Darkover 24 - Die Schattenmatrix
wussten, wovon sie sprach. Doch Mikhail konnte sich nicht richtig konzentrieren. Irgendetwas stimmte nicht mit dem Turm, und er hätte gerne genau gewusst, was, bevor die Frau weiterredete. Dann wusste er plötzlich irgendwie, dass der Turm, von ihnen mal abgesehen, völlig leer war. Mikhail kam das sehr merkwürdig vor, denn er war noch nie in einem Turm gewesen, in dem es nicht vor menschlichen Gedanken wimmelte. Es war gar nicht die Stille in dem Gebäude, die ihm eine Gänsehaut verursachte, sondern das geistige Schweigen.
»Ich bin Margarethe, und das hier ist Mikhalangelo.« Weißt du noch, Mik, das waren die Namen, mit denen wir in dem Traum gerufen wurden.
Mikhail war so erleichtert, Margarets Stimme in seinem Kopf zu hören, dass er ihre Worte kaum verstand. Sie war einige Minuten lang nicht da gewesen und hatte mit einer unbestimmten Angst gerungen, aber offenbar hatte sie ihre Furcht überwunden. Wenn ihm das doch nur auch gelingen würde. Ja? Ich erinnere mich nicht mehr daran. Und wie hießen wir mit Familiennamen? Verdammt! Wenn wir behaupten …
Ich weiß! Das alles ist viel komplizierter … obwohl ich wirklich nicht weiß, was ich eigentlich erwartet habe. Die Hasturs und die Altons dürften wohl bekannte Familien für sie sein, deshalb behalten wir diese Namen lieber für uns. Sie hat Angst vor uns, und sie ist wütend. Und wo sind die anderen alle?
Vielleicht sagt sie es uns, wenn wir ihre Furcht besänftigen können. Ich wüsste nur zu gern, in welcher Zeit wir hier sind. Ich auch, Mik.
»Warum hattet Ihr keine anderen Wahl, als uns die Tür zu öffnen, Domna El Haliene?! Mikhail vermutete, dass dieselbe Kraft, die ihn und Margaret getrieben hatte, ebenso die Frau beeinflusste. »Das ist eine interessante Frage. Aber wir wollen nicht ewig hier unten herumstehen. Oben in meinem Salon brennt ein Feuer. Kommt mit. Aber behaltet Eure Umhänge lieber an, der Turm ist … Und lasst diesen Vogel hier. Er erinnert mich an das Meer und an meine Kindheit, und das macht mir keine Freude.« Sie richtete die Augen auf Mikhail und ignorierte Marguerida, so gut es irgendwie ging.
»Wie Ihr wünscht, Domna. Ich kann aber leider nicht für den Vogel sprechen. Er fliegt, wohin er will.«
Amalie seufzte, es war ein beruhigend menschlicher Laut, und ihre Steifheit schien ein wenig nachzulassen. »Na gut. Wenn schon alle anderen tun, was sie wollen, kann die Krähe auch tun, was sie will.« Wer ist er, und warum kommt dieser Unglücksvogel mit ihm? Mikhalangelo? Es kann doch wohl nicht - aber der ist vor über zwanzig Jahren in den Kerkern von Storn gestorben. Sie ließ ihn töten, so wie alle anderen auch, die sich ihr widersetzten. Die Frau drehte sich um, während ihr diese Gedanken durch den Kopf gingen, als wäre sie zu entmutigt, um sie zu verbergen. Sie ging zur Treppe voran, ihre Hausschuhe schlurften leise über den kalten Steinboden. Mikhail warf Marguerida einen Blick zu und sah, dass sie die Gedanken der Leronis ebenfalls gehört hatte, dann folgte er ihr achselzuckend. Die kalten Wände der Wendeltreppe fühlten sich an, als würden sie Eis atmen. Es roch außerdem feucht und modrig. Und nach etwas anderem. Schmerz dachte Mikhail. Die Steine strömten den Dunst von Leiden aus. Sein
Magen krampfte sich vor neuer Furcht zusammen, und er biss sich auf die Unterlippe.
Mik!
Was ist?
Ich glaube, wir sind am falschen Ort - aber zur richtigen Zeit, wann immer die sein mag.
Hast du wieder eine Vision?
Nicht ganz. Es ist nicht so deutlich wie eine richtige Vision. Aber ich glaube, was immer uns hierher zog, hatte keinen anderen Eingang zur Verfügung. Hali ist nur ein Tor, nicht unser wahres Ziel. Mehr kann ich leider nicht erkennen. Eine armselige Gabe, dieses Aldaran-Erbe. Mik, irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht.
Das Gefühl habe ich auch. Ich weiß, dass sie jemanden erwartet hat, aber ich bin nicht sicher, ob wir es sind. Und dich mag sie offensichtlich überhaupt nicht.
Nein, und das beruht auf Gegenseitigkeit. Ich glaube, ich erinnere sie an jemanden, den sie hasst, aber ich bin so müde und entnervt, dass ich mir selbst nicht mehr trauen kann. Im Augenblick erschrecke ich vor jedem Schatten.
Nur zu, Liebste - unser Instinkt ist im Moment das Einzige, worauf wir uns verlassen können.
Sie erreichten das Ende der Treppe, und Amalie führte sie in einen kleinen Raum, in dem ein Kaminfeuer brannte. Bequeme Sofas und mehrere Sessel standen davor. An den Wänden hingen Teppiche mit den Bildern
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