Das Ritterdrama von Schreckenstein
Belustigung.
„Lass mal. Es war ziemlich Spitze.“ Egon grinste tapfer. „Wir haben die ganze Nacht mit Mauersäges alter Eisenbahn gespielt.“
Klaus feixte. „Weil euch der böse Schlüssel ins Kinderzimmer eingesperrt hat!“
Die Anwesenden johlten. Da erschien Klein-Kuno an der Luke. Tapfer versuchte auch er das Missgeschick als beträchtliches Vergnügen darzustellen. „Sieben komplette Züge und zweiundfünfzig Weichen! Mann, da kommst du ohne Fahrplan gar nicht durch!“
Beim kleinen Herbert wurden daraus acht Züge und vierundfünfzig Weichen. Mit Aufschneiderei hatte das aber nichts zu tun — die Schreckensteiner logen ja nicht —, eher mit der Taschenlampenbeleuchtung, bei der sie gespielt hatten. Hierüber gab der kleine Eberhard Auskunft. „Nach drei Stunden saßen wir im Dunkeln.“
„Warum seid ihr überhaupt raufgegangen?“ wollte Stephan wissen.
Der kleine Herbert zog die Schultern hoch. „Nur so. Wir wollten nicht gleich ins Bett, wir wussten ja, dass wir ausschlafen konnten.“
Im Burghof dauerte das Handballtorwerfen an — die Ritter mussten die Zeit totschlagen. Nur so...
Endlich ertönte der Gong, und das Mittagessen brachte willkommene Abwechslung. Elfriede entpuppte sich als Geheimtipp. Es gab Schnitzel mit Käse überzogen, ein Gericht, das noch keinen Schreckensteiner Namen hatte.
„Gewalztes Kalb in Käse eingeschweißt!“ meinte Dampfwalze. Ottokar sagte nicht an, auch die Schweigezeit entfiel. Es waren ja Ferien.
Nach dem Essen setzten einige das Handballtorwerfen fort, andere saßen in ihren Zimmern und lasen oder spielten Schach. Pummel und Eugen bastelten im Bootshaus an ihrem Eigenbau herum, Dampfwalze, Ottokar, Stephan und weitere Rekordler, Klaus vor allem, trainierten auf dem Sportplatz. Die Nichtstuer saßen auf der Bank vor dem Prinzengarten und drum herum und flachsten ziemlich müde.
Punkt vier Uhr, so, als hätten sie schon lang daraufgewartet, fanden sich alle Ritter zum Tee im Esssaal ein.
„Was hast du gemacht?“ fragte einer den andern. Und: „Was machst du jetzt?“ Hier gab Oscar die überraschendste Antwort. „Ihr werdet lachen, ich pauke Latein! Doktor Schüler hilft mir.“
Die Umstehenden lachten nicht, sie schauten beeindruckt.
Bei dieser Stimmung war es nicht verwunderlich, dass ausgerechnet Obernichtstuer Dieter nachdenklich meinte: „Jetzt versteh ich den Rex. Wir sollten uns nicht zu früh freuen, hat er gesagt. Wenn der Laden läuft, geht alles glatt. Das Problem ist die Freizeit.“
„Ein schöner Satz für die Schulchronik!“ freute sich Hans-Jürgen. „Auch Nichtstuer haben lichte Momente.“
Selbstregierung mit Süßigkeiten
„Aufstehen! In den Schultrakt gehen!“ tönte eine tiefe, wohlbekannte Stimme in alle Zimmer. „Aufstehen! In den Schultraktgehen!“
Die Stimme, das merkte auch der verschlafenste Ritter sofort, gehörte dem Rex. Und verschlafen waren sie, obwohl es schon zehn Uhr geschlagen hatte. Das hing mit dem gestrigen Abend zusammen, besser gesagt mit der Nacht.
Wie es dazu gekommen war, konnte nachher keiner mehr sagen. Jedenfalls hatte sich im Anschluss an das Abendessen — eine neuerliche Offenbarung von Elfriedes Kochkünsten und abermals um Genüsse bereichert, die es auf dem gewohnten Schreckensteiner Speisezettel nicht gab — im Esssaal eine Diskussion ergeben, zunächst von wenigen bestritten, an der sich aber mit fortschreitender Zeit immer mehr Ritter beteiligten, und das bei zunehmendem Eifer.
Um die Selbstregierung der Ritterschaft ging es. Darum, wie diese aussehen sollte und was zu tun sei, um die Zeit sinnvoll zu nutzen, statt sie nur totzuschlagen.
Allerlei Ansichten standen einander gegenüber.
„Jede Gemeinschaft braucht ein Programm!“ sagten Ottokar und Stephan.
„Jede Gemeinschaft braucht einmal Ferien“, sagten Dieter und seine Nichtstuer.
„Jede Gemeinschaft braucht Training und Entspannung!“ sagten Dampfwalze, Klaus und Andi.
„Quarantäne ist eine Ausnahmesituation, die Gelegenheit bietet, Interessen nachzugehen, die sonst zu kurz kommen!“ meinten Mücke, Ralph, Pummel, Eugen und Strehlau .
Daneben kann etwas Gemeinsames gemacht werden, das nützlich ist. Etwa Feuerwehrübungen.“
Hans-Jürgen, Beni und die vier Minis vertraten dagegen eine ganz andere Ansicht. „Eine Ausnahmesituation meistert die Gemeinschaft am besten mit einer Gemeinschaftsleistung, an der alle ihren Spaß haben. Es muss lustig zugehen! Wir könnten uns ein Ritterspiel ausdenken und
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