Das Ritterdrama von Schreckenstein
beiden Seiten Beifall.
Nach etwa einer Viertelstunde hatte sich das Hin- und Hergerede erschöpft. Die Besucher legten die mitgebrachten Geschenke an der Zugbrücke ab.
„Das Sanatorium dankt!“ rief der Rex hinüber. „Sollten sich in den Fresspaketen gefährliche Bazillen befinden, machen wir das Abitur eben ein Jahr später“, fügte Klaus todernst hinzu. „Frohe Ostern allerseits.“
„Moment!“ Mit einer Handbewegung hielt Mücke Ralphs Vater auf. „Grüßen Sie bitte alle Torten in Ihrer Konditorei besonders herzlich von uns!“
Unter Johlen und Winke-Winke fuhr der Omnibus rückwärts in den Wald. An der Abzweigung zum Sternenhof würde er wenden, der Fahrer kannte sich ja aus.
Mücke grinste am Rex hinauf. „Beachtliche Organisation, danke! Mit so was können sie uns jederzeit wieder wecken!“
„Dauerlauf zur Zugbrücke!“ rief Beni, und alle wetzten aus dem über Lehrergarage und Folterkammer liegenden Schultrakt in den Nordflügel und die Freitreppe hinunter. Strehlau, der vorher weggegangen war, hatte das Tor schon geöffnet. Draußen gab es ein heilloses Durcheinander. Wem gehörte welche Tüte, welche Schachtel?
„Halt!“ rief Ottokar dazwischen. „Ich schlage vor, wir tun erst mal alles in die Folterkammer. Dann sehen wir weiter.“
Die Ritter verstanden sofort. Ob Bonbons aus der Konditorei oder Ingrids Lakritzkanone — alles wurde auf den steinernen Richtertisch gelegt.
„Ostern ist ja erst morgen!“ erinnerte Stephan.
Der Kuchen für ihn und Ottokar blieb ebenso unberührt wie Strehlaus Klaviernoten, von denen sich sowieso nichts Süßes abschneiden ließ.
Einer der letzten war Dieter. Unter Stöhnen wuchtete er einen Rucksack voller Obst auf die Platte.
Mit vorwurfsvoller Miene schüttelte Klaus den Kopf. „Als Nichtstuer bist du ein Versager! Pfui hoch drei.“
„Ihr müsst ihm die Hände fesseln!“ sagte der kleine Kuno aufgeregt. „Am besten auf den Rücken.“
„Und wenn’s ihn an der Nase juckt?“ fragte der kleine Herbert.
„Dann haben wir ja noch den Burgfried. Da kann er sie wetzen!“ schloss Mücke.
Nachdenklich betrachtete Hans-Jürgen den Süssigkeitenberg.
„Solche Schätze! Und ohne dass man sich dafür einen Dankesbrief abringen muss!“
Da schon das Betrachten von Gaumenfreuden bekanntlich hungrig macht, begaben sich die Ritter schnellstens in den Duschraum, machten sich in neuer Rekordzeit appetitlich und folgten ihrem Appetit in den Esssaal.
Elfriede enttäuschte sie wiederum nicht. Neben Butter, Brot, Rosinenstollen und Marmelade gab es heute Tomaten, Käse und Thunfisch.
„Fehlt bloß noch Schinken mit Ei, dann ist Schreckenstein ein englisches Sanatorium, stellte Beni fest. Er hatte einen Teil der letzten großen Ferien in England verbracht und seitdem in Englisch eine Vier, weil er die Grammatik zwar beherrschte, sie aber nicht erklären konnte.
Mit einer Kopfbewegung zum Nebentisch stieß Pummel seinen Freund Eugen an. Es gab keine feste Tischordnung mehr.
Gegenüber saß Ottokar mit Stephan, Dampfwalze, Mücke und Hans-Jürgen zusammen, und sie redeten beinahe noch mehr als sie aßen.
„Vor nicht ganz zehn Stunden haben wir uns hier die Köpfe heiß geredet“, sagte er. „Und die machen schon wieder weiter!“
Zu guter Letzt trat Ottokar ans Schwarze Brett, läutete mit der Kuhglocke und sagte an: „Bleibt anschließend mal alle da! Wir müssen über etwas abstimmen. Es dauert nicht lang.“ Und zum wieder vollbesetzten Lehrertisch gewandt, fügte er hinzu: „Die Herren Lehrer werden dazu nicht benötigt, sondern erst später.“
„Der macht’s aber spannend“, meinte Eugen.
„Wieso eigentlich er?“ fragte Beni. Warum wusste er selber nicht.
Sprachlos sahen Pummel und Eugen ihn an. Was sollte das? Die Ritter blieben also sitzen und warteten, bis die Lehrer den Esssaal verlassen hatten.
Dann stand Ottokar auf. „Uns ist da eben was eingefallen, und wir hätten einen Vorschlag“, begann er. „Das heißt, eigentlich zwei. Morgen ist Ostern. Aber nicht alle Eltern haben Süßigkeiten gebracht oder geschickt. Deshalb sollten wir alles, was gekommen ist, aufteilen. Wer zustimmt, bitte Handzeichen.“
Alle Ritter hoben die Hand.
„Das wäre das eine“, fuhr Ottokar fort. Da entdeckte er Beni, der seine Hand noch immer erhoben hielt. „Was ist, Beni?“
„Ich möchte was fragen“, sagte der. „Wir haben doch jetzt Selbstregierung. Dann sollten wir sie endlich mal wählen, einen Ferienkapitän. Du machst da
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