Das Schlangental - Neal Carey 3
der Dose, seufzte erleichtert, konzentrierte sich dann wieder auf Neal und Graham.
»Was stellt ihr euch vor?« fragte sie.
Graham sah Neal an und zuckte mit den Achseln.
»Sind wir im Phantasialand?« fragte Neal zurück.
Jim räusperte sich. »Anne, das sind die Detektive.«
Anne Kelley errötete. »Oh, shit. Shit! Tut mir leid! Tut mir wirklich leid! Ich dachte, Sie wären Autoren, die ein Projekt vorstellen!«
Fußabtreter.
»Ich bin Anne Kelley«, wiederholte sie. »Codys Mutter.«
»Und kreative Leiterin«, fügte Neal hinzu.
»Sie sind die Männer, die Ethan Kitteredge geschickt hat«, fuhr sie fort. »Sie werden Cody finden.«
»Wir werden’s versuchen«, sagte Graham.
»Ethan hat gesagt, Sie seien sehr, sehr gut.«
»Vielleicht auch nur sehr gut«, sagte Neal, während Graham ihn böse anstarrte, »aber möglicherweise nicht sehr, sehr gut.«
»Tut mir wirklich leid«, sagte Anne. »Ich wollte Sie nicht mit Autoren verwechseln.«
»Schon gut«, sagte Graham freundlich.
»Also, wo fangen wir an?« fragte Anne.
Jim begann zu schreiben.
»Augenblick mal, Watson«, sagte Neal. »Keine Notizen.«
»Jim verewigt alle meine Meetings.«
Verewigt , dachte Neal. »Das ist schön«, sagte er, »aber Notizen haben die unangenehme Eigenschaft, an unangenehmen Orten aufzutauchen, zum Beispiel bei Zeitungen.«
Anne erstarrte. »Ich vertraue Jim absolut.«
Neal sah hinüber zu Jim. »Ich mein’ es nicht böse. Ich bin sicher, Sie würden die Lady hier nie absichtlich hintergehen…«
»Neal, halt den Mund«, sagte Graham.
»… aber wenn Sie keinen Schredder haben und wenn Sie Ihre Notizen nicht auf einem einzelnen Blatt auf einer harten Unterlage anfertigen, lassen Sie es besser gleich bleiben. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie viele Fälle ich gelöst habe, indem ich – Pech gehabt! – den Müll von jemand durchwühlt habe, oder mich in ein Büro geschlichen habe, um mir die Eindrücke auf einem Notizblock anzuschauen, oder…«
»Neal!« warnte Graham.
»Also, du hast mir das doch beigebracht, Graham«, hielt Neal dagegen. Er wandte sich wieder an Jim. »Außerdem brauchen Sie sowieso keine Notizen. Ich brauche Notizen, und ich mache sie mir im Kopf. Wenn Sie irgendwas ›verewigt‹ haben wollen, rufen Sie mich an, und ich sag’ es Ihnen auf, okay?«
Jim klappte den Notizblock zu.
Soviel zum Thema »ausgebrannt«, dachte Graham.
»Sie sind ein wenig feindselig«, sagte Anne Kelley zu Neal.
»Das wird ihr Ex-Mann auch denken, wenn ich ihn gefunden habe. Also, wollen Sie eine kleine Tee-Party geben, oder wollen Sie Ihren Jungen zurück?«
»Ich will meinen Jungen zurück.«
Neal lehnte sich zurück.
»Und wie stellen Sie sich das vor?« fragte er.
Harley McCall war Cowboy. Sie hatten sich bei Dreharbeiten in Nevada kennengelernt. Er hatte als Pferdebetreuer bei einem Film mitgearbeitet, den sie produzierte, einem der letzten großen Comeback-Western.
Harley war groß, schlank und O-beinig und sprach mit einem langsamen Schnarren, das sie charmant fand, insbesondere im Gegensatz zu den affigen Hollywood-Typen, mit denen sie sonst zu tun hatte. In seinem schmutzig-blonden Haar fanden sich natürliche Strähnen, sein Schnauzer war bronzefarben, und seine Bräune endete auf der Höhe seiner aufgekrempelten Ärmel. Es war eine Bräune, die er von der Arbeit unter freiem Himmel hatte, nicht davon, sich am Strand von Malibu oder am Rande eines Pools in Beverly in Öl zu braten.
Er aß Chicken-fried Steaks, Eier mit Speck und höllisch scharfe Burritos und fragte den Kellner nie – im Leben nicht – darüber aus, wo die getrockneten Tomaten aufgewachsen waren. Er mochte kaltes Bier und warme Frauen. Er vermochte es, eine Wärme in ihr auszubreiten, eine Wärme so sanft und schön wie ein Sommernachmittag.
Eines Nachts waren sie hinaus in die Wüste spaziert, hatten das schreckliche kleine Motel, in dem sie ihr Hauptquartier aufgeschlagen hatten, hinter sich gelassen – weg von den Regisseuren, den Schauspielern, der Crew und den Geschäftsleuten, hinaus in die Wüste, unter den Sternenhimmel, und dort hatte sie ihn verführt … oder vielleicht hatte er sie dazu verführt, ihn zu verführen … Sie wollte ihn – wollte ihn sehr –, also nahm sie ihn sich.
Der Sex war großartig – das war nie ihr Problem – und sie hatte das Gefühl, daß er ihr Leben verändert hatte, daß er sie in jene »wahre Frau« verwandelt hatte, von der alle zu singen schienen. Er brachte ihr
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