Das Pete Buch 23 - Der doppelte Watson
sehr tapfere und resolute Frau, die er sehr gut leiden mochte. Ihr Mann war vor ungefähr vier Jahren plötzlich gestorben. Mrs. Forbes hatte sich aber nicht unterkriegen lassen und mit außergewöhnlicher Energie die große Ranch allein bewirtschaftet. Das war ihr anfangs nicht leicht geworden, denn die Cowboys hatten sich von einem weiblichen Boss nichts sagen lassen wollen. Doch jetzt würden Ihre Weidereiter für sie durchs Feuer gehen. Sie schüttelte dem Sheriff die Hand und sagte scherzend: „Dreimal habe ich gerufen; aber Sie haben es nicht für nötig befunden, darauf zu reagieren."
„Ich habe nur über etwas nachgedacht, Mrs. Forbes."
„Ich denke auch dauernd nach. Meine Tochter hat mir nämlich etwas Schönes eingebrockt."
„Na, was hat sie denn ausgefressen?" fragte Tunker lachend.
„Sie hat einige Ihrer Schulfreundinnen über die Ferien zu uns auf die Ranch eingeladen." „Na und? Was ist dabei denn so schlimm?"
„Das fragen Sie noch? Acht schabernacklustige, junge Mädchen und dazu noch meine Tochter Alice; das ist zu viel für meine strapazierten Nerven."
„Kennen Sie denn die Mädels?"
„Kennen ist zu viel gesagt. Sie wissen ja, daß Alice in Tuscon die „Höhere Mädchenschule" besucht. Als ich einmal kurz dort war, da habe ich sie alle gesehen. Zweifellos sind es nette, frische Girls, aber sie haben allesamt den Teufel im Leib."
„Sie wollen damit andeuten, daß sie ziemlich wild und ungestüm sind, nicht wahr?"
„Genau das wollte ich sagen."
„Hm", machte Tunker. „Sie werden sich hier schon anständig betragen. Schicken sie die Bande nur tüchtig an die frische Luft. Das ist immer noch das beste. Und wenn sie reiten können, dann setzen Sie jede auf ein Pferd."
„Das ist eine gute Idee! Sie sollen sich in der freien Natur einmal ordentlich austoben. Das wird ihnen nach der anstrengenden Schulzeit bestimmt gut tun."
Sie reichte Mr. Tunker die Hand und sagte abschließend: „Ich danke Ihnen für den guten Rat, den Sie mir gegeben haben. Jetzt sehe ich den jungen Wildfängen schon ruhiger entgegen."
Sheriff Tunker ging ins Office. John Watson blätterte gerade in einem dicken Schmöker, der den vielversprechenden Titel „Sheriff Wilsons Doppelgänger trug.
„Was macht eigentlich I h r Doppelgänger?" fragte Sheriff Tunker unvermittelt, und Watson zuckte erschrocken zusammen. „Mein Doppeldecker? Ach so, Sie meinen wohl diesen dämlichen Emil Kluck?"
„Ja, den meine ich. Wo steckt der Bursche jetzt?"
„In Texas. Er hat mir vor drei Wochen geschrieben. Sie drehen dort einen Wild-West-Film."
„So, so", brummte Tunker und steckte sich eine Zigarre an. „Und wann besucht er uns mal wieder?"
„Das weiß ich nicht!"
John Watson war dieses Thema sichtlich unangenehm, und Tunker wunderte sich darüber. Was war nur mit seinem Gehilfen los?
Lautes Motorengeknatter unterbrach ihre Unterhaltung. Die Tür wurde aufgerissen und Walter Huckley, der reiche Freund des „Luftkurortes" Somerset wurde sichtbar.
„Hallo!" schrie er und fuchtelte aufgeregt in der Luft herum.
„Ist das aber eine Überraschung", sagte Tunker erfreut. „Wir haben Sie noch gar nicht erwartet!"
„Well, mich braucht auch keiner zu erwarten. Komme immer, wann es mir paßt; gehe auch, wann es mir paßt! Bin ja schließlich der lange Huckley aus New York."
„Da wird sich Pete aber freuen."
„Die Freude wird kurz sein", meinte Huckley traurig. „Muß nämlich schon morgen weiter. Habe wichtige geschäftliche Besprechungen in Dallas. Doch ist möglich, daß ich in drei bis vier Wochen noch einmal wiederkomme. Ein paar Tage Urlaub werden mir wieder mal gut tun, denke ich!"
„Führt Sie ein besonderer Grund hierher?"
„Yea — auch das! In den nächsten Tagen wird nämlich ein guter Bekannter von mir nach Somerset kommen."
„Was für einer?" fragte nun Watson, der sich bis jetzt sehr zurückhaltend benommen hatte.
„Weder ein schwarzer Mann", sagte Mr. Huckley schalkhaft, „noch ein gelber. Auch kein roter oder grüner, sondern ein — weißer!"
„Sehr interessant", knurrte Watson. „Und was will dieses Wundertier bei uns?"
„Mr. Franklin ist ein bekannter Forscher."
„Tiefseeforscher?"
„No, er ist ein Naturforscher. Vor einigen Wochen erst ist er von einer Expedition aus Südamerika zurückgekehrt. Er hat dort selbstverständlich Berge von Material gesammelt, das er jetzt in aller Ruhe auswerten will. Darum habe ich ihm geraten, nach Somerset zu kommen und oben in meinem
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