Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
wo er am dunkelsten war, da stand ein einsames Haus, das gefiel ihm nicht, denn es sah so finster und unheimlich aus. Es trat hinein, aber es war niemand darin und herrschte die größte Stille. Plötzlich rief eine Stimme
„kehr um, kehr um, du junge Braut,
du bist in einem Mörderhaus.“
Das Mädchen blickte auf und sah, dass die Stimme von einem Vogel kam, der da in einem Bauer an der Wand hing. Nochmals rief er
„kehr um, kehr um, du junge Braut,
du bist in einem Mörderhaus.“
Da ging die schöne Braut weiter aus einer Stube in die andere und ging durch das ganze Haus, aber es war alles leer und keine Menschenseele zu finden. Endlich kam sie auch in den Keller, da saß eine steinalte Frau, die wackelte mit dem Kopfe. „Könnt ihr mir nicht sagen“, sprach das Mädchen, „ob mein Bräutigam hier wohnt?“ „Ach, du armes Kind“, antwortete die Alte, „wo bist du hingeraten! Du bist in einer Mördergrube. Du meinst, du wärst eine Braut, die bald Hochzeit macht, aber du wirst die Hochzeit mit dem Tode halten. Siehst du, da hab ich einen großen Kessel mit Wasser aufsetzen müssen, wenn sie dich in ihrer Gewalt haben, so zerhacken sie dich ohne Barmherzigkeit, kochen dich und essen dich, denn es sind Menschenfresser. Wenn ich nicht Mitleid mit dir habe und dich rette, so bist du verloren.“
Darauf führte es die Alte hinter ein großes Fass, wo man es nicht sehen konnte. „Sei wie ein Mäuschen still“, sagte sie, „rege dich nicht und bewege dich nicht, sonst ists um dich geschehen. Nachts wenn die Räuber schlafen, wollen wir entfliehen, ich habe schon lange auf eine Gelegenheit gewartet.“ Kaum war das geschehen, so kam die gottlose Rotte nach Haus. Sie brachten eine andere Jungfrau mitgeschleppt, waren trunken und hörten nicht auf ihr Schreien und Jammern. Sie gaben ihr Wein zu trinken, drei Gläser voll, ein Glas weißen, ein Glas roten, und ein Glas gelben, davon zersprang ihr das Herz. Darauf rissen sie ihr die feinen Kleider ab, legten sie auf einen Tisch, zerhackten ihren schönen Leib in Stücke und streuten Salz darüber. Die arme Braut hinter dem Fass zitterte und bebte, denn sie sah wohl was für ein Schicksal ihr die Räuber zugedacht hatten. Einer von ihnen bemerkte an dem kleinen Finger der Gemordeten einen goldenen Ring, und als er sich nicht gleich abziehen ließ, so nahm er ein Beil und hackte den Finger ab: aber der Finger sprang in die Höhe über das Fass hinweg und fiel der Braut gerade in den Schoß. Der Räuber nahm ein Licht und wollte ihn suchen, konnte ihn aber nicht finden. Da sprach ein anderer „hast du auch schon hinter dem großen Fasse gesucht?“ Aber die Alte rief, „kommt und esst, und lasst das Suchen bis Morgen: der Finger läuft euch nicht fort.“
Da sprachen die Räuber „die Alte hat Recht,“ ließen vom Suchen ab, setzten sich zum Essen, und die Alte tröpfelte ihnen einen Schlaftrunk in den Wein, dass sie sich bald in den Keller hinlegten, schliefen und schnarchten. Als die Braut das hörte, kam sie hinter dem Fass hervor, und musste über die Schlafenden wegschreiten, die da reihenweise auf der Erde lagen, und hatte große Angst, sie möchte einen aufwecken. Aber Gott half ihr dass, sie glücklich durchkam, die Alte stieg mit ihr hinauf, öffnete die Türe, und sie eilten so schnell sie konnten aus der Mördergrube fort. Die gestreute Asche hatte der Wind weggeweht, aber die Erbsen und Linsen hatten gekeimt und waren aufgegangen, und zeigten im Mondenschein den Weg. Sie gingen die ganze Nacht, bis sie morgens in der Mühle ankamen. Da erzählte das Mädchen seinem Vater alles, wie es sich zugetragen hatte.
Als der Tag kam, wo die Hochzeit sollte gehalten werden, erschien der Bräutigam, der Müller aber hatte alle seine Verwandte und Bekannte einladen lassen. Wie sie bei Tische saßen, ward einem jeden aufgegeben etwas zu erzählen. Die Braut saß still und redete nichts. Da sprach der Bräutigam zur Braut „nun, mein Herz, weißt du nichts? Erzähl uns auch etwas.“ Sie antwortete „so will ich einen Traum erzählen. Ich ging allein durch einen Wald und kam endlich zu einem Haus, Da war keine Menschenseele darin, aber an der Wand war ein Vogel in einem Bauer, der rief
„kehr um, kehr um, du junge Braut,
du bist in einem Mörderhaus.“
Und rief es noch einmal. Mein Schatz, das träumte mir nur. Da ging ich durch alle Stuben, und alle waren leer, und es war so unheimlich darin; ich stieg endlich hinab in den Keller, da saß eine
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