Darkover 24 - Die Schattenmatrix
Eindruck, dass die Helligkeit abnahm. Schließlich öffnete er die Augen und sah sich um. Es stimmte - das Licht war wesentlich gedämpfter als zuvor.
Das Gefühl der Orientierungslosigkeit verschwand. Die Liege bewegte sich nicht mehr im Raum umher, sondern blieb an Ort und Stelle stehen. Mikhail entdeckte eine Feuerstelle an einer Wand und daneben eine Person, die sich über einen Kes
sei beugte. Die Szene ähnelte für seinen Geschmack zu sehr den Geschichten, die Marguerida durch den Kopf gegangen waren, aber er empfand keine Angst mehr. Er musste seinen Instinkten trauen und stellte fest, dass es schwieriger war, als er für möglich gehalten hätte.
Der angenehme Geruch des Holzfeuers und des kochenden Essens beunruhigte ihn. Mitten im Raum stand ein wackliger Tisch mit Geschirr darauf und einige ziemlich instabile Stühle. Alles war sehr merkwürdig.
Auf der Liege bewegte sich jemand, und Mikhail schauderte. Er blinzelte ein paar Mal, und schließlich erkannte er einen in Decken gehüllten Mann. Nur das leichte Heben und Senken der Brust verriet ihm, dass es sich um eine lebendige Person und keine Leiche handelte.
Mikhail näherte sich der Liege, er wurde förmlich zu ihr gezogen, bevor er zum Nachdenken kam. Seine Stiefel machten kein einziges Geräusch auf den glänzenden Steinen. Ihm fiel auf, dass er zwar das Feuer roch, aber kein Knistern der Flammen hörte, und dass es bis auf das raue Geräusch seines eigenen Atems äußerst still im Raum war. Er hatte kaum einen Gedanken für Marguerida übrig, obwohl er ihre zunehmende Hysterie spürte, ebenso wie ihre Anstrengung, sie zu bekämpfen.
Mikhail stand vor der zugedeckten Gestalt und blickte in ein altes und müdes Gesicht. Der Mann hatte die Züge der Ridenows, das helle Haar und die verhältnismäßig kurze Nase. Die Haut war dünn wie Pergament und voller Falten, die Wangen eingefallen. Er schien tief und fest zu schlafen.
Dann öffnete er langsam die Lider, und Mikhail sah direkt in ein Paar hellblaue Augen, klar wie Wasser. Der welke Mund verzog sich zu einem Lächeln und ließ große Zähne und rosa Zahnfleisch sehen. »Schön, dass wir uns treffen, Mikhalangelo. Hab keine Angst, liebe Margarethe - das hier ist nicht der
Ort deiner Qual.« Die Worte durchbrachen die Stille im Raum, und plötzlich war auch das Knistern des Feuers zu hören.
Es war die Stimme, die sie durch die Jahrhunderte gerufen hatte, aber sie wirkte nicht mehr so tief. Mikhail musterte das uralte Gesicht eingehend und versuchte sich jeden Zug einzuprägen. War der Mann wirklich da? Instinktiv begann er die Gestalt auf der Liege zu überprüfen und stellte fest, dass dort wirklich ein Mensch lag und nicht eine neuerliche Illusion.
»Seid gegrüßt, Dom.«
»Ich würde ja gerne aufstehen, aber ich kann es nicht. Ich habe den Rest meiner Kraft dafür aufgewandt, euch hierher zu holen, und ich war mir nicht sicher, ob ich es bis zu Ende …« Seine Stimme versiegte kraftlos.
Marguerida schob Mikhail plötzlich zur Seite, ihre Stirn war gefurcht. Sie kniete sich vor die Liege, streifte den Lederhandschuh von der linken Hand und legte die Finger um die Kehle des Mannes. Es sah aus, als wollte sie ihn erwürgen. Mikhail war verblüfft und machte Anstalten, sie wegzuziehen.
Nein, Mik! Sag jetzt nichts - ich weiß, was ich tue!
Widerstrebend nahm Mikhail die Hand von ihrer Schulter und trat einen Schritt zurück. Er sah jetzt, dass Margueridas Finger die faltige Haut am Hals des Mannes gar nicht wirklich berührten, und nach einer Weile stellte er fest, dass sich die Energie veränderte. Der Mann atmete leichter, und er hatte wieder ein wenig Farbe im Gesicht.
Marguerida zog ihre Hand zurück, sie war so bleich, dass sie völlig blutleer wirkte, und versuchte aufzustehen. Mikhail fing sie auf, bevor sie auf den Steinboden fiel. »Das würde ich mit leerem Magen niemandem empfehlen«, murmelte sie und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Sie rieb sich die Stirn. »Obwohl ich glaube, dass es mit vollem Magen auch nicht viel besser ist.«
Was für eine Kraft! Das hätte ich nie gedacht.
Der Mann auf der Liege blickte auf, seine Augen strahlten beinahe. »Ich danke dir, Margarethe - auch wenn deine Methoden ziemlich grob sind.«
Marguerida hob den Kopf von Mikhails Schulter und funkelte den Mann an. »Ich wusste kaum, was ich da tat«, murmelte sie barsch und sah gleichzeitig zufrieden und irritiert aus. Dann streckte sie ihm die Finger ihrer linken Hand entgegen. »Ich habe noch nicht
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