe.« »Ich werde dir das Haar schneiden, wenn du möchtest«, erbot sich Romilly. Sie brachte seine Locken auf eine gleichmäßige Länge und bürstete sie, bis sie glänzten. Lachend versicherte er, er sei kein Pferd, das gestriegelt werden müsse, aber er betrachtete sein Spiegelbild befriedigt im Bach.
»Wenigstens sehe ich wieder wie ein Edelmann aus. Ich hasse es, schäbig wie ein Landstreicher zu sein«, erklärte er. »Mestra Jandria, willst du nicht mit uns kommen? Mein Vater kann nicht böse auf jemand sein, der so gut zu seinem Sohn gewesen ist.«
Jandria schüttelte den Kopf. »Es war schon Streit zwischen Lyondri und mir, lieber Junge, bevor du geboren wurdest oder Rakhal sich Carolins Thron aneignete. Ich möchte deinem Vater lieber nicht unter die Augen kommen. Romilly bringt dich hin.«
»Ich will gern mit Romilly reiten«, sagte Caryl, »und ich bin überzeugt, mein Vater wird ihr dankbar sein.«
»Im Namen aller Götter der Hasturs, Junge, das hoffe ich!«
Jandria drückte ihm fest die Hand, und er verbeugte sich auf seine höfliche Art. »Adelandeyo«, sagte sie nach
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