Das Echo der Traeume
Einiges konnte im Laufe der Zeit gefunden und beschlagnahmt werden: Teppiche, Gemälde, alte Schnitzereien, Porzellan und Silbergegenstände. Vieles andere verschwand jedoch spurlos. Und von den kompromittierenden Akten, die die enge Zusammenarbeit zwischen Spanien und Deutschland belegten, blieb nur Asche übrig. Den wertvollsten Teil der Kriegsbeute der Nazis in Spanien konnten die Alliierten jedoch sicherstellen: zwei Tonnen Gold, zu Hunderten von Barren eingeschmolzen, ohne Prägestempel und nicht inventarisiert, die eine Zeitlang abgedeckt im Büro des wirtschaftspolitischen Beauftragten der Regierung gestanden hatten. Von den einflussreichen Deutschen, die den Krieg über so aktiv gewesen waren und deren Gattinnen auf glänzenden Festen und Empfängen meine Kleider trugen, wurden einige ausgewiesen, andere entgingen der Rückführung, indem sie ihre Zusammenarbeit anboten, und vielen gelang es, sich zu verstecken, sich zu tarnen, zu fliehen, die spanische Staatsbürgerschaft anzunehmen, wie schlüpfrige Aale zu entwischen oder sich auf wundersame Weise in ehrenwerte Bürger mit blütenweißer Weste zurückzuverwandeln. Obwohl die Alliierten beharrlich darauf drängten, Spanien solle sich an die internationalen Vereinbarungen halten, zeigte das Regime wenig Interesse, sich aktiv zu beteiligen, und hielt weiter seine schützende Hand über eine ganze Reihe von Kollaborateuren, die auf den schwarzen Listen standen.
Was Spanien betrifft, so dachte manch einer, der Caudillo würde mit der Kapitulation Deutschlands stürzen. Viele Träumer glaubten, es fehle nur noch wenig zur Wiedereinführung der Monarchie oder der Entstehung eines liberaleren Regimes. Dem war nicht so, nicht im Entferntesten. Franco nahm einige kosmetische Veränderungen vor: Er wechselte einige Minister aus, machte einige Leute in der Falange einen Kopf kürzer, festigte seine Allianz mit dem Vatikan und machte weiter. Und die neuen Herren der Welt, die untadeligen Demokratien, die mit so großem Heroismus und Einsatz den Nationalsozialismus und Faschismus in die Knie gezwungen hatten, ließen ihn machen. Wen interessierte zu diesem Zeitpunkt, da Europa mit seinem eigenen Wiederaufbau beschäftigt war, jenes laute und verwahrloste Land, wen interessierten seine Hungersnöte, seine Bergwerke, die Häfen am Atlantik und der klein gewachsene General, der Spanien mit harter Hand regierte? Sie verweigerten uns die Aufnahme in die Vereinten Nationen, zogen Botschafter ab und gaben uns nicht einen Dollar aus dem Marshallplan. Doch sie mischten sich auch nicht mehr ein. Sollen sie sehen, wo sie bleiben. » Hands off«, sagten die Alliierten, als der Sieg errungen war. » Lassen wir lieber die Finger davon.« Gesagt, getan: Die Mitarbeiter des diplomatischen Korps und die Geheimdienste packten ihre Siebensachen, klopften sich den Schmutz von den Kleidern und machten sich auf den Heimweg. Jahre später kamen einige wieder zurück und wollten sich bei uns beliebt machen, aber das ist eine andere Geschichte.
Auch Alan Hillgarth erlebte diese Zeit in Spanien nicht persönlich mit. Er wurde als Chef des Marinegeheimdienstes 1944 zur Fernostflotte versetzt. Bei Kriegsende trennte er sich von seiner Gattin Mary und heiratete eine junge Frau, die ich nie kennenlernte. Von da an lebte er zurückgezogen in Irland, er wollte mit den geheimen Unternehmungen, die er jahrelang auf so kompetente Weise geleitet hatte, nichts mehr zu tun haben.
Was den Traum vom großen Kolonialreich betrifft, auf dem man das Neue Spanien aufbaute, so erreichte man nicht mehr, als das alte Protektorat zu erhalten. Mit Beginn des Weltfriedens sahen sich die spanischen Truppen gezwungen, aus Tanger abzuziehen, das sie fünf Jahre zuvor im Vorgriff auf ein koloniales Paradies – das jedoch nie Wirklichkeit wurde – eigenmächtig besetzt hatten. Es wechselten die Hochkommissare, es wuchs Tetuán, und Marokkaner und Spanier lebten nach ihrem Rhythmus unter dem väterlichen Schutz Spaniens harmonisch zusammen. Anfang der 1950er-Jahre jedoch begannen sich in der französischen Zone antikoloniale Bestrebungen zu regen. Es kam zu so heftigen Kämpfen in dieser Region, dass Frankreich sich genötigt sah, in Verhandlungen über die Abtretung seiner Hoheitsgewalt einzutreten. Am 2. März 1956 entließ Frankreich Marokko in die Unabhängigkeit. Spanien dachte, das alles gehe es nichts an. In der spanischen Zone hatte es niemals Spannungen gegeben: Man hatte Mohammed V. unterstützt, gegen die
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