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Das Dorf in den Lüften

Das Dorf in den Lüften

Titel: Das Dorf in den Lüften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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mit Max Huber, den Llanga einmal nicht verlassen wollte, noch ein Stück weiter mitgehen. Alle drei wären auch beinahe bis zum Saume des Waldes selbst vorgedrungen, da rief Khamis aber halblaut:
    »Keinen Schritt weiter!«
    Wichen der Foreloper und sein Begleiter jetzt vor einer unmittelbar drohenden Gefahr zurück?… Hatten sie eine Gruppe Eingeborner gesehen?…
    Stand ihnen ein Angriff durch diese bevor?… Das wäre nicht sofort zu entscheiden gewesen, jedenfalls aber hatte sich in der Vertheilung der Flammen am Waldrande eine auffallende Veränderung vollzogen.
    Einen Augenblick verschwanden die Fackeln gänzlich hinter den ersten Baumreihen, die nun in tiefer Dunkelheit lagen.
    »Achtung! flüsterte Max Huber.
    – Zurück!« setzte Khamis hinzu.
    Vielleicht erschien es geboten, angesichts eines gefährlichen Ueberfalles zurückzuweichen, doch durfte das nicht geschehen, ohne jeden Augenblick schußfertig zu sein. Die Gewehre wurden also bereit gehalten, während die »Patrouille« sich noch immer bemühte, zu erkennen, was hinter den ersten Bäumen vorginge.
    Plötzlich tauchte aber der Lichtschein von etwa zwanzig Fackeln aufs neue auf.
    »Alle Wetter, rief Max Huber, jetzt geht nicht nur etwas außerordentlich, sondern etwas unbegreiflich Fremdartiges vor sich!«
    Dieser Ausruf war dadurch begründet, daß die Fackeln, die bisher nahe über dem Erdboden aufgeleuchtet hatten, plötzlich fünfzig bis hundert Fuß über diesem aufblitzten.
    Von den Wesen aber, die die Fackeln theils in den unteren Aesten, theils nahe der Krone der Bäume schwangen, als ob ein Flammenstrom sich durch das dichte Laubwerk ergösse, konnte weder Max Huber, noch der Foreloper oder Llanga auch nur ein einziges erspähen.
    »O, rief Max Huber, sollten das nur Irrlichter sein, die auf den Bäumen umherhüpfen?«
    Khamis schüttelte den Kopf; diese Erklärung der Erscheinung genügte ihm nicht. Eine Ausströmung von Wasserstoffgas, das sich entzündet hätte, oder ein Viertelhundert jener Strahlenbündel, die bei schweren Gewittern ebenso an den Aesten von Bäumen wie am Takelwerk von Schiffen auftreten, konnte das unmöglich sein, mit dem merkwürdigen Sanct Elmsfeuer waren diese leuchtenden Kreise nicht zu verwechseln. Mit Elektricität war die Luft offenbar nicht geschwängert, die Wolken drohten sich vielmehr in einem der furchtbaren Platzregen aufzulösen, die den mittleren Theil des Schwarzen Erdtheils so häufig überschwemmen.
    Immerhin blieb es unerklärlich, warum die erst am Fuße der Bäume umherschwärmenden Eingebornen jetzt theils nach der ersten Astgabelung, theils nach den höchsten Zweigen der Bäume hinaufgeklettert wären, und ebenso, warum sie die flackernden, harzigen Fackeln, deren Prasseln und Knacken ziemlich weit hörbar war, so unablässig hin-und herbewegen möchten.
    »Vorwärts… weiter! drängte Max Huber.
    – Das ist unnöthig, entgegnete der Foreloper. Ich glaube nicht mehr, daß unserem Lager diese Nacht eine Gefahr droht, und dann ist es besser, wir beeilen uns, die anderen darüber zu beruhigen.
    – Dazu werden wir desto besser im stande sein, Khamis, wenn wir erst wissen, woran wir uns bezüglich dieser Erscheinung zu halten haben.
    – Nein, nein, Herr Huber, weiter vor wagen wir uns nicht. Gewiß ist, daß sich hier ein Stamm von Eingebornen aufhält. Sie könnten ja die Feuerbrände schwingen und sich auf die Bäume geflüchtet haben, um sich vor gefährlichen Raubthieren zu schützen.
    – Vor Raubthieren? wiederholte Max Huber. Panther, Hyänen und wilde Ochsen würde man aber heulen oder brüllen hören, hier ist dagegen das einzige Geräusch, das wir vernehmen, das Knistern der Flammen, die den ganzen Wald in Brand zu setzen drohen. Nein, ich muß alles wissen!«
    Max Huber that einige Schritte vorwärts, und Llanga, den Khamis vergeblich zu sich zurückrief, folgte ihm treulich nach.
    Der Foreloper überlegte noch, was er in seiner Ohnmacht gegenüber der Ungeduld des Franzosen beginnen sollte. Da er ihn aber nicht allein der Gefahr trotzen lassen wollte, entschloß er sich, ihm bis zum Waldrande nachzugehen, obgleich das seiner Ansicht nach auf eine unverzeihliche Tollkühnheit hinauskam.
    Plötzlich blieb er stehen, im nämlichen Augenblicke, wo auch Max Huber und Llanga Halt machten. Alle drei drehten sich schnell um… Der Lichtschein war es nicht mehr, der ihre Aufmerksamkeit erregte. Wie durch den Athem eines losbrechenden Sturmes waren alle Fackeln verlöscht und tiefe Finsterniß

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