Das grosse Maerchenbuch - 300 Maerchen zum Traeumen
Blinden die Prinzessin auch an das Wasser, er aber musste den Löwen und den Bären von der Schulter nehmen und das Haupt hineintauchen. Sogleich war er sehend, ging zu seinen Eltern, bestrafte sie für ihre Schlechtigkeit, band den Gürtel um, der in der Schachtel auf dem Tische stand, und lebte von der Zeit an in Macht und Glück mit der Prinzessin.
Die schöne Magdalene
Es wohnte einmal in einem einsam liegenden Wirtshause eine Wirtin, die war eine Witwe und hatte eine Tochter, die hieß die schöne Magdalene. Die Jungfer aber war so hübsch im Gesichte, dass sich bald ein Liebster aus der Stadt einfand. Der wollte das Mädchen sobald als möglich freien, aber die Mutter, die noch in ihren besten Jahren war, hätte den Bräutigam gern selbst gefreit, und weil er nun immer so gern mit den schönen runden Armen ihrer Tochter spielte, so entschloss sie sich kurz und besprach sich mit dem Scharfrichter, dass der der schönen Magdalene die Arme abhauen solle, um sie dem Bräutigam dadurch zuwider zu machen. Die Mutter führte nun die Tochter in einen Wald, wo der Scharfrichter auf sie lauerte und der schönen Magdalene beide Arme abhackte. Während nun der Scharfrichter noch mit der Mutter die beiden runden Arme der schönen Magdalene im Rasen verscharrte, lief die von ihnen fort und verschwor sich, nie und nimmer wieder vor ihrer Mutter Augen zu kommen. So ging sie unter großen Schmerzen in der Waldung weiter. Endlich kam sie aus der Waldung heraus und gelangte an einen hohen Berg. An dem stieg sie hinauf, da erblickte sie oben ein Schloss und einen großen Schlossgarten. Sie ging auf das Schloss zu und suchte in den Schlossgarten zu gelangen, kam auch endlich über den Zaun und in den Garten. Als sie da herumging, stand der Prinz vor dem Fenster im Schlosse und sah ihre Schönheit, bemerkte aber zugleich, dass sie keine Arme hatte. Er rief seine Mutter herbei und sagte: Ei, Mutter, sieh einmal, was für ein schönes Weib in dem Garten ist, aber es hat keine Arme! Die Königin sah nun auch vom Fenster das schöne Mädchen ohne Arme in dem Garten herumflattern wie einen prächtigen Schmetterling. Weil sie nun auch gewahrte, dass ihr Sohn ein Auge auf sie hatte, so sprach sie: Geh hin und hole das Mädchen zu uns herauf aufs Schloss. Da ging der Prinz zu ihr in den Schlossgarten. Als das Mädchen nun sah, dass der Prinz auf sie zukam, wollte es entfliehen. Aber der holte sie ein und nahm sie mit sich aufs Schloss. Nun fragte des Prinzen Mutter sie aus, wo sie ihre Arme verloren habe und woher sie käme. Weinend erzählte sie Alles, was mit ihr geschehen war, und der Prinz verliebte sich in sie, bekannte auch gegen seine Mutter, dass die schöne Magdalene seine Geliebte werden solle. Die Mutter aber liebte ihren Sohn gar sehr, und weil sie sah, wie schön das Mädchen war, willigte sie sogleich ein, stellte die Hochzeit an und ließ ihren Sohn zum König krönen. Sie lebten nun sehr glücklich miteinander, aber bald musste der junge König in den Krieg ziehen. Unterdessen gebar die schöne Magdalene einen kleinen Prinzen. Die Mutter des Königs, die darüber sehr fröhlich war, wollte ihm diese Nachricht mitteilen, schrieb einen Brief und schickte damit ihren treuen Diener ab. Der Diener kam unglücklicherweise in das nämliche Wirtshaus, aus dem die schöne Magdalene stammte. Die Wirtin, welche noch immer keinen Mann bekommen hatte (denn der Bräutigam ihrer Tochter war ihr nicht wieder ins Haus getreten, seit diese verschwunden war), fragte ihn nach ihrer Gewohnheit sehr genau aus und merkte aus seinen Reden von der Königin ohne Arme, dass aus ihrer Tochter eine Königin geworden war. Sie gab dem Bedienten einen Schlaftrunk in den Wein, nahm seine Briefschaften, erbrach sie und schrieb einen falschen Brief an den König des Inhalts, dass seine Frau einen jungen Pudelhund geboren hätte und dass sie selbst, die alte Königin, vor dem Winseln des Hundes in der Nacht nicht schlafen könne. Der Prinz aber freute sich doch darüber, dass sie geboren hatte, und schrieb sogleich an seine Mutter, sie möchte seine Gemahlin gut halten und gut beWirten, bis er wieder nach Hause käme, und den jungen Hund, den möchte sie aufbewahren. Der Knecht kehrte auf dem Rückwege auch wieder bei der alten Wirtin ein. Die war neugierig, was der König auf den Brief geantwortet habe, gab ihm wieder einen Schlaftrunk in den Wein und wie er fest schlief, erbrach sie zum zweiten Male seine Briefschaften. Da schob sie dann wieder einen
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