Das letzte Relikt
eine Explosion gegeben hatte.
Wie die Explosion in seinem Labor.
Die Tür stand offen und war festgehakt, und von der anderen Seite hörte Carter einen ungeheuren Krach. Der Boden glänzte vom Wasser, das, schwarz vor Ruß und Asche, immer noch ins Treppenhaus lief und die Stufen hinuntertropfte. Er trat über ein Rinnsal hinweg und in den breiten Korridor des sechsten Stocks.
Hier herrschte ein heilloses Chaos. Feuerwehrmänner und Polizisten halfen dem Pflegepersonal dabei, die verbliebenen Patienten aus dem zerstörten Bereich zu holen. Vorsichtig wurden die Kranken in ihren Betten aus den Zimmern und durch die Trümmer gerollt. Carter umrundete das verlassene Schwesternzimmer und ging in die Richtung von Joes Zimmer. Noch ehe er sein Ziel erreicht hatte, sah er, dass es sich dabei um das Epizentrum der Zerstörung handelte. Die Tür fehlte völlig, ebenso ein Teil der Wand. Das Fenster gegenüber der Tür war herausgedrückt worden, und ein starker Luftzug sorgte dafür, dass permanent eine Aschewolke in der Luft herumwirbelte. Angehörige der Rettungsmannschaft liefen im Zimmer herum, hielten sich jedoch sorgsam von einem geschwärzten Haufen fern, der in der Nähe der Stelle lag, wo einmal die Tür gewesen war. Carter drehte sich der Magen um.
Er spürte eine Hand an seinem Ellenbogen, die ihn zurückzog.
»Sie dürfen dort nicht hinein«, hörte er jemand sagen. Als er sich umdrehte, sah er Dr. Baptiste, das Haar zerzaust, das Gesicht dreckverschmiert. »Sie können nichts mehr für ihn tun.«
Sie zog ihn fort.
»Was ist passiert?«, fragte Carter wie betäubt.
Sie zerrte ihn den Korridor hinunter und durch die Tür in ein evakuiertes Zimmer.
»Niemand weiß es«, sagte sie und wischte sich mit dem Ärmel ihres Kittels über die Augen. Er war grau vor Ruß. »In seinem Zimmer ging ein Rauchmelder los, und ich eilte los, um nach ihm zu sehen. In dem Moment sah ich den anderen Mann den Raum verlassen.«
»Welchen anderen Mann?«, fragte Carter, obwohl er es im Grunde bereits wusste.
»Der große mit dem blonden Haar«, sagte sie, und während sie sprach, schien ihr Blick Carter mit erstaunlicher Intensität zu durchbohren. »Wissen Sie, wen ich meine?«
»Ja.«
»Dann können Sie mir vielleicht etwas erklären«, sagte sie und ergriff erneut seinen Arm. »Er kam aus dem Zimmer, und ich sah, wie er die Tür hinter sich schloss. Ich hielt ihn auf, um ihn zu fragen, warum der Rauchmelder losgegangen sei. Ich ergriff seinen Arm, genau so wie Ihren jetzt«, sagte sie und blickte auf Carters Ellenbogen hinunter, »aber ich weiß nicht, was ich da festhielt.«
Carter wusste nicht, was er sagen sollte. Was sollte er ihr erzählen, das sie glauben könnte?
»Er trug eine dunkle Sonnenbrille«, fuhr sie fort, »so dass ich seine Augen nicht richtig erkennen konnte. Aber jetzt bin ich froh, dass ich sie nicht gesehen habe.«
»Das sollten Sie auch«, erwiderte Carter.
»Dann ist das ganze Zimmer einfach explodiert. Ich wurde durch den halben Flur geschleudert. Alles im Zimmer stand in Flammen«, sagte sie und schüttelte traurig den Kopf, »alles. Und der Mann mit der Sonnenbrille war verschwunden.«
Natürlich war er das, dachte Carter. So würde es immer sein. Er säte Tod und Verderben, und dann verschwand er. Was hatte er davon gehabt, Joe zu töten?
Aber da war eine Sache, die Dr. Baptiste gesagt hatte, die Carter nicht aus dem Kopf ging. Sie hatte gesagt, der Mann habe die Tür hinter sich geschlossen. Vorsichtig nahm Carter ihre Hand von seinem Arm und sagte: »Ich muss etwas erledigen.«
»Ich sagte Ihnen bereits«, wiederholte sie, »dass Sie nichts mehr tun können. Er ist tot. Ihr Freund ist tot.«
»Das weiß ich«, sagte Carter. »Haben Sie OP -Handschuhe dabei?«
»Was?«
»Einen OP -Handschuh – haben Sie einen dabei?«
Sie wühlte in der Tasche ihres schmutzigen Kittels und zog ein Paar Gummihandschuhe heraus. Rasch zog Carter sie über und ließ die Ärztin verwirrt im leeren Zimmer stehen.
Er ging den Korridor entlang und zum Schwesternzimmer zurück. Seine Erinnerung hatte ihn nicht getäuscht, an der Wand dort vorne lehnte eine Tür, eine Krankenhaustür. Die Oberfläche war schwarz und zersplittert, aber die Zimmernummer war immer noch heil, ebenso wie der metallene Türgriff. Es war die Tür zu Joes Zimmer.
Carter stellte einen Fuß gegen das zerbrochene Holz und trat zu. Das Holz zersplitterte vollständig, bis der Türgriff auf der einen Seite sich löste. Er trat auf
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