Das Sexprojekt: Wie ich (mich) auszog, die beste Liebhaberin der Welt zu werden (German Edition)
übergeben. Dann wurden die Rollen getauscht. Das Spiel provozierte ein kleines, süßes Ziehen in meinem Inneren, einen wunderbaren und geheimen Sog, der Großartiges versprach. »Bald«, flüsterte er, »noch nicht jetzt, aber bald.« Ein Appetizer.
Die doofen Jungs machten erst Jahre später auf sich aufmerksam durch Haareziehen, Rocklupfen und blöde Sprüche. Ein Wunder, dass wir sie damals nicht einfach erschlagen haben. Irgendwann, und von mir zunächst völlig unbemerkt, haben dann die Pubertätsgene KiSS1 und KiSSR beschlossen, es sei an der Zeit, mit der Arbeit zu beginnen. KiSS kommt von dem Peptidhormon Kisspeptin und hat nichts mit der bekannten Hardrock-Band zu tun. Die echte Geschichte ist noch besser: Das Gen KiSS1 wurde von Forschern in Hershey, Pennsylvania, USA, entdeckt, und sie benannten es nach dem berühmtesten Exportartikel ihrer Stadt: dem Schokobonbon Kiss der Hershey Foods Corporation. Das nenne ich Lokalpatriotismus. Was die Pubertät allerdings mit süßen Schokoladendrops zu tun hat, bleibt das Geheimnis der Wissenschaftler in Hershey. Entweder hatten die keine Kinder im relevanten Alter oder einen sehr, sehr trockenen Humor.
Es geht ja die Mär um, die Kinder kämen immer früher in die Pubertät. Jeder weiß von einem Kind von einem Bekannten eines Verwandten, das praktisch direkt nach der Geburt anfing zu pubertieren. Und wissen Sie was: Die Mär stimmt. Also nicht, dass Kinder schon nach der Geburt pubertieren, aber darauf könnte es hinauslaufen. Seit über 140 Jahren hält der Trend an, dass die Pubertät immer früher einsetzt. Und die Sexualwissenschaftler berichten, dass es noch nicht zu einem Stillstand gekommen ist.
Seit 1980, so eine Studie der Universität Landau, rückt die Geschlechtsreife jährlich um zwei Monate vor. Sehen Sie, was ich sehe? Wenn man das linear weiterführt, beginnen die Kinder im Jahr 2035 zu pubertieren, bevor sie eingeschult werden! Da bekommen die Mädchen Flügelbinden und Einführhilfen in die Schultüten!
Jahr
Menstruation
Mädchen
Samenerguss Jungs
1860
16,6
1920
14,6
1950
13,1
1980
12,5
14,2
1994
12,2
12,6
2001
11,5
11,5–12
2010
10,3
10,5
(Das heißt nicht, dass Jungs vor dem Jahr1980 keinen Samenerguss hatten, es waren nur keine entsprechenden Aufzeichnungen vorhanden. Herren, die diesbezüglich ein Mitteilungsbedürfnis verspüren, mögen sich direkt an den Verlag wenden.)
Und wer ist schuld daran? Schuld an allem sind die dicken Kinder (von Landau). Je mehr Körperfett, desto früher geht’s los. Wie Karl Lagerfeld im Zuge der Diskussion um magersüchtige Models schon so schön bemerkte: »Problematisch sind doch eher die dicken Leute.«
Hand in Hand mit diesem Trend geht eine Angleichung des Entwicklungsunterschieds. Die Entschuldigung zahlreicher Mütter von hummeldummen Jungs: »Die Mädchen sind den Buben ja um Jah-re voraus!«, stimmt nicht mehr. Mädchen sind im Durchschnitt den Jungs in ihrer Entwicklung nur noch wenige Monate voraus. Auch wenn das im Straßenbild ganz, ganz anders aussieht. 1
Wenn ich mich recht erinnere, waren jedoch die körperlichen Veränderungen nicht das eigentliche Problem während der Adoleszenz.
Wikipedia meint zu diesem Thema:
»Die Heranwachsenden kommen während der Pubertät vermehrt in problembelastete Situationen, vor allem, wenn diese Situationen von Erwachsenen strukturiert werden. Durch die vermehrte Hormonausschüttung wird auf diese Situationen mit stärkeren Gefühlen reagiert.«
Meine Mutter hingegen meint, Pubertierende seien unzurechnungsfähige Idioten. Wie sie auf diese Idee kommt, ist mir allerdings völlig schleierhaft. Ich fand mich als Pubertierende hinreißend und empfand im Gegenzug eher meine Mutter als extrem problematisch.
Die süßen Gefühle mitsamt dem verführerischen Sog in meinem Inneren waren zu einer Art Tsunami geworden, der mich überrollte, sobald ich so etwas fantastisch Sexuelles tat, wie zum Beispiel zu schwofen. Sie kennen das? Sie umarmten einen Tanzpartner und bewegten sich so gut wie nicht von der Stelle, während im Hintergrund Kuschelrock lief? Da kamen die Hormone in Wallung!
Meine erste Liebe hieß Aufi, abgeleitet von seinem Nachnamen Aufhauser (pfiffig, was?) und er erfuhr tragischerweise nie etwas von seinem Glück. Wie viele As ich gemalt habe, auf Federmäppchen, in den Schnee, auf die Schulbank und mit der Taschenlampe in den Nachthimmel (das müsste er doch sehen, oder?), habe ich nicht mitgezählt. Es waren viele. Ich habe sein Fahrrad
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