Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
er zu dem Kind des Königs gerufen, und als er eintrat, sah er den Tod bei dem Kopfe stehen, und heilte es mit dem Wasser, und so war es auch bei dem zweiten mal, aber das drittemal stand der Tod bei den Füßen, da musste das Kind sterben.
Der Mann wollte doch einmal seinen Gevatter besuchen und ihm erzählen, wie es mit dem Wasser gegangen war. Als er aber ins Haus kam, war eine so wunderliche Wirtschaft darin. Auf der ersten Treppe zankten sich Schippe und Besen, und schmissen gewaltig aufeinander los. Er fragte sie „wo wohnt der Herr Gevatter?“ Der Besen antwortete „eine Treppe höher.“ Als er auf die zweite Treppe kam, sah er eine Menge toter Finger liegen. Er fragte „wo wohnt der Herr Gevatter?“ Einer aus den Fingern antwortete „eine Treppe höher.“ Auf der dritten Treppe lag ein Haufen toter Köpfe, die wiesen ihn wieder eine Treppe höher. Auf der vierten Treppe sah er Fische über dem Feuer stehen, die britzelten in der Pfanne, und backten sich selber. Sie sprachen auch „eine Treppe höher.“ Und als er die fünfte hinauf gestiegen war, so kam er vor eine Stube und guckte durch das Schlüsselloch, da sah er den Gevatter, der ein paar lange Hörner hatte. Als er die Türe aufmachte und hinein ging, legte sich der Gevatter geschwind aufs Bett und deckte sich zu. Da sprach der Mann „Herr Gevatter, was ist für eine wunderliche Wirtschaft in eurem Hause? Als ich auf eure erste Treppe kam, so zankten sich Schippe und Besen mit einander und schlugen gewaltig auf einander los.“ „Wie seid ihr so einfältig“, sagte der Gevatter, „das war der Knecht und die Magd, die sprachen mit einander.“ „Aber auf der zweiten Treppe sah ich tote Finger liegen.“ „Ei, wie seid ihr albern! Das waren Skorzenerwurzel.“ „Auf der dritten Treppe lag ein Haufen Totenköpfe.“ „Dummer Mann, das waren Krautköpfe.“ „Auf der vierten sah ich Fische in der Pfanne, die britzelten, und backten sich selber.“ Wie er das gesagt hatte, kamen die Fische und trugen sich selber auf. „Und als ich die fünfte Treppe heraufgekommen war, guckte ich durch das Schlüsselloch einer Tür, und da sah ich Euch, Gevatter, und ihr hattet lange lange Hörner.“ „Ei, das ist nicht wahr.“ Dem Mann ward Angst, und er lief fort, und wer weiß, was ihm der Herr Gevatter sonst angetan hätte.
Die wunderliche Gasterei
Auf eine Zeit lebte eine Blutwurst und eine Leberwurst in Freundschaft, und die Blutwurst bat die Leberwurst zu Gast. Wie es Essenszeit war, ging die Leberwurst auch ganz vergnügt zu der Blutwurst, als sie aber in die Haustüre trat, sah sie allerlei wunderliche Dinge, auf jeder Stiege der Treppe, deren viele waren, immer etwas anderes, da war etwa ein Besen und eine Schippe, die sich miteinander schlugen, dann ein Affe mit einer großen Wunde am Kopf und dergleichen mehr.
Die Leberwurst war ganz erschrocken und bestürzt darüber, doch nahm sie sich ein Herz, trat in die Stube und wurde von der Blutwurst freundschaftlich empfangen. Die Leberwurst hub an, sich nach den seltsamen Dingen zu erkundigen, die draußen auf der Treppe wären, die Blutwurst tat aber, als hörte sie es nicht, oder als sei es nicht der Mühe wert davon zu sprechen, oder sie sagte etwa von der Schippe und dem Besen: „es wird meine Magd gewesen sein, die auf der Treppe mit jemand geschwätzt hat“ und brachte die Rede auf etwas anderes.
Die Blutwurst ging darauf hinaus und sagte, sie müsse in der Küche nach dem Essen sehen, ob alles ordentlich angerichtet werde, und nichts in die Asche geworfen. Wie die Leberwurst derweil in der Stube auf und abging und immer die wunderlichen Dinge im Kopf hatte, kam jemand, ich weiß nicht, wers gewesen ist, herein und sagte: „ich warne dich, Leberwurst, du bist in einer Blut- und Mörderhöhle, mach dich eilig fort, wenn dir dein Leben lieb ist.“ Die Leberwurst besann sich nicht lang, schlich zur Tür hinaus und lief, was sie konnte; sie stand auch nicht eher still, bis sie aus dem Haus mitten auf der Straße war. Da blickte sie sich um, und sah die Blutwurst oben im Bodenloch stehen mit einem langen, langen Messer, das blinkte, als wärs frisch gewetzt, und damit drohte sie, und rief herab:
„hätt ich dich, so wollt ich dich!“
Frau Trude
Es war einmal ein kleines Mädchen, das war eigensinnig und vorwitzig, und wenn ihm seine Eltern etwas sagten, so gehorchte es nicht: wie konnte es dem gut gehen? Eines Tages sagte es zu seinen Eltern „ich habe so viel von der Frau Trude
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