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Das Riff der roten Haie

Das Riff der roten Haie

Titel: Das Riff der roten Haie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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weißes, geheimnisvolles Etwas, das ihn zu ersticken drohte.
    Er schob es zur Seite.
    Vom Nebenbett kam Tamas ruhiger Atem. In den Palmwedellagen des Daches huschten die Geckos, und von draußen, von der Riffbarriere, hörte er das ewige Auf und Ab der Brandung, die gegen die Korallen schlug. Auch dieses Geräusch war wie Atem. Ron hatte es immer geliebt, heute aber beruhigte es ihn nicht.
    Er stand auf, ohne den Lichtschalter zu drücken, und ging in die Küche. Das bläuliche Licht zog breite, klar abgegrenzte Bahnen durch den großen Raum und ließ alle Gegenstände, Schrank, Spiegel und die Rechtecke der Bastmatten, die Tama als Schmuck an die Wand gehängt hatte, fremd, schwarz und streng erscheinen.
    In der Küche holte er Ananassaft aus dem Eisschrank und goß ihn aus dem Krug in sein Glas. Dann schaltete er den Weltempfänger an, der auf dem Tisch für die Frühstücksnachrichten bereitstand.
    »Ob Sie's nun glauben oder nicht«, sagte eine glockenreine, helle Mädchenstimme auf englisch, »aber ich gebe mich nie mit der Hälfte zufrieden, ich verlange hundert Prozent. Deshalb: Wenn schon eine Vitamincreme, dann nur …« Das war's wohl nicht. Er trug das Glas zum Fenster und blickte hinaus: Das Riff, die Palmen, das Kristallfunkeln der See … An der linken Seite ragten dunkel die Silhouetten der beiden neuen Gebäude hoch. Solide Basaltblöcke, alle zementverfugt. Der größere beherbergte die Werkstatt mit ihren Maschinen, diente aber auch als Gerätelager für das Dorf. In den anderen würde die neue Krankenstation einziehen, wenn alles fertig war. Aber noch war das Ganze nur ein Rohbau.
    Dieses Mal spürte Ron nichts von dem kindlichen Stolz, der ihn bei diesem Anblick immer befiel. Das sonderbare, beklemmende Gefühl, die Ahnung, daß sich bald irgend etwas ändern würde, blieb stärker …
    ***
    Als er am nächsten Morgen erwachte, stellte er als erstes fest, daß der Wind fast völlig nachgelassen hatte. Nichts regte sich draußen. Selbst das stete metallene Rascheln der Palmblätter war verstummt.
    Er sah auf seine Uhr. Kurz vor acht.
    Tama schlief. Sie schlief wie ein Kind, das Gesicht friedlich auf den Händen. Er wollte sie nicht wecken. In der Küche wärmte er Kaffee auf, schaltete ›ZAP-Tonga‹ an, um den Wetterbericht zu hören. Aber ZAP brachte Rockmusik und Werbung. Nicht viel besser ging es ihm mit der UKW-Station von Pangai. Sie hatten einen langatmigen Bericht über australischen Thunfischfang zu bieten. Auf tongaisch.
    Der Pazifik dort draußen war nun eine unbewegte, stumpfschimmernde, riesige Zinnscheibe. Selbst der Strand schien grau, und in Rons Schläfen meldete sich ein feiner, schabender Druck, den auch der Kaffee nicht verscheuchen konnte.
    Wenn der Passat vollkommen zusammengebrochen war, konnte das nur eines bedeuten: Irgendwo baute sich eine Wetterfront auf. Ein Hurrikan? Ausgeschlossen! Davon hätte er schon gestern im Radio gehört. Hurrikane wurden schon bei ihrem Entstehen beobachtet, und dann gab es pausenlos Nachrichten über sie. Außerdem, es war März und nicht ihre Zeit, wenigstens nicht im Gebiet der Tonga-Gruppe. Gut, manchmal kamen sie auch im März, aber doch nur äußerst selten.
    Er lief die Treppe hinab.
    Hinter den Bananenstauden, über dem Dach von Lanei'tas Haus, hing ein dünner Rauchfaden in der Luft. Ron war erleichtert, daß sie noch nicht draußen war, um mit ihm zu reden, an diesem Morgen wollte er niemanden sehen, auch nicht Tamas Schwester.
    Er warf einen kurzen Blick zu seiner Teleskopantenne hoch. Am Gerüst hatte er einen Luftsack angebracht, um jederzeit die Windrichtung feststellen zu können. Tama hatte ihn genäht. Er hing jetzt schlaff herab und rührte sich nicht.
    Ron begann zu laufen, rannte den Sandweg hinunter zur Lagune, wich einem kleinen Hund aus, der ihn kläffend verfolgte.
    An der Anlegestelle waren ein paar Männer dabei, die Auslegerkanus den Strand hochzuziehen. Auch ihnen schien das Wetter nicht zu gefallen.
    Ron winkte Afa'Tolou zu, einem der beiden Brüder Tamas. Afa überragte die anderen braunen, muskulösen Männerkörper um einen Kopf. Nun ja, auch seine Schwester war die größte der Frauen und Mädchen des Dorfes.
    Ron hatte die kleine Steinmole erreicht, die er im vorigen Jahr mühsam, Basaltbrocken nach Basaltbrocken, in die Lagune hinausgebaut hatte. Da lag sein Beiboot. Es lag völlig still. Die Schale war flach, weiß und ähnelte einer kleinen Badewanne.
    Er warf den Johnson an, der Außenborder knatterte auf

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