Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen
sondern in Ideen mit einem, der sie mit Herzblutenergie professionell vorantreibt. Die Idee als solche ist nicht der springende Punkt, sie lässt sich verbessern, ändern und aufpeppen! So wurde ich aufgeklärt, als ich von der IBM bei Gifford Pinchot III eine Ausbildung zum »Intrapreneur« bekam. Pinchot selbst prägte das Wort
Intrapreneuring
im Titel seines Innovationsbuches
Intrapreneuring: Why You Don’t Have to Leave the Corporation to Become an Entrepreneur
(Berrett-Koehler Publishers, 2. Auflage, San Francisco 1985)
.
Nach den Vorschlägen dieses Buches habe ich selbst seitdem möglichst weitgehend gearbeitet. Der Lehrgang in der IBM-Zentrale gehört zu meinen prägendsten beruflichen Erlebnissen. Ich erfuhr, wie viel Kraft, Mut und Umsicht, wie viel gesunde Unbefangenheit und Standkraft gegenüber dem Unternehmen nötig sind, um wirklich etwas auf die Beine zu stellen. Gifford zeigte uns damals eindringlich »The Gap of Innovation« oder das Niemandsland zwischen Idee und Plan einerseits und dem blühenden Geschäft andererseits. In diesem Niemandsland zwischen Erfindung und innovativem Business liegt die Zone, wo wir alle lernen, lernen und nochmals lernen sollten, unsere Idee möglichst komplikationslos in die Welt des Unternehmens und des Kunden einzubetten. »Rapid adjustment to reality« nannte es Pinchot, die möglichst schnelle experimentelle Einpassung der Idee in das gesamte Umfeld.
Ich weiß noch genau, wie der Workshop begann. Jeder präsentierte seine neue Business-Idee. Dann mussten wir alle auf einen Zettel schreiben, wie viel Prozent »Mist« wir bei der Arbeit auszuhalten bereit wären. Dann sollten wir angeben, wie sehr wir auf einer Skala von 0 bis 5 sicher wären, dass unser Business reich macht. Ich war damals mit meinem geplanten mathematischen Optimierungsbusiness auf dem Lehrgang und schrieb: »55 Prozent Mist kann ich aushalten« und »Bin zu 4,5 sicher, dass es was wird«. Uiih, da wurde mir und allen anderen der Kopf gewaschen! Auf seine Fragen kannte Pinchot nur eine richtige Antwort: 100 Prozent und 5. Er fragte mich dann, ob ich mein Haus in Waldhilsbach verkaufen würde und die damals vielleicht 200 000 Euro als Eigenkapital hergeben würde. Er gäbe dann 1 Million als Investor dazu, und wir würden reich. Da kratzte ich mich am Kopf … Haus verkaufen? Ich zögerte und sagte, dass ich nicht sooo sicher wäre, ob alles klappen könnte und malte mir die Reaktionen meiner Frau aus.
Merken Sie, dass ich bei diesen Fragen und bei meinen zögerlichen Antworten langsam verstand, was Herzblut und Engagement, was Feuer und Flamme bedeuten? Mir wurde auch klar, dass wir fast alle bei Projekten unbefangen mit dem für uns fremden Geld der Firma Projekte durchführen, die dann oft scheitern – das tut uns ein bisschen leid, aber nicht sehr. Verstehen Sie den Unterschied zu der Variante, bei der ich mein Haus verkaufe und das Geld ins Projekt stecke? Verstehen Sie, wie schlecht wir eigentlich mit dem Geld der Firma oder den Fördergeldern des Staates umgehen? Wir verbrauchen diese Gelder ohne Umstände oder Skrupel. Mit eigenen Euros machen wir lieber nichts – unser Sparbuch ist uns geheurer als Aktienkäufe. Risiko für uns selbst? Lieber nicht.
Viele Innovationsansätze zielen darauf ab,
den
Intrapreneur/Entrepreneur oder Innovator zu finden, der es im zitierten Geiste von Gifford Pinchot wirklich mit Herzblut anpackt. Lehrbücher überbieten sich mit überschwänglichen Beschreibungen der Helden oder
heroes
, die die Welt verändern und bewegen. Sie sollen es wie Sisyphos anpacken und dann trotzdem gegen alle Widerstände schaffen. Dieser Ansatz mag funktionieren, wenn man problemlos auf Helden zugreifen kann. Leider sind diese sehr rar, und unser Erziehungssystem treibt uns Heldentum eher aus, als uns zu Helden zu formen. Was tut man also, wenn man keine Helden hat? Man greift zu einer Notbesetzung und schlägt denErfinder selbst zum gefeierten Ritter, der dann meistens aus Gründen versagt, die ich im zweiten Teil des Buches genauer studiere.
Was tun ohne Helden? Man greift zur bewährten Methode des Managements in der Variante des Innovationsmanagements. Am besten engagiert man sich Beratungshäuser, die verkaufen dann »Ideenerkennungsmanagement«, »Kommunikationsmediation«, »Marktanalysen«, »Wettbewerbsanalysen« und organisieren Kundenbefragungen auf Facebook – das ist derzeit cool.
Dieser Ansatz ist in der rauen Wirklichkeit nicht viel besser, denn so wie der
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