Das Katastrophenprinzip.
abprallte und durch das offene Fenster ins Aquarium fiel. Zwar läßt sich die statistische Wahrscheinlichkeit eines solchen Falles nicht berechnen, aber wir verstehen dennoch, daß dieser Fall möglich war (daß er also, nicht zu den Naturgesetzen im Widerspruch stehend, kein Wunder war), und wir verstehen ebenso, daß, wäre die Flasche in ein Aquarium gefallen, das voller fauligem Wasser und toten Fischlein war, und hätte sie dabei dieses Wasser so verspritzt, daß einige Eierchen des Fischlaichs in einen in der Nähe stehenden Eimer mit reinem Wasser gefallen wären, wodurch aus diesem Laich lebende Fischlein hervorgegangen wären, dies ein noch selteneres, noch ungewöhnlicheres Ereignis gewesen wäre als ohne diesen Eimer, diesen Laich und die nachfolgenden Fischlein.
Nehmen wir nun an, daß weiterhin Kinder mit dem Ball spielen, daß weiterhin jemand aus dem oberen Stockwerk von Zeit zu Zeit Flaschen in den Hof wirft, daß eine weitere leere Flasche, abgeprallt von dem Ball (der wiederum die Bahn ihres Falles geschnitten hat), diesmal so in den Eimer fliegt, daß die aus dem Laich hervorgegangenen Fischlein, mit dem Wasser herausgeschleudert, in das auf dem Elektroherd siedende Schmalz fallen und die Wohnungsinhaberin, die Pommes frites braten wollte, bei ihrer Rückkehr in die Küche gebratene Fischlein in der Pfanne findet.
Wäre das nun schon eine »absolute Unmöglichkeit«? Das kann man nicht behaupten. Man kann lediglich sagen, daß es sich um einen Zufall sui generis gehandelt habe, der sich in vollem Umfang (angefangen mit dem ersten Hinauswerfen der Flasche aus dem Fenster) ein zweites Mal nicht mehr genauso ereignen wird. Das wäre schlechterdings unwahrscheinlich. Es bedarf nur derallergeringsten Abweichung, und schon fällt die Flasche nicht mehr in die Küche, weil sie nicht von dem Ball abprallt, »wie es sich gehört«, oder sie fällt in die Küche, aber zerschellt auf dem Fußboden, oder sie versinkt im Aquarium, und weiter geschieht nichts, oder sie schleudert doch ein Bröckchen Laich heraus, aber es wird daraus nichts, weil der Laich nicht in den Eimer trifft, oder er trifft doch in den Eimer, aber der ist vielleicht leer, oder er enthält Wäsche, die eingeweicht wurde mit einem Waschpulver, das für die Fischlein tödlich ist, und dergleichen mehr. Mit der Einführung des Anthropic Principle in die Kosmogonie erklären wir die Entstehung des Menschen zu einem Sachverhalt, der die Evolution des Lebens auf der Erde mit der Vernunft krönte, weil die Entstehung vernunftbegabter Wesen um so wahrscheinlicher ist, je länger eine solche Evolution dauert. Nun will ich das Gebiet der Urteile, die heute als gesichert oder einigermaßen gesichert gelten, verlassen und erklären, was die Wissenschaft des kommenden Jahrhunderts zu diesem Problem feststellen wird.
V
Zunächst wird das Beweismaterial zusammengetragen, das darauf hindeutet, daß jener Ast des Evolutionsbaumes, der die Säugetiere hervorbrachte, sich nicht verzweigt und ihnen nicht die Vorherrschaft unter den Tieren eingeräumt hätte, wenn nicht vor rund 65 Millionen Jahren, am Übergang zwischen Kreidezeit und Tertiär, eine Katastrophe die Erde heimgesucht hätte in Gestalt eines riesigen Meteoriten, der dreieinhalb bis vier Trillionen Tonnen wog.
Die führenden Tiere waren bis zu jenem Zeitpunkt die Saurier gewesen. Sie hatten zweihundert Millionen Jahre lang zu Lande, im Wasser und in der Luft dominiert. Die Evolutionstheoretiker haben bei dem Versuch, die Ursache ihres plötzlichen Aussterbens am Ende des Mesozoikums zu erklären, jenen Sauriern die Merkmale heutiger Reptilien zugeschrieben, die wechselwarm sind und primitiv gebaute Organe haben sowieeinen nackten Körper, der lediglich mit Schuppen oder mit einem Hornpanzer bedeckt ist; außerdem haben sie bei dem Versuch, anhand von aufgefundenen Skelettresten das Aussehen und die Lebensweise jener Tiere zu rekonstruieren, die Rekonstruktion ihren Vorurteilen angepaßt. Man könnte diese Vorurteile als einen »Chauvinismus des Säugetiers« bezeichnen, und ein solches ist ja auch der Mensch. Die Paläontologen haben beispielsweise behauptet, die großen vierbeinigen Saurier wie etwa die Brontosaurier seien überhaupt nicht imstande gewesen, sich auf dem Trockenen zu bewegen, und hätten ihr Leben in flachen Gewässern zugebracht und sich von Wasserpflanzen ernährt; andere Saurier, die auf zwei Beinen gingen, hätten sich zwar auf dem Trockenen aufgehalten, aber sich
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