Das 'inoffizielle' LEGO®-Technic-Buch: Kreative Bautechniken für realistische Modelle (German Edition)
genug drehen, um 2 m Schnur aufzuwickeln. Wir tauschen hier ein höheres Drehmoment gegen eine niedrigere Drehzahl, was sich auszahlt, da ja die Last, die wir anheben können, meistens viel wichtiger ist als die Geschwindigkeit, mit der dies geschieht. Bei ausreichender mechanischer Kraftverstärkung können wir jede Last bewegen, wie schwer sie auch sein mag. Das Gewicht bestimmt nur, wie viel Zeit wir dazu brauchen. (Selbstverständlich ist auch eine Struktur erforderlich, die stark genug ist, um dieses Gewicht zu tragen.)
Gewöhnlich werden zwischen der Kranspitze und dem Haken Riemenscheibensysteme eingebaut, die für eine mechanische Kraftverstärkung sorgen. Die Erfindung dieser Systeme wird den alten Griechen zugeschrieben, wobei das System von den Römern verbessert wurde. Man schätzt heute, dass die fortschrittlichsten römischen Kräne einer Person erlaubten, Lasten bis zu 3 t zu heben, was für solche einfachen, größtenteils aus Holz konstruierten Maschinen schon ziemlich beeindruckend ist. Die Hubkapazität kann noch vervielfacht werden, indem man eine Last mit mehreren Kränen anfasst. Viele Bauwerke des Altertums, die wir heute bewundern, hätten ohne diese Erfindung, mit der menschliche Arbeiter extrem schwere Objekte bewegen konnten, nicht konstruiert werden können.
Ein solches Riemenscheibensystem – ein
Flaschenzug
– besteht aus mindestens einer festen Rolle oberhalb der Last, die an Ort und Stelle verbleibt (z.B. an der Kranspitze), und mindestens einer Rolle, die sich mit der Last bewegt (beispielsweise kann sie wie in Abbildung 6-15 am Kranhaken befestigt sein). Es gibt also zwei Gruppen von Riemenscheiben, nämlich feste und lose (bewegliche) Rollen, die jeweils mehrere Scheiben umfassen können. Die Art und Weise, wie und wie oft diese Rollengruppen durch die Schnur verbunden sind, bestimmt die mechanische Kraftverstärkung, die sie liefern. Es gibt drei Arten von Flaschenzugsystemen, bei denen die Rollengruppen jeweils auf eine andere Weise miteinander verbunden sind. Wir beginnen mit dem einfachsten.
Einfache Flaschenzüge
Beim einfachsten Flaschenzugsystem sind die beiden Rollengruppen identisch. Die obere Gruppe ist fest, wobei die Schnur über die erste Scheibe dieser Gruppe zur unteren, losen Gruppe verläuft und dort um deren erste Scheibe geschlungen wird. Dann geht sie wieder zur oberen Gruppe, wo sie befestigt wird. Es ist jedoch auch möglich, sie um eine zweite Scheibe zu schlingen und dann den Verlauf wie zwischen den beiden ersten Scheiben zu wiederholen. Dadurch kann die Schnur jedoch nicht direkt am Haken befestigt werden, wenn sie von der ersten oberen Scheibe nach unten verläuft. Dies ist der Hauptunterschied zwischen dem einfachsten Flaschenzug und einer Hebevorrichtung ohne dieses System, wie ein Vergleich der Abbildungen 6-16 und 6-17 zeigt.
Abbildung 6-15: Unser einfacher Kran mit einem Flaschenzug. Hier werden zwei Gruppen von Rollen verwendet, die jeweils aus einer einzigen Riemenscheibe bestehen. Die obere bleibt an der Kranspitze, die untere bewegt sich zusammen mit dem Haken auf und ab. Diese Rollenanordnung sorgt für eine mechanische Kraftverstärkung um den Faktor 2.
In Abbildung 6-17 siehst du das einfachste Flaschenzugsystem, bei dem zwei Abschnitte Schnur die beiden Gruppen verbinden. Um eine Last zu heben, müssen wir also zweimal so viel Schnur aufwickeln wie bei einer Vorrichtung ohne dieses System, doch dafür ist auch nur die halbe Kraft erforderlich. Der Kraftaufwand ist auf Kosten der aufzuwickelnden Schnurlänge halbiert worden. Es wird dir nichts geschenkt: Wir tauschen hier Arbeitszeit gegen Arbeitskraft ein. Dadurch müssen wir weniger Kraft aufwenden, das aber über einen längeren Zeitraum hinweg.
Was geschieht, wenn wir noch eine weitere Schnurlänge zwischen die beiden Gruppen spannen? Dazu brauchen wir eine weitere Riemenscheibe, damit sich die einzelnen Abschnitte der Schnur nicht verheddern (siehe Abbildung 6-18 ).
Hier ist die Schnur jetzt an der unteren Gruppe befestigt, geht vorher aber dreimal durch die Riemenscheiben, nämlich über zwei obere und eine untere. Drei Schnurlängen verbinden die beiden Gruppen, was zu einer Kraftverstärkung von 3 führt. Wir müssen also dreimal so viel Schnur aufwickeln, dafür aber nur ein Drittel der Kraft aufwenden. Das Prinzip dürfte jetzt klar sein:
Die Anzahlder Schnurlängen zwischen den Gruppen bestimmt die mechanische Kraftverstärkung
. (Äquivalent kann man sagen, dass der Faktor
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