Das muss Liebe sein
fehlt, dass du dich im selben Moment, wenn du mir einen Hieb auf den Arm versetzt, noch für eine Pazifistin hältst. Alles an dir hat mir gefehlt, Gabrielle.«
Sie blinzelte zweimal, und er glaubte schon, sie ließe sich erweichen. »Wusstest du, wo ich mich aufhielt, als ich nicht in der Stadt war?«
»Ja.«
Sie befreite sich aus seinen Armen. »Wie sehr habe ich dir dann wirklich gefehlt?«
Es fiel ihm nicht leicht, darauf eine Antwort zu finden.
»Misch dich nicht mehr in mein Leben ein«, sagte sie und ließ ihn auf der Tanzfläche stehen.
Er folgte ihr nicht. Zuzusehen, wie sie dieses Mal von ihm fortging, war die reinste Hölle, schlimmer als alles, was er je erlitten hatte, doch er arbeitete seit acht Jahren als Detective. In dieser Zeit hatte er gelernt, wann er die Verfolgung einstellen und warten musste, bis sich die Wogen geglättet hatten.
Aber er würde nicht endlos warten. Er hatte schon genug Zeit damit verschwendet, sich die Frau, die er wollte und in seinem Leben brauchte, zu versagen. Es würde ihn nicht glücklich machen, wenn er allabendlich pünktlich um sechs sein Essen serviert bekäme und stets zwei gleiche Socken tragen würde. Gabrielle machte ihn glücklich. Jetzt verstand er, was sie ihm an jenem Abend auf der Veranda erklärt hatte. Sie war seine Seele. Er war ihre Seele. Er liebte sie, und sie liebte ihn. So etwas würde nicht einfach verschwinden, schon gar nicht innerhalb eines Monats.
Joe war nicht gerade mit Geduld gesegnet, doch was ihm an Geduld fehlte, glich er durch Hartnäckigkeit aus. Während er ihr Zeit ließ, wollte er romantisch um sie werben. Sicher, auf diesem Gebiet hatte er nicht allzu viel Erfahrung, aber Frauen standen auf so was. Er war sich ganz sicher, dass er es schaffen würde.
Er war sich ganz sicher, dass er wie ein Besessener um Gabrielle Breedlove kämpfen würde.
18. KAPITEL
Um neun Uhr am nächsten Morgen traf das erste Dutzend Rosen ein. Sie waren herrlich und schneeweiß, und sie waren von Joe. Er hatte seinen Namen auf die beigefügte Karte geschrieben, mehr nicht. Einfach nur seinen Namen. Gabrielle hatte nicht die geringste Ahnung, was das bedeuten sollte, doch sie hatte auch nicht vor, irgendetwas in diesen Blumengruß hineinzuinterpretieren. Das war ihr schon einmal passiert. Sie hatte der Art, wie Joe sie küsste und sie liebte, zu viel Bedeutung beigemessen, und dafür hatte sie teuer bezahlt.
Das zweite Dutzend bestand aus roten Rosen. Das dritte aus rosa. Ihr Duft erfüllte das ganze Haus. Noch immer weigerte sie sich strikt, nach der Bedeutung zu forschen, doch als sie sich bewusst wurde, dass sie auf seinen Anruf wartete, genauso wie an dem Tag von Kevins Verhaftung, da zog sie ein T-Shirt und Shorts an und ging joggen.
Sie wollte nicht mehr warten. Sie musste einen klaren Kopf bekommen. Sie musste sich überlegen, was sie jetzt tun sollte, denn sie glaubte, eine Neuauflage des Vorabends nicht ertragen zu können. Ihn zu sehen tat zu weh. Sie hatte geglaubt, sie wäre stark genug, um sich der anderen Hälfte ihrer Seele zu stellen, aber das war ein Irrtum. Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen, diesem Mann, den sie liebte und der sie, wie sie wusste, nicht liebte. Schon gar nicht jetzt, nachdem sie erfahren hatte, dass er an dem Morgen, als sie sich geliebt hatten, zuvor bei seiner Freundin gewesen war. Das Wissen um die Frau, der das Bistro gehörte, war ein weiterer Stich in ihr ohnehin schon wundes Herz. Eine Bistrobesitzerin war bestimmt eine leidenschaftliche Köchin. Sie hatte sicher auch nichts dagegen einzuwenden, dass sie putzen und Joes Wäsche waschen musste. All die Dinge zu tun, die er an jenem Tag im Lagerraum als für ihn wichtig aufgeführt hatte, bevor er sie gegen die Wand gedrängt und geküsst hatte, bis sie kaum noch Luft bekam.
Gabrielle joggte an St. John's, ein paar Straßen von ihrem Haus entfernt, vorbei. Das Portal stand offen, und Orgelmusik strömte aus der alten Kathedrale. Gabrielle fragte sich, ob Joe Katholik, Protestant oder Atheist war. Dann fiel ihr ein, dass er erwähnt hatte, er wäre zur Gemeindeschule gegangen, und sie schloss daraus, dass er katholisch war. Als ob das jetzt noch wichtig wäre.
Sie joggte an der Highschool von Boise vorbei und lief vier Runden auf dem Sportplatz, bevor sie sich wieder auf den Heimweg begab. Zurück zu ihrem Haus, voll von Blumen, die Joe ihr geschickt hatte. Zurück zu der Verwirrung, die sie empfand, seit sie ihn kannte. Jetzt spürte sie sie stärker
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