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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Kätzchen. »Domaris, sprich mit mir. Ich fürchte mich so, und diese Stimmen sind immer noch -«
    Domaris unterbrach sie. »Nichts kann dir hier etwas antun«, ermahnte sie die kleine Schwester, »und sollten sie üble Beschwörungen vom Dunklen Schrein selbst singen!« Sie merkte, dass die Antwort ernster ausgefallen war, als es den Umständen entsprach, und fügte daher schnell hinzu: »Erzähle mir doch ein wenig von Micon.«
    Deoris' Stimmung hob sich sofort. Sie sprach fast mit Verehrung. »Oh, er ist so freundlich und gut - und er ist dabei so menschlich, ganz anders als viele der Initiierten, wie Vater oder Cadamiri!« Mit gedämpfter Stimme sprach sie weiter. »Und er leidet so! Er scheint ständig Schmerzen zu haben, Domaris, obwohl er nie darüber spricht. Aber seine Augen und sein Mund und seine Hände verraten es mir. Und manchmal tue ich so, als sei ich müde, damit er mich wegschickt und sich selbst ein bisschen ausruhen kann.«
    Aus Deoris' kindlicher Miene sprachen Mitleid und höchste Verehrung, und diesmal tadelte Domaris sie nicht. Ihr selbst erging es mit Micon ja ähnlich, und das aus sehr viel geringerer Ursache. Obwohl sie ihn in den letzten Wochen oft gesehen hatte, war außer der Begrüßung kein Dutzend Worte zwischen ihnen gewechselt worden. Aber immer war da das seltsame Gefühl von etwas halb Wahrgenommenem, eher erahnt als begriffen. Domaris ließ diese Empfindung langsam in sich reifen.
    Deoris schwärmte weiter: »Er ist zu jedem gut, aber mich behandelt er wie - beinahe wie eine kleine Schwester. Wenn ich lese, unterbricht er mich oft, nur um mir etwas, das ich gelesen habe, zu erklären, als sei ich seine Schülerin, sein Chela...«
    »Das ist sehr freundlich von ihm«, stimmte Domaris zu. Wie die meisten hatte sie in ihrer Kinderzeit als Vorleserin gedient und wusste, wie unüblich es war, eine kleine Skriptorin anders als einen leblosen Gebrauchsgegenstand, eine Lampe oder einen Fußschemel, zu behandeln. Von Micon durfte man offenbar das Unerwartete erwarten.
    Als Rajastas erwählte Akoluthin hatte Domaris viel von dem Gerede im Tempel gehört. Der vermisste Prinz von Ahtarrath war nicht gefunden worden, und die Gesandten planten die Heimreise, da ihre Mission fehlgeschlagen war. Auf verschlungenen Wegen hatte Domaris entdeckt, dass Micon sich vor ihnen verborgen hielt und sie seine Anwesenheit im Tempel des Lichts nicht einmal ahnten. Seine Gründe verstand sie nicht - aber bei Micon konnte man stets nur die edelsten Motive annehmen. Obwohl sie es nicht beweisen konnte, war Domaris überzeugt, dass es sich bei Micon um eine der gesuchten Personen handelte. Vielleicht war er der jüngere Bruder des Prinzen...
    Deoris' Gedanken waren schon wieder abgeschweift: »Micon spricht oft von dir, Domaris. Weißt du, wie er dich nennt?«
    »Wie denn?« Domaris' Stimme war kaum mehr als ein Hauch.
    »Die in Sonne gekleidete Frau.«
    Schützend verbarg die Dunkelheit das Glitzern von Domaris' Tränen.
     
    Auf der Schwelle zeichnete sich die Silhouette eines jungen Mannes ab: Blitze zuckten über seine Gestalt und verloschen wieder. »Domaris?« fragte eine Bassstimme. »Ist bei dir alles in Ordnung? Ich war deinetwegen etwas unruhig - in einer solchen Nacht.«
    Domaris strengte die Augen an, um in der Dunkelheit etwas zu erkennen. »Arvath! Komm herein, wenn du möchtest. Wir schlafen nicht.«
    Der junge Mann trat näher, hob das dünne Netz und ließ sich mit gekreuzten Beinen auf dem Rand der Matratze neben Domaris nieder. Arvath von Alkonath - ein Atlanter, Sohn einer Frau aus der Priesterkaste, die weggezogen war, um einen Mann aus den See-Königreichen zu heiraten - war der älteste der erwählten Zwölf, beinahe zwei Jahre älter als Domaris. Die aufflackernden und wieder verlöschenden Blitze zeigten geläuterte, friedliche Züge, die offen und ernst waren und doch verrieten, dass dieser Mann das Leben liebte - und das aus voller Überzeugung. Die Fältchen um seinen Mund waren nur zum Teil ein Ausdruck von Selbstdisziplin; sie rührten auch vom vielen Lachen her.
    Domaris sagte mit gewissenhafter Ehrlichkeit: »Vorhin haben wir beschwörende Gesänge gehört und spürten, dass - dass irgendwie etwas Unheimliches geschah. Aber ich werde mich nicht durch solche Dinge ängstigen oder ärgern lassen.«
    »So ist es richtig«, stimmte Arvath lebhaft zu. »Doch es könnten noch mehr Störungen in der Luft liegen. Seltsame Kräfte regen sich; du weißt, es ist die Nacht des Nadir. Kein

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