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- Das Haus der kalten Herzen

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Titel: - Das Haus der kalten Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Singleton
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Reiseberichten und Landkarten heraus. Der Plan, der im Umschlag steckte, zeigte die Tür, durch die sie in den Salon am Gewächshaus gekommen war – und die nächste Tür im Gästezimmer im ersten Stock, nicht weit entfernt von Theklas Zimmern. Wieder war nicht angegeben, wo sie herauskommen würde. Inzwischen befürchtete sie, der Tag würde zu Ende gehen und ihr zu wenig Zeit bleiben, ehe alles zusammenfiel und sie aus der Geschichte geworfen wurde. Mercy schob Die genaue geografische Lage wieder ins Regal zurück und rannte durch die Korridore und die Treppen hinauf.
    Zum Glück war das Zimmer leicht zu finden. Es enthielt ein großes Bett. Die Wände waren mit dunklem Holz vertäfelt. Mercy klemmte sich ihr Buch unter den Arm und tastete auf dem glatten Holz nach dem Weg. Stück für Stück arbeitete sie sich vor. Die Nacht rückte näher. Sie musste schnell machen. Sie leerte ihren Kopf, rief das Gefühl des Fallens in ihrer Erinnerung wach – und die Tür ging auf. Mercys Hände tauchten durch die Wand, und sie stolperte nach vorn in die Lücke zwischen den Tagen. Ihr zerrissenes Kleid flatterte. Das Buch rutschte unter ihrem Arm heraus. Der Augenblick dehnte sich. Und dehnte sich. Mercys Gedanken flossen davon.
    Sie landete auf dem Korridor vor dem Hirsch-und-Einhorn-Wandteppich. Alles war dunkel und kalt. Immer noch gebückt, richtete Mercy sich auf den Knien auf. Sie nahm das rote Buch, das neben ihr auf dem Fußboden lag. Wie kalt es war. Zugluft wehte durch den Korridor und kribbelte auf ihren Armen. Der Geschmack der Winterluft war ihr nur allzu vertraut. Sie konnte den Frost riechen – und wurde panisch. Sie war nicht schnell genug gewesen. Hatte der Tag geendet, war das Buch zugeklappt worden, ehe sie das nächste Kapitel erreicht hatte? Bestimmt, denn sie war wieder zu Hause, in ihrer eigenen Zeit.
    Mercy stand auf, sie war bestürzt. Ihr Herz war schwer. Wie hatte das passieren können? War sie nicht schnell genug gewesen?
    Trajan und Galatea würden sie nicht wieder entkommen lassen, und sie würde nie erfahren, was am Ende der Geschichte geschah. Mercy war am Boden zerstört. Da sie den Entschluss gefasst hatte weiterzumachen, konnte sie nicht ertragen, dass ihr die Suche entrissen worden war. Langsam ging sie den Korridor entlang zu ihrem Zimmer. Die Fenster boten Ausblick auf einen Himmel voller glitzernder Sterne.
    Sie schaute nach draußen, da hörte sie Schritte auf dem Korridor. Schicksalsergeben wartete Mercy auf das Zusammentreffen mit Galatea. Die Schritte näherten sich. Mercy drehte sich um und sah nicht eine, sondern zwei schlanke Gestalten, die ihr entgegenkamen. Die Größere der beiden trug eine Kerze.
    »Die Sonne geht bald auf.« Die Kerzenträgerin war eine Frau in Dienstbotenkleid und weißer Haube. »Wir müssen uns sputen. In jedem Zimmer muss Feuer gemacht werden. Es ist so viel zu tun.«
    Ohne Mercy zu sehen, gingen die Frauen an ihr vorbei. Mercy gestattete sich ein kleines Lächeln. Diese Dienstmädchen waren nicht aus ihrer eigenen Zeit. Dies war doch nicht 1890. Die Reise ging weiter. Ein ganz neuer Tag lag vor ihr.
    Die Familie ruhte noch. Eins der Dienstmädchen klopfte an die Tür von Theklas Schlafzimmer. Sie wollte das Feuer anzünden, damit der Raum warm war, wenn Thekla sich ankleidete. Mercy schaute ins Zimmer und sah ihre Eltern in dem geschnitzten Bett liegen. Ein Schwall von Theklas goldenem Haar breitete sich über das Kissen aus. Ihr Kopf ruhte auf Trajans Brust. Wie friedlich sie aussahen. Trajans Gesicht wirkte weich und schläfrig. Thekla flüsterte ihm etwas zu und er lachte und küsste sie auf den Scheitel, nahm ihre Hand und flocht seine Finger zwischen die ihren.
    Mercy starrte sie an. Die beiden waren so nah und doch so weit weg. Sie konnte neben ihnen stehen und brüllen und sie würden sie nicht hören. Sie war ganz allein. Dann riss sie sich von dem Anblick los und verließ den Raum.
    Mercy fing an, nach Claudius zu suchen, aber die Räume seines Laboratoriums waren verschlossen, und sie konnte keinen Hinweis darauf finden, dass er in einem der vielen Gästezimmer schlief. In die Bibliothek schaute sie ebenfalls, um Die genaue geografische Lage und die Lage des Zugangs zum letzten, dem zentralen Tag zu orten. Sie stellte fest, dass er seltsamerweise in ihrem eigenen Zimmer lag, hinter dem Frisiertisch. Sie. prägte sich den Plan ein.
    Die Uhr auf dem Kaminsims schlug acht Mal. Draußen wurde der Himmel blass, die Sonne schickte sich an, über den

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