Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
gesteckt und gesehen, wie leicht er den Umgang mit den Dorfheilerinnen dann noch empfand. »So schnell können wir nicht abreisen. Es dauert eine Weile, bis wir eine unserem Rang entsprechende Eskorte zusammengestellt haben.«
Perrins Augen wurden ganz schmal. »Wir? Du kommst nicht mit! Es wird …!« Er hustete und fuhr dann in milderem Tonfall fort: »Es wird am besten sein, wenn einer von uns hierbleibt. Wenn der Lord sich wegbegibt, sollte die Lady die Dinge in die Hand nehmen. Das ist nur vernünftig. Jeden Tag kommen weitere Flüchtlinge. All diese Streitigkeiten, die geschlichtet werden müssen. Wenn du auch noch weg bist, wird es schlimmer hier zugehen als mit den Trollocs.«
Wie konnte er nur glauben, sie habe seine ungeschickte Ablenkung nicht durchschaut? Er hatte sagen wollen, dass es gefährlich werde. Wieso erzeugte dieses Wissen, dass er sie vor allen Gefahren behüten wollte, eine solche Wärme in ihr und machte sie dennoch gleichzeitig so wütend? »Wir werden tun, was du für das Beste hältst«, sagte sie sanft, und er blinzelte misstrauisch, kratzte sich am Bart und nickte schließlich.
Nun war es nur noch notwendig, ihn zur Einsicht dessen zu bringen, was wirklich am besten war. Wenigstens hatte er nicht direkt gesagt, sie dürfe nicht gehen. Sobald er sich nämlich auf etwas versteifte, konnte sie genauso gut versuchen, einen Getreidesilo mit bloßen Händen zu verschieben, wie ihn davon abzubringen. Doch wenn sie vorsichtig genug vorging, ließ sich das vermeiden. Für gewöhnlich jedenfalls.
Mit einem Mal schlang sie die Arme um ihn und presste ihr Gesicht an seine breite Brust. Seine kräftigen Hände streichelten zart ihr Haar. Wahrscheinlich glaubte er, sie sei besorgt wegen seiner bevorstehenden Abreise. Nun, das war sie auch, in gewisser Weise. Aber nicht, weil er ohne sie abreisen wollte. Ihm war noch nicht bewusst, was es hieß, mit einer Frau aus Saldaea verheiratet zu sein. Dabei war alles so glatt verlaufen, nachdem sie von Rand al’Thor weg waren. Warum benötigte der Wiedergeborene Drache Perrin nun auf einmal, und das mit solcher Gewalt, dass Perrin es über viele Hunderte von Wegstunden hinweg spürte, die sie voneinander entfernt waren? Warum war die Zeit so knapp? Warum? Perrins Hemd klebte an seiner verschwitzten Brust. Die unnatürliche Hitze ließ noch mehr Schweiß über ihr Gesicht rinnen. Trotzdem schauderte Faile.
Gawyn Trakand schritt eine weitere Runde um seine Männer herum ab, die eine Hand am Heft des Schwertes, und mit der anderen ließ er einen kleinen Steinbrocken auf und ab hüpfen. Er überprüfte die Positionen seiner Wachen um den baumbestandenen Hügel. Der trockene, heiße Wind, der den Staub über die wellige, braune Grasebene fegte, ließ den einfachen, grünen Umhang an seinem Rücken flattern. Nichts war zu sehen bis auf das abgestorbene Gras, vereinzelte Dickichte und hier und da zum größten Teil verdorrte Büsche. Die Frontlinie war einfach zu breit hier, um sie mit seinen Männern gleichmäßig zu besetzen, falls es zum Kampf kommen sollte. Er hatte sie in Gruppen zu je fünf Schwertträgern zu Fuß eingeteilt, und weiter hinten am Abhang des Hügels fünfzig Bogenschützen aufgestellt. In der Nähe des Lagers ganz oben warteten fünfzig weitere berittene Lanzenträger, um dort eingesetzt zu werden, wo es notwendig schien. Er hoffte allerdings, es werde heute nicht notwendig sein.
Zu Anfang waren es weniger Jünglinge gewesen, aber ihr Ruf brachte ihnen ständig neue Rekruten ein. Die zusätzlichen Kämpfer waren wichtig, denn kein Rekrut wurde aus Tar Valon herausgelassen, wenn er nicht den entsprechenden Standard aufwies. Es war ja nicht so, dass er gerade heute bewaffnete Auseinandersetzungen erwartete, aber er hatte schon lange begriffen, dass sie gerade dann kamen, wenn man nicht mit ihnen rechnete. Nur die Aes Sedai warteten für gewöhnlich bis zur letzten Minute, bevor sie einem Mann Bescheid gaben, was beispielsweise heute geschehen werde.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte er, als er neben einer Gruppe von Schwertträgern stehen blieb. Trotz der Hitze hatten sie ihre grünen Umhänge vorn geschlossen, damit man Gawyns weißen, angreifenden Keiler deutlich sehen konnte, den sie auf die Brustteile gestickt trugen.
Jisao Hamora war der jüngste von ihnen. Das sah man schon an seinem jungenhaften Grinsen. Doch als Einziger der fünf hatte er sich das Abzeichen einer kleinen silbernen Burg an den Kragen gesteckt, sodass man ihn als
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