Das Halsband der Königin - 1 (German Edition)
ich, beeilen,« rief die Königin, die Atmosphäre befragend. »Nicht wahr, Frau von Misery,« fügte sie bei, indem sie sich umwandte, »denn der Frühling tritt hervor?«
»Eure Majestät hatte schon lange Lust, eine Partie auf dem Schweizer-Teich zu machen,« erwiderte die erste Kammerfrau.
»Nun denn, wir werden diese Partie noch heute machen! denn morgen wäre es vielleicht zu spät,« sagte die Königin.
»Um welche Stunde soll die Toilette Eurer Majestät statthaben?«
»Sogleich; ich werde leicht frühstücken und dann ausfahren.«
»Sind dieß die einzigen Befehle Eurer Majestät?«
»Man erkundige sich, ob Fräulein von Taverney aufgestanden ist, und sage ihr, ich wünsche sie zu sprechen.«
»Fräulein von Taverney ist schon im Boudoir Eurer Majestät,« erwiderte die Kammerfrau.
»Schon?« fragte die Königin, die besser als irgend Jemand wußte, um welche Zeit sich Andree niedergelegt hatte.
»O! Madame, sie wartet schon über zwanzig Minuten.«
»Führen Sie sie ein.«
Andree trat wirklich ein, als der Schlag von neun Uhr im Marmorhof ertönte.
Bereits sorgfältig angekleidet wie jede Frau des Hofes, die nicht das Recht hatte, sich bei der Gebieterin im Negligé zu zeigen, erschien Fräulein von Taverney lächelnd und beinahe unruhig.
Die Königin lächelte auch, was Andree beruhigte.
»Genug, meine gute Misery,« sprach die Königin,» schicken Sie mir Leonard und meinen Schneider.«
Sie folgte Frau von Misery mit den Augen und sagte, als die Thür hinter ihr geschlossen war:
»Nichts, der König war allerliebst, er hat gelacht und ist entwaffnet worden.«
»Hat er erfahren?«
»Sie begreifen, daß man nicht lügt, wenn man nicht Unrecht hat und Königin von Frankreich ist.«
»Es ist wahr, Madame,« erwiderte Andree erröthend.
»Und dennoch scheint es, meine liebe Andree, daß wir ein Unrecht gehabt haben.«
»Ein Unrecht, Madame? ohne Zweifel mehr als eines.«
»Wohl möglich,; doch das erste besteht darin, daß wir Frau von La Mothe beklagten; der König kann sie nicht leiden; ich gestehe indessen, daß sie mir gefallen hat.«
»Oh! Eure Majestät ist eine zu gute Richterin, als daß man sich nicht vor Ihren Sprüchen beugen sollte.«
»Hier ist Leonard,« sagte Madame Misery, die nun wieder eintrat.
Die Königin setzte sich vor ihre Toilette von Vermeil, und der berühmte Friseur begann seinen Dienst.
Die Königin hatte die schönsten Haare der Welt, und ihre Eitelkeit bestand darin, daß sie diese Haare bewundern ließ.
Leonard wußte das, und statt rasch zu Werke zu gehen, wie er es bei jeder Frau gethan hätte, ließ er der Königin die Zeit und das Vergnügen, sich selbst zu bewundern.
An diesem Tag war Marie Antoinette zufrieden, freudig sogar; sie strahlte von Schönheit. Von ihrem Spiegel ging sie zu Andree über, der sie die zärtlichsten Blicke zusandte.
»Sie sind nicht ausgezahlt worden,« sagte die Königin, »Sie, die Freie, Stolze, Sie, vor der sich alle Welt ein wenig fürchtet, weil Sie, wie die göttliche Minerva, zu weise sind.«
»Ich, Madame?« stammelte Andree.
»Ja, ja, Sie, die unerbittliche Strenge gegen alle leichtfertigen Herrlein des Hofes. Oh! mein Gott! wie glücklich preise ich Sie, daß Sie noch ein Mädchen sind, und besonders, daß Sie sich glücklich fühlen, dieß zu sein.«
Andree erröthete, suchte zu lächeln und erwiderte:
»Es ist ein Gelübde, das ich gethan habe.«
»Und das Sie halten werden, meine schöne Vestalin?« fragte die Königin.
»Ich hoffe es.«
»Ah!« rief die Königin, »was fällt mir ein ...«
»Was, Eure Majestät?«
»Daß Sie, ohne verheirathet zu sein, doch seit gestern einen Herrn haben.«
»Einen Herrn, Madame?«
»Ja, Ihren theuren Bruder. Wie heißt er ... Philipp, glaube ich.«
»Ja, Madame, Philipp.«
»Er ist angekommen?«
»Seit gestern, wie Eure Majestät mir zu sagen die Gnade hatte.«
»Und Sie haben ihn noch nicht gesehen? Wie selbstsüchtigbin ich doch! ich entzog Sie ihm gestern, um Sie nach Paris mitzunehmen. Das ist in der That unverzeihlich.«
»Oh! Madame,« erwiderte Andree lächelnd, »ich verzeihe Ihnen von ganzem Herzen und Philipp auch.«
»Ist das sicher?« – »Ich stehe dafür.« – »Für Sie?« – »Für mich und für ihn.« – »Wie ist er?« – »Immer schön und gut, Madame.« – »Wie alt ist er nun?« – »Zweiunddreißig Jahre.«
»Armer Philipp! wissen Sie, daß ich ihn nun bald vierzehn Jahre kenne, und daß ich ihn von diesen vierzehn Jahren
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