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Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Darwin und die Götter der Scheibenwelt

Titel: Darwin und die Götter der Scheibenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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schrieb dieser Charles Darwin ein Buch, in dem es hieß, dass die Evolution natürlich funktionierte, ohne einen Gott. Jetzt stellt sich plötzlich heraus, dass er jenes Buch nicht geschrieben hat. Stattdessen schrieb er eins, in dem eine Evolution erläutert wird, die nur deshalb funktioniert, weil in jedem Stadium ein Gott eingreift.«
    »Und dieser andere Bursche, Dawkins?«
    »Er meint, Darwin hätte alles richtig hinbekommen, bis auf den Teil mit dem Gott. Man braucht keinen, schreibt er.«
    »Man braucht keinen Gott? Aber er ist doch eine Art Priester!«
    »Äh … in gewisser Weise, Herr. In der Vergangenheit, in der Charles Darwin Theologie der Arten schrieb, war es mehr oder weniger obligatorisch, heiligen Orden beizutreten, um zu studieren. Dawkins meinte, die Evolution geschähe von ganz allein.«
    Ponder schloss die Augen. Ridcully allein war eine viel bessere Zuhörerschaft als der übrige Lehrkörper, der das Frage-und-Antwort-Spiel zu einer feinen Kunst entwickelt hatte. Aber der Erzkanzler war ein praktischer, vernünftiger Mann und fand die Rundwelt deshalb schwer zu verstehen. Sie war kein vernünftiger Ort.
    »Da komme ich nicht ganz mit. Wie kann die Evolution von ganz allein geschehen?«, fragte Ridcully. »Es ergibt doch keinen Sinn, wenn niemand da ist, der weiß, was vor sich geht. Es muss doch einen Sinn geben.«
    »In der Tat, Herr«, erwiderte Ponder. »Aber wir sprechen hier von der Rundwelt, erinnerst du dich?«
    »Der andere Bursche, dieser Dawkins, hat es doch richtig gestellt, nicht wahr?«, brummte Ridcully. »Du hast gesagt, es sei das richtige Buch.«
    »Aber zur falschen Zeit. Es war zu spät, Herr. Er schrieb sein Buch erst hundert Jahre später. Es verursachte großes Aufsehen …«
    »Ein gottloses, nehme ich an?«, fragte Ridcully munter und tauchte einen Toaststreifen ins Ei.
    »Haha, Herr, ja! Aber es war trotzdem zu spät. Die Menschheit befand sich bereits auf dem Weg zum Aussterben.«
    Ridcully nahm Theologie und drehte das Buch, wodurch Butter darauf geriet.
    »Scheint ganz harmlos zu sein«, sagte er. »Götter lassen alles geschehen … Vollkommen vernünftig.« Er hob die Hand. »Ich weiß, ich weiß! Dies ist die Rundwelt, ja. Aber wo es etwas so Kompliziertes wie eine Uhr gibt, dort muss es auch einen Uhrmacher geben.«
    »Das meinte der Darwin, der das Theologie-Buch geschrieben hat, Herr, aber er wies darauf hin, dass der Uhrmacher Teil der Uhr bleibt«, sagte Ponder.
    »Er ölt sie und so?«, fragte Ridcully fröhlich.
    »In gewisser Weise, Herr. Metaphorisch.«
    »Ha!«, sagte Ridcully. »Das große Aufsehen ist kein Wunder. Solche Dinge gefallen Priestern nicht. Sie winden sich immer, wenn’s mystisch wird.«
    »Oh, die Priester ? Sie waren davon begeistert«, entgegnete Ponder.
    »Was? Hast du nicht ›maßgebliche Kreise‹ erwähnt, die dagegen waren?«
    »Ja, Herr«, bestätigte Ponder Stibbons. »Damit meine ich die Philosophen und Wissenschaftler. Die Technomanten. Aber sie verloren .«

VIER
    Paleyontologie
    Paleys Metapher von der Uhr, auf die Ridcully anspielt, hat immer noch Kraft, genug, dass Richard Dawkins seiner neodarwinistischen Entgegnung von 1986 den Titel Der blinde Uhrmacher gab. Dawkins* [* Und zwar der Richard Dawkins in unserem Bein der berühmten Hose der Zeit, der ganz entschieden nicht dem geistlichen Stand angehört.] stellte klar, dass es nach seiner Ansicht – und der der meisten Evolutionsbiologen der letzten fünfzig Jahre – für lebende Organismen keinen Uhrmacher im Sinne Paleys gegeben hat: »Paley bringt seine Argumente mit leidenschaftlicher Ehrlichkeit vor und verfügt über das beste biologische Wissen seiner Zeit, aber was er sagt, ist falsch – absolut und in großartiger Weise falsch.« Wenn wir aber, sagt Dawkins, dem Uhrmacher eine Rolle zuweisen müssen, dann muss es die Rolle der natürlichen Auslese sein, wie sie Darwin dargelegt hat. Dann hat der Uhrmacher keine Vorstellung von einem Zweck: Er ist blind. Es ist ein hübscher Titel, aber leicht misszuverstehen, und er ebnet den Weg für Erwiderungen wie unlängst ein Buch von William Dembski Wie blind ist der Uhrmacher? Dembski ist ein Fürsprecher des ›intelligenten Designs‹, eines modernen Aufgusses von Paley mit auf einen neueren Stand gebrachter Biologie, der die alten Fehler in neuen Zusammenhängen wiederholt.* [* Eingehende und wohl überlegte Entgegnungen auf die wichtigsten Behauptungen der Verfechter intelligenten Designs sowie einige ihrer

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