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Das Parfum: die Geschichte eines Mörders

Das Parfum: die Geschichte eines Mörders

Titel: Das Parfum: die Geschichte eines Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Süskind
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sei. Und er lächelte dabei und war sehr zufrieden. Er sah ganz unschuldig aus, wie irgendein Mensch, der Glücklich ist.
    Eine Weile lang blieb er so sitzen, in andächtiger Ruhe, und atmete die weihrauchsatte Luft in tiefen Zügen ein. Und wieder ging ein heiteres Schmunzeln über sein Gesicht: Wie miserabel dieser Gott doch roch! Wie lächerlich schlecht doch der Duft gemacht war, den dieser Gott von sich verströmen ließ. Nicht einmal echter Weihrauchduft war es, was aus den Pfannen qualmte. Schlechtes Surrogat war es, verfälscht mit Lindenholz und Zimtstaub und Salpeter. Gott stank. Gott war ein kleiner armer Stinker. Er war betrogen, dieser Gott, oder er war selbst ein Betrüger, nicht anders als Grenouille - nur ein um so viel schlechterer!

— 33 —
     
    Der Marquis de la Taillade-Espinasse war entzückt von dem neuen Parfum. Es sei, so sagte er, selbst für ihn als Entdecker des letalen Fluidums, verblüffend zu sehen, welch eklatanten Einfluss ein so nebensächliches und flüchtiges Ding wie ein Parfum, je nachdem, ob es aus erdverbundnen oder erdentrückten Provenienzen stamme, auf den allgemeinen Zustand eines Individuums nehme. Grenouille, der noch vor wenigen Stunden blass und einer Ohnmacht nahe hier gelegen, sehe so frisch und blühend aus wie nur irgendein gesunder Mensch seines Alters, ja, man könne sagen, dass er - mit allen Einschränkungen, die bei einem Manne seines Standes und seiner geringen Bildung angebracht seien - fast so etwas wie Persönlichkeit gewonnen habe. Auf jeden Fall werde er, Taillade-Espinasse, im Kapitel über vitale Diätetik seiner demnächst erscheinenden Abhandlung zur fluidalen Letaltheorie von dem Vorfall Mitteilung machen. Zunächst wolle er sich nun aber selbst mit dem neuen Duft parfumieren.
    Grenouille h ä ndigte ihm die beiden Flakons mit dem konventionellen Blütenduft aus, und der Marquis besprengte sich damit. Er zeigte sich hochbefriedigt von der Wirkung. Ein wenig sei ihm, so gestand er, nachdem er jahrelang von dem entsetzlichen Veilchenduft wie von Blei belastet gewesen, als wüchsen ihm Blütene Flügel; und wenn er nicht irre, so lasse der gräßliche Schmerz seines Knies ebenso nach wie das Sausen der Ohren; alles in allem fühle er sich beschwingt, ionisiert und um etliche Jahre verjüngt. Er ging auf Grenouille zu, umarmte ihn und nannte ihn «mein fluidaler Bruder», hinzufügend, es handle sich dabei keineswegs um eine gesellschaftliche, sondern um eine rein spirituelle Anrede in conspectu universalitatis fluidi letalis, vor welchem - und vor welchem allein! - alle Menschen gleich seien; auch plane er - und dies sagte er, indem er sich von Grenouille löste, und zwar sehr freundschaftlich, nicht im geringsten angewidert, fast wie von seinesgleichen löste - , in Bälde eine internationale supraständische Loge zu gründen, deren Ziel es sei, das fluidum letale vollständig zu überwinden, um es in kürzester Zeit durch reines fluidum vitale zu ersetzen, und als deren ersten Proselyten Grenouille zu gewinnen er schon jetzt verspreche. Dann ließ er sich die Rezeptur für das Blütenparfum auf einen Zettel schreiben, steckte diesen zu sich und schenkte Grenouille fünfzig Louisdor.
    Pünktlich eine Woche nach seinem ersten Vortrag präsentierte der Marquis de la Taillade-Espinasse seinen Schützling abermals in der Aula der Universität. Der Andrang war ungeheuer. Ganz Montpellier war gekommen, nicht allein das wissenschaftliche, auch und gerade das gesellschaftliche Montpellier, darunter viele Damen, die den sagenhaften Höhlenmenschen sehen wollten. Und obwohl die Gegner Taillades, hauptsächlich Vertreter des «Freundeskreises der botanischen Universitätsgärten» und Mitglieder des «Vereins zur Förderung der Agrikultur», all ihre Anhänger mobilisiert hatten, wurde die Veranstaltung ein fulminanter Erfolg. Um dem Publikum Grenouilles Zustand vor Wochenfrist ins Gedächtnis zu rufen, ließ Taillade-Espinasse zunächst Zeichnungen kursieren, die den Höhlenmenschen in seiner ganzen Hässlichkeit und Verkommenheit zeigten. Dann ließ er den neuen Grenouille hereinführen, im schönen samtblauen Rock und seidenen Hemd, geschminkt, gepudert und frisiert; und schon die Art, wie er ging, aufrecht nämlich und mit zierlichen Schritten und elegantem Hüftschwung, wie er ganz ohne fremde Hilfe das Podest erklomm, sich tief verbeugte, bald hier-, bald dorthin lächelnd nickte, ließ alle Zweifler und Kritiker verstummen. Selbst die Freunde der

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