Das magische Buch
du?«
»Weiß nicht … Aber irgendwas müssen wir doch machen, oder?«
»Erzähl keinen Quatsch! Niemand kann was dagegen machen.«
Wie ich sie kenne, hat sie bestimmt eine Idee. Aber mir ist es lieber, wenn sie mich damit verschont. Ich rufe den Kellner, wir bezahlen und verlassen das Lokal. Eine Weile gehen wir schweigend nebeneinander her, dann trennen wir uns.
»Wir sehen uns morgen«, sage ich.
»Okay, morgen reden wir weiter.«
Mehr sagt sie nicht, aber ich bin sicher, dass ihr irgendwas im Kopf herumgeht. Und auch wenn ich lieber nicht wissen will, was es ist, nehme ich an, dass sie es mir bald sagen wird.
Es ist schon ziemlich spät, als ich nach Hause komme. Javier isst zu Abend, und meine Mutter sitzt neben ihm am Tisch.
»Was soll das? Warum kommst du so spät?«, fragt mich Mama.
»Tja, also … Ich war noch mit Lucía …«
»Komm mir nicht mit Ausreden!«, schimpft sie. »Du weißt doch, dass du deinen Bruder nicht alleine nach Hause gehen lassen sollst! Hier wird pünktlich gegessen, wir sind doch keine Chaoten! Hast du mich verstanden?«
Ich bin so überrascht, dass ich kein Wort hervorbringe. Noch nie habe ich Mama so aufgebracht erlebt. Wo sie doch sonst immer so sanft und liebevoll ist! Heute Abend jedenfalls benimmt sie sich wie eine fauchende Katze. Kaum zu fassen!
Als sie in die Küche geht, setze ich mich neben Javier und frage ihn:
»Und Papa?«
»Liegt im Bett. Er ist heute gar nicht aufgestanden. Hat Kopfschmerzen oder so was, keine Ahnung …«
»Warst du bei ihm?«
»Nein, Mama sagt, wir sollen ihn besser in Ruhe lassen. Ich glaube, er will niemanden sehen.«
Das sind schlechte Nachrichten. Wenn sich Krankheiten bemerkbar machen, kann das zu einem Problem werden. Zu einem großen Problem.
Das Telefon klingelt. Ich stehe auf, aber Mama ist schneller als ich.
»Hallo! … Ach, du bist’s, Julio … Ja, ja, natürlich, er ist in seinem Arbeitszimmer und schreibt an dem Magischen Buch … Du weißt doch, wenn er arbeitet, möchte er nicht gestört werden … Ja, ich sag’s ihm, er ruft dich morgen an … Natürlich … Gute Nacht, Julio! Adiós!«
Ich versuche so zu tun, als hätte ich nichts gehört. Ich löffle die Suppe, als wäre nichts geschehen. Aber jetzt fange ich wirklich an, mir Sorgen zu machen. Große Sorgen.
3
I ch habe schlecht geschlafen und hatte Albträume. Das wundert mich gar nicht, bei dem ganzen Stress mit Papa. Irgendein seltsames Geräusch hat mich geweckt. Ich glaube, es hat an der Wohnungstür geklingelt. Aber eigentlich ist es zu früh für Besuch. Ich bin noch ganz benommen.
Ich gehe ins Badezimmer. Irgendetwas stimmt hier nicht, das merke ich genau. Ich höre eine unbekannte Stimme … Ein fremder Mann in unserer Wohnung! Ja, der Mann spricht mit Mama …
»Machen Sie sich keine Sorgen, er hat nur ein wenig Stress«, sagt er.
»Ich bin aber sehr besorgt, Doktor«, erwidert Mama. »Er ist schon seit Tagen so müde und niedergeschlagen. Was können wir tun?«
»Ich verschreibe ihm ein Beruhigungsmittel. Er braucht Ruhe, so viel Ruhe wie möglich.«
»Ich werde versuchen, dass er ein paar Tage im Bett bleibt. Keine Ahnung, was mit ihm los ist, warum ihm das gerade jetzt passiert …«
»Hat er irgendwelche Probleme? Ich meine, mit seiner Arbeit oder …«
»Ja, das könnte sein.«
Javier kommt mit einem leeren Glas aus Papas Zimmer. Er sagt nichts, sieht mich nur an. Nicht vorwurfsvoll, aber irgendwie kommt es mir so vor.
»Was ist passiert? Warum ist der Arzt hier?«
»Papa hat plötzlich keine Luft mehr bekommen und ist sehr hektisch geworden. Mama hat sofort den Notarzt gerufen.«
»Und wie geht es ihm jetzt?«
»Gut, er ist ganz ruhig«, erklärt mein Bruder. »Doch, es geht ihm schon wieder viel besser.«
»Ich muss zu ihm«, sage ich und öffne vorsichtig die Tür.
Die Lampe auf dem Nachttisch brennt. Papa liegt im Bett und rührt sich nicht.
»Papa?«, frage ich leise.
Es dauert eine Weile, bevor er antwortet:
»César … Komm rein!«
»Störe ich dich auch nicht?«
Ohne eine Antwort abzuwarten, trete ich ein und gehe zu ihm.
»Ist alles in Ordnung?«
»Ja, natürlich, es war nur der Schreck. Ganz blöd! Ich muss wohl was Schreckliches geträumt haben … Aber es ist schon wieder vorbei.«
»Der Arzt sagt, du bist gestresst. Liegt es an dem Buch? Wenn du möchtest, dass wir in eine andere Stadt ziehen … Kein Problem!«
»Aber was erzählst du denn da? Kommt gar nicht in Frage! Wir bleiben hier. Ich schreibe das
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