Darkover 12 - Der verbotene Turm
Nicht etwa, dass sie Trauerklöße wären – der junge Nie hat immer ein Lachen oder einen Scherz auf den Lippen –, aber er hält seine Verantwortung in beiden Händen«, berichtete Kieran. Andrew sah den fröhlichen Jungen vor sich, der sich bei seiner Hochzeit neben ihn gestellt hatte. Er freute sich darüber, dass Domenic sich als so tüchtig erwies. Was Dezi betraf – nun, eine verantwortliche und ihn fordernde Aufgabe sowie das Wissen, dass Domenic ihn als Familienangehörigen anerkannte, was der alte Mann niemals tun würde, mochten dem Jungen helfen, zu sich selbst zu finden. Andrew hoffte es. Er wusste, was es bedeutete, sich nirgends zugehörig zu fühlen.
»Gibt es sonst noch Neuigkeiten, Schwager?«, fragte Ellemir eifrig, und Kieran lächelte. »Zweifellos hätte ich mehr auf das achten sollen, was sich die Damen in Thendara erzählen, Schwester. Lass mich nachdenken... Es gab einen Aufstand in der Straße, wo das Gildenhaus der Freien Amazonen steht, und es geht das Gerücht, ein Mann behaupte, seine Frau sei gegen ihren Willen dorthin gebracht worden... «
»Das ist nicht wahr«, fiel Ferrika ärgerlich ein. »Verzeiht mir, Dom Kieran, aber eine Frau muss von selbst kommen und um Aufnahme bitten!«
Kieran lachte gutmütig. »Das bezweifele ich nicht, Mestra, aber so erzählt man es sich in Thendara. Er soll Schwertkämpfer angeheuert haben, um sie zurückzubringen, und seine Frau soll bei der Verteidigung des Gildenhauses mit den Amazonen gekämpft und ihn verwundet haben. Die Geschichte wird von jedem Mund, der sie wiederholt, weiter ausgeschmückt. Sicher wird es eines Tages heißen, sie habe ihn getötet und seinen Kopf an die Mauer genagelt. Auf dem Markt stellte jemand den Kadaver eines Fohlens mit zwei Köpfen aus, aber mein Friedensmann berichtete, es sei eine Fälschung, und noch dazu eine ungeschickte. Als Junge war er eine Zeit lang Lehrling bei einem Sattler und kennt die Tricks. Und – lass mich noch einen Augenblick nachdenken. Ach ja. Als ich durch die Berge ritt, hörte ich, in den warmen Tagen sei ein Feld Kireseth aufgeblüht, und es habe einen richtigen Geisterwind wie im Sommer gegeben, aber eine Winterblüte.«
Dom Esteban nickte lächelnd. »Das ist selten, aber es kommt vor, und es wird für Glück verheißend gehalten.«
Callista erklärte Andrew mit leiser Stimme: »Kireseth ist eine Pflanze, die in den Bergen nur selten blüht. Die Pollen und Blüten liefern den Rohstoff, aus dem wir Kirian herstellen. Wenn die Pflanzen im Sommer blühen, erzeugen die Hitze und die Luftströmungen in den Bergen einen Wind, der Geisterwind genannt wird. Unter seinem Einfluss tun die Menschen merkwürdige Dinge. Wenn der Geisterwind weht, läuten wir die Alarmglocken und verbarrikadieren uns in unsern Häusern, denn die Tiere im Wald werden wahnsinnig, und manchmal kommen Nichtmenschen aus den Bergen und greifen die Menschen an. Ich habe sie einmal als Kind gesehen.« Sie schüttelte sich.
Dom Esteban setzte die Geschichte fort. »Aber eine Winterblüte dauert nicht lange genug, um gefährlich zu sein. Die Bevölkerung eines Dorfes wird das Säen und Pflügen vergessen, einen oder zwei Tage lang ihre Gärten vernachlässigen, um sich wie die Narren aufzuführen. Aber nach ein paar Stunden fällt Regen und hält die Pollen am Boden fest. Das Schlimmste, was ich jemals von einer Winterblüte gehört habe, ist, dass die Aas fressenden Wölfe im Wald kühn wurden – die Pollen beeinflussen das Gehirn von Mensch und Tier gleicherweise – und auf die Felder kamen, um Kühe und Pferde an zugreifen. Meistens bedeutet eine Winterblüte nicht mehr als einen unerwarteten Feiertag.«
Andrew erinnerte sich, dass Damon ihn davor gewarnt hatte, die Kireseth-Blüten im Destillierraum anzufassen oder daran zu riechen.
»Es hat noch eine andere Nebenwirkung«, sagte Ferrika mit breitem Lächeln. »In diesem Dorf wird es, wenn der Herbst kommt, mehr Arbeit für die Hebamme geben. Frauen, die keine Kinder mehr haben wollten, oder sogar Matronen mit erwachsenen Kindern sind auf einmal schwanger.«
Dom Esteban lachte auf. »Ja, ja, als ich ein junger Bursche war, wurden bei Hochzeiten Witze darüber gemacht, wenn die Ehe von den Familien arrangiert worden und die Braut unwillig war. Dann fand eines Sommers eine Heirat statt – oh, weit im Norden, in der Nähe von Edelweiß –, und ein Geisterwind blies durch den Festschmaus. Das Fest wurde zur Orgie, es wurde gefressen und gesoffen und... nun, es war
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