Darkover 24 - Die Schattenmatrix
Sie machte sich ganz klein in ihrem Sessel, hob die Hände über den Kopf und schrie: »Nein, nein - nicht wieder wehtun!«
»Niemand will euch wehtun, Domna«, sagte Mikhail ruhig zu der hysterischen Frau.
Mik, was für eine Bewahrerin war Ashara nur, dass sie solche Angst auslöst?
Eine sehr schlechte offensichtlich.
Amalie scheint der Befehlsstimme widerstehen zu können -als hätte sie große Übung darin.
Ja. Und wir müssen unbedingt zu Varzil gelangen.
Warum versuchen wir ihn nicht einfach auf telepathischem Weg zu erreichen? Das sollte nicht so schwer sein, selbst wenn er im Sterben liegt -falls das überhaupt stimmt. Die Stimme, mit der er uns rief, hat mich im Innersten erbeben lassen, und sie hörte sich nicht gerade wie ein Todesröcheln an.
Ich weiß nicht. Wir haben die Stimme nicht mehr gehört, seit wir hier sind, und das legt die Vermutung nahe, dass er in irgendeiner Weise abgeschirmt wird - vielleicht, um ihn ebenfalls vor Ashara zu schützen.
Sprich diesen Namen nicht aus! Ich könnte schreien, wenn ich ihn höre! Wie sollen wir Amalie nur dazu bringen, dass sie uns … Mir fällt nur ein Weg ein, und der wird dir nicht gefallen. Ich habe den erzwungen Rapport noch nie angewandt, Mik!« Er ist der Teil, den ich an der Alton-Gabe am meisten hasse - und am meisten fürchte.
Wir könnten natürlich auch ihre Füße ins Feuer halten, bis sie es uns sagt.
Das finde ich gar nicht komisch! Verdammt noch mal, Mikhail Hastur! Sie fürchtet mich zu Recht, oder? Ich bin wohl tatsächlich ein widerliches Geschöpf!
Nein, Liebste, das bist du nicht. Du hast nicht die geringste Ähnlichkeit mit deiner Vorfahrin, um genau zu sein. Du bist weder grausam noch machthungrig. Aber wir müssen jetzt erst einmal Varzil finden, und ich glaube nicht, dass uns noch sehr viel Zeit bleibt.
Und dabei dachte ich, ich wäre hier für das logische Denken zuständig. Also gut - aber ich verabscheue, was ich gleich tun werde.
Mikhail sah, wie Marguerida ihre goldenen Augen schloss und tief und langsam atmete. Er spürte, wie sich die Energie in ihrem angespannten Körper wandelte, und obwohl die Schattenmatrix auf ihrer Hand abgeschirmt war, spürte er die Kraft, die entlang der Linien unter dem Handschuh verlief.
Dann öffnete Marguerida die Augen und sah Amalie direkt an, die immer noch die Hände vors Gesicht hielt und weinte. Mit einem kläglichen Schreckenslaut hob die Frau den Kopf. Zwei goldene Augenpaare trafen sich, und Amalie El Haliene versuchte dem Blick auszuweichen, der durch ihr Bewusstsein drang.
Wo ist Varzil?
Bitte, bitte, tut mir nicht weh! Ich darf es Euch nicht sagen - Ihr dürft ihn nicht sehen.
Ich werde Euch nicht wehtun.
Ihr seid ihr Geschöpf! O Gottheit - warum bin ich nur so schwach? Wenn Ihr ihn bekommt, wird die Welt nie mehr heil sein! Wenn ich was bekomme?
Mikhail hörte aufmerksam zu und gewährte Marguerida, wie schon bei früheren Gelegenheiten, seine schweigende Unterstützung, weil er wusste, sie hatte sie dringend nötig. Er fühlte ihren Selbsthass, während sie Amalie bedrängte. Dafür, dass sie so wenig Übung im Umgang mit der Alton-Gabe hatte, war sie unglaublich sanft. Sie drang nicht völlig in Amalies Bewusstsein ein, wie es eine weniger moralische Person viel
leicht getan hätte, und ignorierte die Erinnerungsbruchstücke, die im Kopf der Bewahrerin umherschwirrten. Es gab Gefühle in Amalies Vergangenheit, deren sie sich schämte, peinliche Erfahrungen, und Mikhail wurde bei dem wenigen, das er sah, äußerst unwohl zu Mute.
Dann sah er etwas aufleuchten, riesig und facettiert, es konnte sich nur um einen Sternstein von bemerkenswerter Größe handeln. Der Stein strahlte und glitzerte, und Mikhail fühlte ein Zerren in seinem Geist, als wäre ein Teil von ihm an diesen riesigen Stein geknüpft worden. Für einen Moment hatte er das Gefühl, sein Herz würde zusammengepresst, dann war alles vorbei.
Die Frau sackte in ihrem Sessel zusammen, ihr Kopf rollte leblos nach hinten.
»Ist sie …?«
»Sie ist nur vor Angst ohnmächtig geworden, Mik. Sie wird schon wieder, so gut es ihr eben möglich ist. Sie wurde seit Jahren auf diese Weise gefoltert. Aber ich glaube, wir gehen lieber, bevor sie wieder zu sich kommt. Ich hasse diesen Turm fast so sehr wie sie.« »Hasst sie ihn denn auch?«
»Amalie will den Turm unbedingt behalten, aber er wird immer ein Ort der Qual für sie sein.«
»Verstehe. Und ich glaube, du hast Recht. Wir haben getan, was wir konnten. Aber was ist
Weitere Kostenlose Bücher