Die Maya Priesterin
PROLOG
Plötzlic h stan d si e vo r ihm , i n eine r Gass e a m Ran d vo n San Pedro . Pate r Toma s erkannt e si e sofort . Nur ein einziges Mal hatt e e r si e gesehen , vo r wei t meh r al s eine m Jahrzehn t . Doch seithe r wa r kei n Ta g vergangen , a n de m e r nich t a n si e gedacht hätte . Si e verwünsch t ode r herbeigesehn t . Sein Schicksal verfl uch t un d de n unerbittliche n Monsignor e Batisto , de r ih n vor s o lange r Zei t au f diese n Poste n tie f i m Urwal d beorder t hatte .
»Gan z einfach , mei n Liebe r .« Niemal s würd e e r di e Wort e des vatikanische n Agente n vergesse n . »Ich ernenne dich zum Nachfolge r vo n Pa te r Dieg o . Du läßt dich in San Pedro nieder, weides t dein e braune n Schäfche n un d hälts t i m übrige n die Auge n offe n . Du wirst sehen, Tomas, über kurz oder lang taucht si e i n deine m Sprenge l auf .«
Da s wa r noc h vo r de r Jahrhundertwend e gewesen , i m Herbst 1696 A . D . Un d nu n stan d si e tatsächlic h vo r ihm , nac h beinahe vierzehn Jahre n . Si e is t älte r geworden , natürlich , dacht e der Pater , abe r si e is t imme r noc h schö n .
Er starrte sie an, unfähig, seine Verwirrung zu verberge n . Soebe n wa r si e au s diese r ärmliche n H ütt e getreten , gewande t in di e weiß e Tunik a de s alte n Volkes . Vo r ihre r Tü r la g allerlei Hausra t aufgehäuf t . Offenbar hatte sie wahrhaftig beschlossen, sich in San Pedro niederzulasse n . Nicht anders als Giovanni Batist o e s damal s vorausgesag t hatte . Pater Toma s mocht e es kau m glaube n . O gütige r Gott , dacht e er , s o wir d sic h doc h alles noch zum Guten wende n .
Eine n Momen t lan g erwidert e si e seine n Blick , mit unbewegte r Mien e . Dan n wandt e si e sic h z u ihre r Behausung u m . »Ixbalanqué, Huhnapú , wo bleibt ihr den n ? « Ihr e Stimme klan g melodisc h un d ei n weni g rauh .
Zwei Halbwüchsige traten aus der Hütte, Junge und Mädche n .
Erstaun t sa h Pate r Toma s di e beide n a n . Natürlich, dachte er, damal s wa r si e schwanger , da s hatt e e r deutlic h gesehe n . Zumal si e dor t a m Ka i vo n T ayasa l vollkomme n nack t gewese n war . Abe r e r hatt e niemal s i n Betrach t gezogen , da ß si e Zwilling e zur Welt bringen könnt e .
De r Jung e bückt e sic h nac h eine m de r unförmige n Bündel , die vo r de r Hütt e a m Bode n lage n . E r wa r vo n knochige m Wuchs, seine Haut so h el l wi e Milchkakao . Da s Mädche n dagege n hatte da s dunkl e Braun , di e rundlich e Anmu t ihre r Mutte r geerbt . Es war f de m weiße n Man n i n de r knöchellange n Soutan e einen neugierige n Blic k zu , dan n ergrif f e s eine n Tonkru g und verschwan d i n de r Hütte .
Pate r Toma s blieb allein auf der Gasse zurück. Die Mittagssonn e brannt e herab . Huhnap ú un d Ixbalanqué, dachte er . Waru m dies e archaische n Namen ? Un d wies o ka m si e nach s o lange r Zei t ausgerechne t hierher ? Wa r si e de s Dschungels überdrüssi g geworden ? Ode r glaubt e sie , sic h nich t länger verberge n z u müssen , fas t vierzeh n Jahr e nac h de m Fal l von Tayasal?
Tief in Gedanken kehrte er zu seinem Kirchlein zurück, das er noc h i m Winte r 169 6 au f de m Hauptplat z vo n Sa n Pedr o hatte errichten lasse n . Di e plötzlich e Begegnun g mi t d e r Frau , di e sich Ixkuku l nannte , verwirrt e ih n mehr , al s e r sic h eingestehen mochte . O b si e ih n erkann t hatte ? Sicherlic h nicht , dacht e er . Schließlic h wa r e r damal s nu r ei n unbedeutende r Gefolgsmann gewesen , inmitte n eine r ganze n kastilische n Armee . Wi e sollte e r nu n vorgehen ? E r mußt e Monsignor e Batist o benachrichtigen, zweifellos . De r Agen t de s Heilige n Vater s hatt e niemal s die Hoffnun g aufgegeben , da ß Ixkuku l eine s Tage s i n irgendeiner Siedlun g de s Peté n auftauche n würde .
Pate r Toma s stie ß di e Tü r sei n es Kirchleins auf und eilte durch den dämmrigen Altarraum. Hie r drinne n wa r e s angenehm kühl , de r Dschunge l scheinba r fer n . Unter dem Bildnis des Gekreuzigten sank er auf einen Scheme l . Fas t ei n Dritte l seines bisherigen Lebens hatte er auf diesem elenden Posten ausgeharrt , de r gemeinhi n Verbannte n wi e jene m Pate r Diego vorbehalte n war . Doc h di e Zei t seine r Prüfun g neigt e sic h dem End e z u . Wen n e r nu n keine n Fehle r machte . Al s e rstes mußte er Ixkukuls Vertrauen gewinne n . Si e mußt e ih m di e ganze Wahrhei t ge s tehe n . Monsignor e Batist o hatt
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