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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht weiter. Ein zunächst kaum hörbares, dann immer stärker werdendes Geräusch ließ ihn zusammenfahren. »Tama, komm hierher! – Antau!«
    Wasser brach über den Fels herab. Eine unvorstellbare Menge Wasser. Der Fels schirmte sie ab. Eng aneinandergeklammert, wie hinter einer silberschimmernden Wand standen sie, starrten sich an, suchten eine Erklärung und fühlten sich selbst dazu zu erschöpft.
    Dann schrie Tama auf. Sie schrie seinen Namen: »Hendrik! Hendrik!«
    Es dauerte einige Herzschläge, bis er begriff! Er war wie betäubt: Die Tür mit Ron – verschwunden! »Ovaku …«, wimmerte Tama. »Lieber Himmel … nein … Ovaku …«
    Ihr Bruder sah sie an. Er hob beide Arme, die leeren Hände waren nach außen gewendet. Es ist passiert, hieß das. Was sollen wir noch machen? – Nun gibt auch noch Afa auf, dachte Hendrik. Er hat ihn abgeschrieben. Womöglich gerechterweise …
    Dann holte er tief Atem. Etwas tun! Nur was? – Vielleicht war es eher Reflex oder Routine als Überlegung, die ihn nach der Notarzttasche greifen ließ. Das Bild der anderen, ihrer wie zu Stein erstarrten Gesichter nahm er in seinem Bewußtsein mit, als er sich, die Tasche fest umklammert, hinaus in den Aufruhr warf.
    Der Vorhang war verschwunden. Woher auch die Flut gekommen sein mochte – nur noch breite, silberne Wasserfransen trieften von der Steinkante herab. Aber der Sturm zerrte an seinen Haaren, wollte ihn zurückdrücken, war so stark, daß er den Oberkörper weit nach vorne beugen und die Füße gegen den Boden stemmen mußte.
    Der wirft dich nicht um, nicht länger … Er betete es fast.
    »Ron!« Seine Augen tasteten den Hang ab, versuchten dieses Gebräu aus Wasser, Sturm und Nebel zu durchdringen. »Ron!«
    Er kletterte über Steine, schnappte nach Luft – blieb stehen. Sein Herz schlug schnell und hoch, ein Hämmern in den Schläfen wie am Hals.
    Die Tür lag seitlich hochgekantet. Ein Teil der Tür … Nichts weiter als ein Rechteck, das sich kläglich unter dem gewaltigen, runden, naßschimmernden Stamm ausnahm, der seinen unteren Teil begrub.
    Hendrik schluckte. Er rutschte den Hang hinab. Der Irrsinn nahm kein Ende! Mein Gott! – Und jetzt … »Ron?« Seine Lippen formten den Namen. »Oh, verdammt noch mal, hat's dich aber erwischt … Ron!« Wie sollte Ron noch hören? Wie überhaupt konnte er noch leben?
    Hendrik beugte sich über das Gesicht. Ron hatte die Augen weit offen. Über die aufgeschlagenen Lippen rann Blut zum Hals. Nasse, zerrissene Stoffetzen klebten an seinem Leib, Äste und Laub verdeckten den Unterkörper. Die Stricke und Gurte hielten ihn noch immer auf dem Holz fest, sein Brustkorb aber war in einem unbegreiflichen und gefährlichen Winkel angebogen.
    Nun begriff Hendrik auch den Grund: Es war der Arm! Der linke, gottverdammich, der linke, der verfluchte, verletzte, geschiente, genagelte Arm! Ausgerechnet …
    Mit seinem Tonnengewicht hielt der Stamm ihn gegen den Fels gequetscht.
    »Hörst du mich, Ron?«
    Er brachte den Mund an Rons Ohr, sagte es wieder: »Ron! – Kannst du mich hören?«
    Das Wasser hatte den Schmutz aus seinem Gesicht gewaschen. Die Augen schlossen sich nun, die Lider zitterten. Tiefe Furchen zogen sich von den Augenwinkeln zu den Schläfen. Aber der Mund war nicht zusammengepreßt, und in der Farbe der Lippen konnte er keine Anzeichen eines beginnenden Sauerstoffmangels entdecken. Und darauf kam's an. Auch der Brustkorb hob und senkte sich im Rhythmus des Atemholens.
    Nein, nichts von einem Todgeweihten, nichts Moribundes war zu entdecken. Ron hatte kein Trauma, keinen Schock erlitten. Das Morphium? Vermutlich.
    Es wirkte weiter. Vielleicht hatte die Bewußtseinstrübung, die er wohl haben mußte, ihn abgeschirmt. »Gleich, Alter«, flüsterte Hendrik. »Laß mal sehen …«
    Seine nassen Fingerspitzen tasteten nach der Halsschlagader. Elender, verdammter Scheißstamm! Beinahe hätte er Ron erschlagen. Aber er schirmte ihn, schirmte sie beide wenigstens etwas vor dem Sturm ab. Selbst den Regen hielt er einigermaßen ab. Hier – der Puls. Und noch immer beachtlich. Was für eine Konstitution hatte dieser verrückte Bursche doch! Was weiter? Wie ihn rauskriegen? Nein, das war ausgeschlossen. Aber die Lösung? – Welche?
    Nur eine gab's: An die aber mochte Hendrik Merz nicht denken … Doch während seine innere Abwehr gegen das Wort ›Amputation‹ stärker und stärker wurde, spulten sich wirr in seinem Gehirn, wie im Speicher eines defekten Computers, tausend

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