Das letzte Relikt
Halb neun, neun.«
Jetzt blickte Weston zu ihnen auf. »Wie häufig hatten Sie innerhalb dieser vierzehn Monate regelmäßigen Geschlechtsverkehr?«
Selbst wenn Dr. Weston Carter für so etwas wie einen Forscherkollegen hielt, überraschte ihn die Frage dennoch.
»Vier- bis fünfmal die Woche«, antwortete Beth.
Stimmte das? Carter musste erst nachdenken.
Weston notierte die Zahl.
Ja, sie hatte recht, jetzt, wo Carter genauer darüber nachdachte. War das normal für verheiratete Paare? Man konnte es nie wirklich wissen.
»Also gut«, sagte Dr. Weston, lehnte sich in seinem Sessel zurück und schob die Ärmel hoch.
Unwillkürlich fiel Carters Blick auf die goldenen Manschettenknöpfe.
»Sie sind beide jung, so dass wir, solange wir nicht doch noch auf irgendwelche Schwierigkeiten stoßen, meines Erachtens höchstwahrscheinlich Erfolg haben werden.«
»Aber warum hat es bisher noch nicht geklappt?«, fragte Beth. »Ich meine, mit was für Schwierigkeiten genau rechnen Sie?«
Dr. Weston antwortete nur ausweichend. »Eine Menge Dinge kann die Empfängnis erschweren, von einem blockierten Eileiter bis zu einer zu geringen Spermienanzahl, aber die gute Nachricht ist, dass wir heutzutage Mittel und Wege haben, um nahezu alle Probleme zu umgehen. Ich schlage Ihnen Folgendes vor …«
Während der nächsten fünfzehn Minuten skizzierte Dr. Weston eine Reihe von Schritten, angefangen von einem Tagebuch über ihren Geschlechtsverkehr bis hin zu dem Vorschlag, dass sie die Stellung verändern sollten, um die besten Voraussetzungen für eine Empfängnis zu schaffen. Insbesondere Carter erhielt den Rat, Boxershorts anstelle von Slips zu tragen, weil dann die Temperatur im Hodensack niedriger sei, woraufhin mehr und beweglichere Spermien produziert würden. Außerdem sollte er einen weiteren Termin vereinbaren, um seine Spermien zählen zu lassen.
»Ich soll also herkommen und eine … Spermienprobe hierlassen?«, fragte Carter.
»Ja. Ich möchte, dass Sie sich vierundzwanzig Stunden vor dem Termin jegliche sexuelle Aktivität – oder, um genauer zu sein: jede Ejakulation – versagen. Morgens ist der beste Zeitpunkt.«
Beth empfahl er, sich einen eigenen Termin für eine umfassende Untersuchung geben zu lassen, dann stand Dr. Weston unvermittelt auf und reichte ihnen erneut über den Schreibtisch hinweg die Hand. »Ich denke, in Ihrem Fall werden wir außerordentlichen Erfolg haben«, sagte er.
»Ich will aber keine Drillinge«, sagte Beth. »Eines reicht mir.«
»Fein. Dann machen wir es so – eins nach dem anderen.«
Auf dem Weg nach draußen gab Carter der Schwester am Empfangstresen die Daten seiner Kreditkarte, dann waren Beth und er draußen und standen an einer windgepeitschten Ecke auf der First Avenue. Er stellte seine Aktentasche auf den Boden zwischen seine Beine und begann die Knöpfe von Beths langem grünem Regenmantel zuzuknöpfen.
»Wann geht der Empfang los?«, fragte er.
»Erst in ein paar Stunden«, sagte sie und blickte nach unten, als er mit einem widerspenstigen Knopf kämpfte. »Was ist mit dir? Hast du noch ein Seminar?«
»Nein. Ich muss nur noch ein paar Arbeiten benoten. Aber die können warten.« Carter lächelte und beugte sich so weit vor, dass sich ihre Nasenspitzen berührten. »Vielleicht sollten wir die Zeit für einen guten Zweck nutzen.«
»Und an was denkst du da?«
»Hausaufgaben?«, schlug er vielsagend vor. »Ich meine, wir wollen doch den guten Onkel Doktor nicht enttäuschen, oder?«
Beth runzelte die Stirn, als versuchte sie sich eine Meinung zu einem besonders heiklen Problem zu bilden. Dann sagte sie: »Vielleicht hast du recht. Es ist nie gut, die Dinge hinauszuschieben.«
2 . Kapitel
»Wir landen in wenigen Minuten«, sagte der Pilot über die Bordsprechanlage. »Ich bitte die Flugbegleiter, alles für die Landung vorzubereiten.«
Ezra Metzger öffnete seine silberne Pillendose, nahm einen weiteren Tranquilizer heraus und spülte ihn mit dem Rest seines Evian-Wassers herunter. Er hatte es bereits bis hierher geschafft, jetzt musste er nur noch eine Stunde lang Ruhe bewahren.
»Bitte schließen Sie den Sicherheitsgurt«, sagte die Stewardess und griff nach seinem leeren Plastikbecher. Er reichte ihn ihr, dann sagte sie dasselbe zu der jungen Frau Anfang zwanzig, die den ganzen Flug über auf dem Sitz hinter ihm geschnieft hatte. Jedermann schien sehr besorgt um das Mädchen zu sein, und Ezra hatte sich gefragt, was wohl dahinterstecken mochte.
Weitere Kostenlose Bücher