Das Schapdetten-Virus
Schreibtischjob aus, und mir war nicht nach Action zumute.
»Die Tierpfleger«, sagte Koslowski.
Wir guckten ihn erwartungsvoll an.
»Na, irgendjemand bei Arilson muss mit den Typen unter einer Decke stecken. Woher hätten die sonst den Schlüssel vom Hintertor kriegen können? Und wieso wussten die so gut über die Alarmanlage Bescheid?«
»Ausgezeichneter Vorschlag, Hjalmar!«, lobte Sigi. »Ich denke, auf die Tierpfleger sollten wir unser Hauptaugenmerk richten. Wir nehmen sie uns einzeln vor. Vielleicht wird ja einer nervös.«
»Versteift euch nicht zu sehr darauf!«, warnte ich. »Tierbefreier sind eher jugendlich und unreif. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Pfleger seinen Job riskiert.«
Sigi nickte. »Aber auch Tierpfleger haben Söhne und Töchter. Ein Sohn, der Motorrad fährt, oder eine Tochter, die mit einem Motorradfahrer befreundet ist, würde uns schon weiterhelfen.«
Anschließend regelten wir die Arbeitsverteilung. Koslowski sollte sich mit zwei Leuten vom Coesfelder Sec Check -Büro die Tierpfleger vornehmen, ich würde mich um die Tierschützer kümmern, Sigi übernahm die Gesamtkoordination. Da der normale Wachdienst und die übrigen Aufträge weiterlaufen mussten, war die Personaldecke nicht allzu dick.
Als alles Wesentliche besprochen war, meldete ich mich schüchtern: »Ach, übrigens, was ist mit meinem freien Wochenende? Du weißt schon, Sigi – wegen Sarah.«
»Wenn die Affen bis dahin wieder da sind, gerne.«
»Aber …«
»Kein aber, Georg.« Sigi schwenkte energisch ihre Brille. »Die Affengeschichte hat absolute Priorität. Das gilt für alle. Am Wochenende wird durchgearbeitet. Aische wird es sicher nichts ausmachen, Sarah zu betreuen.«
Aische war die Sekretärin. Sie hatte selbst Kinder und schon einmal auf Sarah aufgepasst. Aber wenn Imke davon erfuhr …
Nachdem ich die Personenbeschreibung des Motorradpärchens getippt hatte, schlug ich das Telefonbuch auf. Es gab mehrere Tierfreunde- und Tierschutzvereine. Ich entschied mich für einen mit Tierheim und fuhr hin.
Das Büro befand sich in einem verwitterten, grauen Haus hinter einer Batterie von Käfigen, in denen verstoßene vierbeinige Lieblinge jaulten und fauchten. Es war ganz mit einer billigen Sorte Holz verkleidet.
»Nennen Sie das Tierfreundschaft?«, sagte ich zu der älteren Frau im pinkfarbenen Pullover, die hinter einem altersschwachen Schreibtisch saß. »Tiere in Käfige sperren?«
Sie guckte mich durch eine überdimensionale Brille an. Auch alles andere an ihr war überdimensional. »Was soll ich denn sonst mit ihnen tun? Ich kann sie ja nicht alle auf den Schoß nehmen. Aber Sie dürfen gerne eins mitnehmen, wenn Sie glauben, dass es dem Tier bei Ihnen zu Hause besser geht.«
»Das wär ja noch schöner.« Ich verdrehte die Augen. »Gefangenschaft ist Gefangenschaft, ob im Zoo oder bei mir zu Hause. Ich finde, Tiere haben dasselbe Recht auf Freiheit wie wir.«
»Ach, so einer sind Sie.« Sie nahm eine Zigarette aus der Schachtel und steckte sie zwischen die Lippen. »Da sind Sie bei uns aber verkehrt. Tierfreundschaft bedeutet für uns nicht, dass Tiere die besseren Menschen sind. Es gibt einen großen Unterschied zwischen Menschen und Tieren, und das Wohl der Menschen hat Vorrang. Natürlich kann man die Massentierhaltung kritisieren, vor allem, wenn Tiere gequält werden oder das Fleisch mit Hormonen oder anderer Chemie verseucht wird. Und wir sind auch gegen überflüssige Tierversuche. Doch wenn es darum geht, mit Tierversuchen menschliche Krankheiten besiegen zu helfen, dann stellen wir uns nicht in den Weg. Sehen Sie, in unserem Verein gibt es Vegetarier und Fleischesser, und wir tolerieren einander. Ich persönlich habe gegen ein schönes Schweineschnitzel nichts einzuwenden.«
»Schweineschnitzel.« Ich rümpfte die Nase. »So etwas würde ich nicht runterkriegen.«
»Das ist Ihre Sache.« Sie zündete die Zigarette an. »Ich will Sie ja nicht drängen, aber ich habe noch ein bisschen Schriftkram zu erledigen.«
»Vielleicht können Sie mir sagen, wo ich Leute finde, die die Rechte der Tiere ernster nehmen. Ich habe mich bis jetzt nur theoretisch damit beschäftigt, Bücher gelesen und so, und würde mich gern mit Gleichgesinnten austauschen.«
Ihre Lippen stülpten sich nach außen, ein Ausdruck des Widerwillens erschien auf ihrem Gesicht. »Meinen Sie etwa diese Verrückten, die Aufkleber an die Wände pappen wie Jäger sind Mörder oder Die Milch gehört den Kälbern
Weitere Kostenlose Bücher