Das Schlangental - Neal Carey 3
und schlang sie in drei Bissen hinunter.
»Und jetzt die Zeitungen«, sagte er. »Ich weiß nicht mal, wer Präsident ist.«
»Ronald Reagan.«
»Nein, im Ernst…«
Neal verschwand hinter Kleingedrucktem, während Graham hinaus auf den Balkon wanderte und sich die frühmorgendlichen Schwimmer unten im Pool anschaute.
»Sport ist doch was Wunderbares«, stellte er fest, als zwei junge Schwimmerinnen ihre Beine und Oberkörper dehnten.
Es klingelte.
»Ist für dich!« rief Neal, der in der New York Times völlig versunken war. Langsam wurden es zu viele äußere Eindrücke für ihn.
Graham riß sich von der Aussicht los und ging zur Tür. Richard stand mit einem Gepäckwagen draußen im Flur.
»Deine Sachen!« rief Graham zu Neal hinüber.
»Ich hab’ keine Sachen«, entgegnete Neal, während er versuchte, dem Sportteil die personellen Veränderungen bei den Yankees zu entnehmen.
»Jetzt schon«, sagte Graham. »Bring sie rein, Junge.«
Richard rollte den Wagen hinein und begann, die Anzüge aufzuhängen und die Schachteln mit Hemden, Unterwäsche, Socken und Schuhen in einer Kommode zu verstauen.
»Ich brauche keine Sachen«, sagte Neal. »Ich bleib’ die ganzen nächsten Monate hier, in diesem Zimmer, in diesem Bademantel; ich esse und lese Zeitung.«
»Du hast noch ‘ne Stunde«, sagte Graham. »Um elf haben wir eine Verabredung.«
»Verlegen wir die doch auf den Balkon. Ich bring’ den Eistee mit.«
»Unfug«, sagte Graham. »Wir fahren nach Hollywood.«
»Eine Neuverfilmung von Rumpelstilzchen, und du hast die Hauptrolle?«
»Wir treffen die Mutter.«
Neal sah gerade lang genug auf, um sich einen Blaubeer-Muffin nehmen zu können.
»Was ist mit Thurman Munson passiert?« fragte er und deutete auf die Aufstellungsliste der Yankees.
»Willst du dich jetzt bitte beeilen und dich anziehen?« drängelte Graham. »Die Limo ist in weniger als einer Stunde hier.«
»Die Limo?«
»Für Limousine«, erklärte Graham.
»Wir fahren wirklich nach Hollywood, was?«
Neal kam sich ein bißchen albern in seinen neuen Sachen vor – Khaki-Hose, blaues Hemd, olivfarbenes Jackett und Slipper aus Korduanleder. Er kam sich auch ein bißchen albern dabei vor, hinten in einer Stretch-Limousine zu sitzen. Joe Graham neben sich, eine vollgefüllte Bar, einen Fernseher und den Rücken des uniformierten Fahrers vor sich.
Neal fand ein Fläschchen Soda, tat Eis in ein Glas und nippte, während er hinaus auf den Sunset Boulevard schaute. »Im Augenblick stehe ich tierisch auf Konsum«, erklärte er.
»Das sehe ich.«
»Du siehst gut aus, Dad«, sagte Neal.
Graham starrte ihn an.
Aber Graham sah wirklich gut aus, fand Neal. Wenn auch irgendwie unglücklich in dem blauen Blazer, dem weißen Hemd, der grauen Hose und den schwarzen Lederschuhen mit den kleinen Luftlöchern darin. Ganz anders als normalerweise in seinem schlichten Jackett, mit hellgrüner Hose und gestreiftem Schlips.
»Levine hat mich zum Shopping bei Barneys mitgenommen«, erklärte Graham grummelig.
»Mir gefällt’s«, sagte Neal.
»Dir gefallen selbst englische Dichter«, warf Graham ihm vor.
»Das stimmt.«
Die Limousine bog in eine Seitenstraße ein, fuhr dann zum Tor eines Filmstudios. Neal betrachtete die irrwitzige Mischung von Hausfassaden aus dem 19. Jahrhundert, Nissenhütten und riesigen Filmwerbetafeln auf der anderen Seite des Tores.
»Da hab’ ich Filme drüber gesehen«, sagte er.
Der Wachmann am Gate näherte sich dem Fenster des Fahrers.
»Wir haben im Wishbone ein Meeting mit Anne Kelley«, sagte der Fahrer, ohne sich auch nur um Freundlichkeit zu bemühen.
Der Wächter verpaßte ihm eine Plakette auf die Windschutzscheibe und öffnete das Tor.
»Gebäude 28«, sagte er.
»Ach was«, schnappte der Fahrer und gondelte dann mit der Limousine durch die schmalen Gäßchen des Studios, vorbei an ein paar jungen Männern, die aussahen wie Gangster von 1920, und einigen eiligen Produktions-Assistenten mit Clipboards. Schließlich stellte er den großen Wagen auf einen Platz mit der Aufschrift GÄSTE ab, einer großen Nissenhütte gegenüber, und öffnete die Türen.
»Wishbone Studios, einfach hier hinein.«
»Oh je«, sagte Neal.
Der Fahrer belohnte ihn mit einem trockenen Grinsen. Er hatte jede Menge hochnäsiger Drehbuchautoren vor dieser Tür abgesetzt und sie eine halbe Stunde später wieder eingesammelt. Nicht mehr so hochnäsig, nachdem sich das oscarverdächtige Drehbuch in ihrer Aktentasche
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