Das kalte Gift der Rache
Immerhin hat er mich vor jenem bereits erwähnten Psychopathen gerettet, aber ich habe ihm zuerst das Leben gerettet, sodass wir jetzt quitt wären. Um ehrlich zu sein, er ist okay, außer dass er versucht, sich ständig in mein Leben einzumischen und meine katastrophale Kindheit zu analysieren, aber es wird schon langsam besser. Sei’s drum.
In meinem Ohrknopf ertönte blechern eine männliche Stimme. »Du siehst echt heiß aus in diesem Höschen, Morgan, bis auf die Gänsehautknubbel zwischen den Maschen.«
Budweiser D. Davis ist mein geliebter Kollege, kurz Bud genannt, dieser redegewandte, makellos gekleidete, nach der Lieblingsbiermarke seines Vaters genannte Schlaumeier mit den goldbraunen Haaren und dem Südstaatenakzent. Doch er hat auch zur Rettung meines Lebens beigetragen. Was soll ich sagen? Ich muss mich einfach arrangieren mit diesen Burschen.
Ich sprach, zischte eigentlich mehr in das in meinem Megadekolleté verborgene Mikrofon: »Stell du dich mal hier nachts halb nackt bei Schneetreiben ins Freie; dann wollen wir mal sehen, wie schön blau du anläufst, mein Hübscher.«
Im Hintergrund hörte ich, wie die anderen Polizisten lachten. Meine Beschützer lauerten in dem neutralen Beobachtungswagen auf der anderen Seite des Parkplatzes. Gefilmt wurde ich auch. Wow, der Star des Abends. Hab ich wahrscheinlich der Tatsache zu verdanken, dass ich die einzige Polizistin in unserem Departement bin. Es gibt zwar eine andere Frau, Connie O’Hara, aber sie ist im fünften Monat schwanger und bauchfrei steht ihr zurzeit nicht besonders gut. Deshalb steh ich hier rum und frier mir einen ab mit Eis auf den Wimpern und einer Nase röter als die von Rudolph dem Rentier, aber auf meine ganz eigene verführerische Art.
Andererseits haben meine Männer und ich an diesem Abend aber auch schon achtundzwanzig Trucker, sechs Ehemänner sowie eine Lesbe festgenommen, die alle scharf auf ein schnelles Abenteuer waren. Da rentiert es sich schon mal, sich die Haut blau frieren zu lassen, aber irgendwie sehne ich mich doch zurück in Blacks Strandvilla auf den Bermudas, wo ich mich von meinen Verletzungen erholen durfte. Trotz allem ging mir vor einer Stunde der Gedanke durch den Kopf, dass es allmählich wieder Zeit wäre für einen neuen Mord, das Opfer vielleicht in einem Dampfraum liegend, mit einem beheizten Schwimmbecken und etlichen Whirlpools nebenan. Vielleicht schau ich ja später noch bei Black vorbei, um in seinem Wellness-Center aufzutauen. Zum Glück besitzt er eine Luxusferienanlage am See, Cedar Bend Lodge, mit einem gigantischen Penthouse für sich privat. Dort kann ich sämtliche Einrichtungen benutzen, wann immer ich will.
Bud sprach wieder in mein Ohr. »Hey, weißt du was, Morgan? Vor Kurzem ist eine Vermisstenmeldung eingetrudelt. Du bist doch sicher schon ganz scharf auf den Fall, oder?«
Mein Adrenalinpegel schoss in die Höhe. Hier im ländlichen Missouri galten Vermisstenfälle als ziemlich aufregend. Ich dämpfte meine Begeisterung jedoch, als ein Pick-up heranfuhr und vor mir anhielt. Ich flüsterte unter vorgehaltener Hand: »Klar bin ich das, aber bei mir stehen die Freier gerade Schlange. Einen Moment, bitte. Die muss ich noch abfertigen.«
Bud sagte: »Oki doki, aber beeil dich.«
Ich setzte meine Kommt-schon-ihr-Dumpfbacken-Miene auf, öffnete meinen falschen Trödler-Hermelin und stellte mich in Pose, damit meine steifgefrorenen Beine auch richtig gut zur Geltung kamen. Der nächste Freier würde möglicherweise zu Eis gefrieren, wenn er mich berührte, wie Mr Freeze in Batman. Aber vielleicht hatte er ja einen Heizofen in seinem Auto, an den ich mich anschmiegen könnte. Ach ja, wie heißt es doch in der Bibel so schön: Wenn ihr glaubt, werdet ihr alles bekommen.
Die beiden Typen in dem klapprigen Pick-up entschieden etwas zu spät, dass sie Interesse an mir hatten, und mussten das Lenkrad im letzten Moment herumreißen. Deshalb fuhren sie wohl auch gegen den Laternenpfahl mit dem Weihnachtsstern an der Spitze. Manchmal bringt mich meine Attraktivität in brenzlige Situationen.
Ich sah nach oben in den leichten Flockenwirbel, um zu prüfen, ob mir der Flitterkram nicht im nächsten Moment auf den Kopf fallen würde. Das wäre mal eine Schlagzeile: POLIZEIPROSTITUIERTE VON WEIHNACHTSSTERN PLATT GEMACHT . Dann warf ich mich geschäftsmäßig in Pose und machte mich an mein forsches, unter der Straßenlampe wartendes Duo heran.
»Na, ihr beiden Hübschen? Habt ihr Lust?« Sexy,
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