Das Reich des dunklen Herrschers - 8
wirkungslos. Das war der entscheidende Punkt, der mir eigentlich hätte klar sein müssen.
Mein Bedürfnis, den Gebrauch des Schwertes auch immer auszugleichen, entsprang also der tief verwurzelten Überzeugung, mein Tun sei in irgendeiner Weise nicht gerechtfertigt. Und deswegen - weil ich mir diesen letzten Rest einer verqueren Vorstellung bewahrt hatte, die man mir mein Leben lang eingeschärft und auch den Bewohnern Bandakars gepredigt hatte - daß es nämlich stets falsch ist, zu töten - hat die Magie des Schwertes allmählich versagt.
Sie konnte, wie meine Gabe auch, erst wieder aufleben, nachdem mir voll und ganz bewußt geworden war, daß die Magie gar keiner Ausgewogenheit für mein Töten bedurfte, da es nicht nur moralisch vollkommen korrekt, sondern die moralisch einzig richtige Handlungsweise war.
Nun war aber bereits das Streben nach einem Ausgleich für eine vollkommen berechtigte Handlungsweise ein unauflösbarer Konflikt, der letztendlich die Kopfschmerzen und das Versagen der magischen Kräfte des Schwertes der Wahrheit verursacht hat. Ich hatte mir also alles selbst zuzuschreiben.«
Richard hatte gegen das erste Gesetz der Magie verstoßen, indem er eine Lüge - daß Töten stets verwerflich sei - geglaubt hatte, weil er befürchtete, sie könnte wahr sein. Ferner hatte er, unter anderem, gegen das zweite Gesetz der Magie verstoßen, am schwersten wog jedoch sein Verstoß gegen Gesetz Nummer sechs: Er hatte, zugunsten blinden Glaubens, alle Vernunft außer Acht gelassen. Das Versagen seiner Gabe und der magischen Kräfte seines Schwertes waren eine unmittelbare Folge seiner Abkehr von logischer Vernunft.
Das achte Gesetz hatte ihn dann glücklicherweise gezwungen, sein Handeln zu hinterfragen, und ihn letztendlich seinen Denkfehler erkennen lassen. Erst danach hatte er die Situation wieder bereinigen können. Zu guter letzt hatte er das achte Gesetz der Magie befolgt.
Richard verlagerte sein Gewicht auf den anderen Fuß und sah in die ihm entgegenblickenden Gesichter. »Ich mußte mir klar machen, daß mein Tun moralisch einwandfrei war und keines Ausgleichs bedurfte, da es durch mein vernünftiges Handeln bereits in sich ausgewogen war. Mit anderen Worten: Töten kann zuweilen nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar die einzig mögliche moralische Verhaltensweise sein.
Ich mußte begreifen, was zu begreifen ich von euch allen gefordert hatte. Ich mußte begreifen, daß ich mich des Sieges würdig erweisen mußte.«
Owen ließ seinen Blick über seine Begleiter schweifen, dann kratzte er sich verlegen am Kopf. »Nun ja, alles in allem können wir, glaube ich, recht gut nachvollziehen, wie Ihr zu dieser Fehleinschätzung gelangt seid.«
»Also ich«, seufzte Jennsen, »bin jedenfalls froh, daß ich völlig unbeleckt von der Gabe bin. Zauberer zu sein klingt ungeheuer schwierig.«
Allgemeines Kopfnicken bei den Männern, die ihr ausnahmslos beipflichteten.
Lächelnd meinte Richard: »Viele Fragen des Lebens sind nur schwer zu klären, wie zum Beispiel die, über die du nachgedacht hast. Wie hast du dich entschieden?«
Jennsen verschränkte ihre Hände und sah kurz zu Owen, Anson und all den anderen hinüber, die sie begleitet hatten.
»Nun, dies ist kein Reich der Verdammten und auch kein der Willkür von Tyrannen schutzlos ausgeliefertes Reich mehr. Bandakar ist jetzt Teil des d’Haranischen Reiches; die Menschen hier verfolgen die gleichen Ziele wie wir.
Ich denke, ich würde gern eine Weile hierbleiben und ihnen helfen, sich als Teil der großen, weiten Welt zu begreifen. Ich habe schon damit angefangen; es ist sehr aufregend.«
Richard lächelte seine Schwester an und strich ihr mit der Hand über ihr wundervolles rotes Haar.
»Unter einer Bedingung«, fügte sie hinzu.
Er ließ seine Hand sinken. »Bedingung?«
»Ja. Ich bin eine Rahl, also dachte ich … daß mir vielleicht ein angemessener Schutz gebührt. Ich könnte immerhin zur Zielscheibe werden, weißt du. Es gibt Menschen, die meinen Tod wollen. Jagang würde nur zu gern …«
Er zog sie lachend zu sich heran, um sie zum Schweigen zu bringen.
»Tom, hiermit erteile ich Euch in Eurer Funktion als Beschützer des Hauses Rahl den Auftrag, meine Schwester, Jennsen Rahl, niemals aus den Augen zu lassen. Es ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, die mir sehr am Herzen liegt.«
Tom machte ein erstauntes Gesicht. »Seid Ihr sicher, Lord Rahl?«
Jennsen versetzte ihm einen Klaps mit dem Handrücken. »Natürlich ist er
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