Das Geheimnis der Masken
Schinkensandwich.“
Micks Mutter warf ihren Mantel auf das Bett in der Ecke und ging in die Küche. Mick folgte ihr und sah ihr zu, wie sie den Gasherd anzündete und Schinken aus dem Schrank holte.
„Ich nehme nicht an, dass sie unsere alten Häuser vor ihrem neuen Hotel haben wollen“, sagte er.
„Ich weiß überhaupt nicht, wofür sie hier ein Hotel brauchen“, sagte seine Mutter. „Wer will schon in der Canal Street Ferien machen?“
Mick nahm zwei Teller und zwei Messer hervor. Er überlegte kurz und sagte dann: „Ich nehme an, es liegt günstig für alle, die zum Flughafen wollen, mit der neuen Straße und so.“
Seine Mutter sagte nichts. Sie packte zwei Streifen Schinken in die Pfanne und schaltete den Elektrokocher ein, um sich einen Tee zu machen.
„Diese hässlichen Häuser überall ringsum würden ein hübsches neues Hotel doch völlig verschandeln.“
„Du bist viel reifer, als man es von dir erwartet“, seufzte seine Mutter. „Ich vergesse immer wieder, dass du beinahe ein Mann bist. Jetzt setz dich dahin an den Tisch.“
Mick sah seine Mutter neugierig an. Ihre Worte schienen irgendwie keinen richtigen Sinn zu ergeben, deswegen wartete er schweigend auf eine weitere Erklärung.
Sie machte die beiden Sandwichs fertig und nahm ihm gegenüber Platz, wobei sie die Teller auf die Plastiktischdecke lud.
Mick schüttete etwas braune Soße in sein Sandwich und biss kräftig hinein. Der Schinkens knirschte knusprig zwischen seinen Zähnen.
„Sie werden diese Häuser hier abreißen“, sagte seine Mutter. „Sie haben Mr Grewal schon das Grundstück abgekauft.“
„Sie können die Häuser nicht abreißen, solange noch Menschen darin wohnen“, nuschelte Mick zwischen Brot und Schinken hindurch.
„Wir müssen ausziehen“, antwortete sie. „Sie haben uns bereits gekündigt.“
„Oh.“ Mick war nicht weiter bekümmert, doch seine Mutter schien sehr aufgebracht. „Dann müssen wir uns wohl eine andere Wohnung suchen.“
Sie schob ihm ihren Teller hin. „Hier, ich mag nicht mehr.“ Sie erhob sich, um ihren Tee aufzubrühen. „Du verstehst nicht, was das bedeutet“, fuhr sie fort. „Das ist nicht so einfach, eine neue Wohnung finden.“
Sie schenkte sich Tee ein und kehrte an den Tisch zurück, wo sie sich eine neue Zigarette ansteckte. „Du kannst dich nicht mehr erinnern an das letzte Mal. Ich bin durch die Straßen geirrt, und alle Vermieter haben mir erzählt, die Wohnung wäre schon vergeben, sobald sie sahen, dass ich ein Kind hatte. Es gab sogar Makler, die mir ins Gesicht gelacht haben, als ich ihnen erzählt habe, was ich suche.“
Sie trank ihren Tee und zog an der Zigarette. „Ich ertrage das alles nicht noch einmal“, sagte sie.
Dann stand sie auf und ging ins Nachbarzimmer.
Mick legte sein Sandwich auf den Teller. Noch nie hatte er seine Mutter so fassungslos erlebt. Er hatte sie wütend erlebt, ja, er hatte erlebt, wie sie mit anderenstritt, er hatte sie weinen sehen wegen eines traurigen Films im Fernsehen, er hatte sie sogar betrunken gesehen. Doch diese Hilflosigkeit war ihm neu. Sie drohte ihn selbst zum Weinen zu bringen.
Er stand auf und ging zur Tür, lehnte sich an den Rahmen und sah zu seiner Mutter hinüber. Sie hatte sich in den Lehnsessel gesetzt und starrte das Mallorca-Poster an der gegenüberliegenden Wand an. In ihren Augen standen Tränen.
„Es betrifft alle in der Straße, jeder muss umziehen“, sagte er.
„Die anderen Frauen sind verheiratet. Es ist etwas anderes, wenn man einen Mann hat.“
„Du hast mich“, sagte Mick.
Seine Mutter musste trotz der Tränen lächeln. „Ja. Ja, ich habe dich.“
„Du glaubst nicht, dass ich dir helfen kann, oder?“
Sie schüttelte langsam den Kopf. „Nein, Mickey. Ich glaube nicht.“
Er spürte, wie er wütend wurde. „Warte nur ab“, sagte er. „Du wirst schon sehen!“ Mit diesen Worten stürmte er nach draußen.
Kapitel Zwei
I n der Schule am nächsten Tag sah Izzie Mick Williams, doch bis nach dem Mittagessen redeten die beiden nicht miteinander. Danach wurde ein Fußballspiel unten auf dem Schulhof organisiert, und Izzie fragte, ob er mitspielen dürfte.
Er wurde in die gleiche Mannschaft eingeteilt wie Mick. Sie waren beide Stürmer. Es dauerte ein paar Minuten, bis Izzie sich daran gewöhnt hatte, mit einem Tennisball zu spielen.
Sie standen mitten auf dem Spielfeld beieinander, als ein wilder Abschlag von ihrem eigenen Tormann kam und der Ball zum Flügel segelte. Izzie
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