Das Feuer das am Nächsten liegt
scharf.
„Die junge Hoheit Teil war eine Zeugin“, sagte Tsorl völlig zuversichtlich. „Sie vermochte eine Verbindung zu ihrer Mutter herzustellen. Dann nahm Orath Sorell die Kinder und etwas Silber, das er beiseite gelegt hatte, und floh den Datse hinauf zu einer Farm, die er selbst von einer Großmutter geerbt hatte.“
„Mit den Kindern?“ fragte die Ningan, wobei sie den Großen Ältesten am Ärmel zupfte. „Mit den Kindern …?“
„Ehe er den Palast verließ, grub er zwei Gräber, zwei Feuersteingräber, wie das, auf dem wir jetzt stehen“, sagte Tsorl. „Er wußte, daß nicht einmal die tollkühnste Person es riskieren würde, die Ruhe eines Angehörigen des verfluchten Tsatroy-Clans zu stören. Er häufte Steine auf die Gräber und hinterließ ein Trauerband, daß die Kinder an einem Fieber gestorben seien.“
Die Ningan griff unter ihren Umhang und holte ein Runenband aus weißer Seide hervor.
„Das ist eine Kopie davon“, sagte die Ningan. „Das Original liegt in Rintoul unter Verschluß.“
Sie legte das Runenband dem Großen Ältesten in die Hand, der es selbst las, wobei seine Finger ungeduldig über die Knoten glitten. Er ließ Tsorls Gesicht nicht aus den Augen. Ich saß neben dem leeren Grab und hörte mir die merkwürdige, und doch so vertraute Geschichte wie einen Traum an. Der Abgesandte hatte seinen neuen Umhang zurückgeschlagen und stand da in seiner alten Tunika und seinem Lederwams; er hatte die Hand auf das Metallarmband gelegt, das aus Elbin Tsatroys Metallkerzenleuchter angefertigt worden war. Ich bemerkte, daß seine Hände, wenn auch dunkel und abgearbeitet, lang und zierlich waren.
„Elbin Tsatroy kam mehrmals zu Sorells Farm, um ihre Kinder zu sehen“, sagte Tsorl. „Das arme Kind Geran gedieh nicht so recht – es starb drei Lenze später. Im vierten Lenz nach Sarunin, als Teil Elbinroyan achtzehn Jahre nach ihrem Erscheinen war, ging sie eine Zweierehe mit ihrem geliebten Freund und Beschützer Orath Sorell ein. Sie trug und beutelte ein Kind aus – ein männliches.“
„Das ist eine Mutmaßung und Wahnsinn!“ rief die Ningan aus. „Ein männliches Kind – fünf Jahre nach Sarunin geboren – sieben Jahre jünger als der Große Älteste. Tsorl-U-Tsorl, Eure Angaben sind vage, aber bestehen. Kind eines Farmers am Flatterwasserfall …“
„Ja?“ sagte Tsorl.
„Am Flatterwasserfall – in einer Farm am Datse …“ Die Stimme der Ningan verebbte in Stummheit.
„Die kleine Familie lebte an einem friedlichen Ort“, sagte Tsorl, „und Elbin kam dann und wann, um sie zu segnen. Sie dachte nicht daran, daß sie je in die Welt zurückkehren oder anders leben würden. Teil Tellroyan, die Erbin von Elbin, starb dreizehn Jahre nach Sarunin, als ihr Kind acht Jahre nach seinem Erscheinen alt war. Von da an wuchs Elbins Wahnsinn. Es mag eine Güte der Pentroys gewesen sein, sie davon abzuhalten – aber kaum an solchem Ort.“
„Das kann nicht bewiesen werden – das ist alles Traumspinnerei!“ rief die Ningan mit ihrer bebenden Singsangstimme aus.
„Nicht viel kann bewiesen werden“, sagte der Abgesandte, „aber immerhin gibt es einige Fäden …“
Er gab mir einen Wink, und ich sprang auf. Er entschnallte ein breites Metallarmband von seinem Handgelenk und drückte auf dessen Unterseite. Aus dessen Höhlung nahm er ein Stück Seide, das er behutsam entfaltete und mir in die Hand legte. Ich sah, daß es schwarz bestickt war, eine Reihe verschlungener Linien und Kreise auf dem Purpurbraun der alten Seide.
„Dieses Familienband wurde von Elbin eigenhändig angefertigt“, sagte er.
Ich nahm das Seidenband entgegen, und Ammur ließ es sich von mir überreichen; sie gab es dem Großen Ältesten weiter, und er musterte es stumm.
„Ich verstehe es immer noch nicht …“ sagte Tiath leise, „ich verstehe immer noch nicht, wie so ein Wunder verborgen bleiben konnte. Es hätte doch Freunde und Anhänger gewonnen.“
„Die lassen sich durch andere Mittel erwerben“, sagte Tsorl.
„Das ist also ein Runenband, das die Abstammung des ältesten Zweigs des Tsatroy-Clans ausweist, von Mutter zu Mutter seit mehreren Generationen“, sagte der Große Älteste. „Es enthält die Namen von Elbin und von Teil, ihrer Erbin, und von dem Kind, das in der Verbannung geboren wurde …“
„Ich gestehe es ein einziges Mal“, sagte Tsorl, „obwohl ich damit mein eigenes Gelübde breche. Ich gestehe es nur einmal und nie mehr wieder, dessen könnt Ihr sicher
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