Das Testament
zu quälen. Soweit ich weiß, habe ich sie alle sieben selbst gezeugt, und einen Sohn habe ich beerdigt. Eigentlich müsste ich sagen, dass ihn seine Mutter beerdigt hat. Ich war damals nicht im Lande.
Ich habe mich mit meinen drei ehemaligen Frauen und sämtlichen Kindern auseinandergelebt. Sie alle sind heute hier zusammengekommen, weil ich bald sterben werde und es an der Zeit ist, das Geld zu verteilen.
Ich habe diesen Tag lange im voraus geplant. Gleich einem großen Hufeisen umschließen die drei langgezogenen und tiefen Gebäudeflügel meiner vierzehnstöckigen Firmenzentrale einen schattigen, nach hinten offenen Hof, auf dem ich einst im Sonnenschein Mittagsgesellschaften gegeben habe. Ich wohne und arbeite im Dachgeschoß auf gut tausend Quadratmetern, deren üppige Außtattung manch einer obszön findet, was mich aber nicht im mindesten stört. Ich habe mein gesamtes Vermögen mit meinem Schweiß, meinem Verstand und mit Glück selbst erarbeitet, und das gibt mir das Recht, das Geld so auszugeben, wie ich es für richtig halte. Es ist mein gutes Recht, es zu verschenken, und trotzdem werde ich von allen Seiten bedrängt.
Warum sollte ich mir den Kopf darüber zerbrechen, wer es bekommt? Ich habe alles Erdenkliche mit dem Geld getan. Während ich hier allein in meinem Rollstuhl sitze und warte, kann ich mir nichts vorstellen, was ich kaufen oder sehen möchte. Mir fällt kein einziger Ort ein, an den ich reisen, und kein weiteres Abenteuer, das ich bestehen möchte.
Ich habe alles hinter mir, und ich bin sehr müde.
Es geht mir nicht darum, wer das Geld bekommt. Es geht mir darum, wer es nicht bekommt.
Jeden Quadratmeter dieses Gebäudes habe ich selbst entworfen und weiß daher genau, wo jeder bei dieser kleinen Zeremonie seinen Platz hat. Sie sind alle da und warten geduldig. Das macht ihnen nichts aus - für das, was ich zu erledigen habe, würden sie sich sogar nackt in einen Schneesturm stellen.
Da ist als erstes Lillian und ihre Brut - vier meiner Nachkommen hat eine Frau zur Welt gebracht, die sich kaum je von mir hat anfassen lassen. Wir haben jung geheiratet - ich war vierundzwanzig und sie achtzehn -, und daher ist jetzt auch Lillian alt. Ich habe sie seit Jahren nicht gesehen und werde sie auch heute nicht sehen. Ich bin überzeugt, dass sie nach wie vor die Rolle der bedauernswerten pflichtgetreuen ersten Gattin spielt, die gegen ein jüngeres Modell ausgetauscht worden ist. Sie hat nie wieder geheiratet, und ich bin überzeugt, dass sie in den letzten fünfzig Jahren nichts mit einem Mann gehabt hat. Ich weiß selbst nicht, wie wir zu unseren Kindern gekommen sind.
Der Älteste, Troy Junior, ist inzwischen siebenundvierzig, ein nichtsnutziger Trottel, der meinen Namen wie einen Fluch trägt. Als Junge hat man ihn TJ
gerufen, und dieser Spitzname ist ihm nach wie vor lieber als Troy. Von meinen sechs hier versammelten Nachkommen ist er der dümmste, allerdings mit knappem Vorsprung.
Er musste das College mit neunzehn Jahren wegen Drogenhandels verlassen und hat, wie alle seine Geschwister, zum einundzwanzigsten Geburtstag fünf Millionen Dollar bekommen. Wie allen anderen ist auch ihm das Geld durch die Finger gelaufen, als wäre es Wasser.
Ich bringe es nicht über mich, alle entsetzlichen Geschichten von Lillians Kindern hier auszubreiten. Der Hinweis mag genügen, dass sie alle bis über die Ohren verschuldet und praktisch nicht vermittelbar sind. Da nur wenig Hoffnung besteht, dass sich etwas daran ändert, ist die Teilnahme am feierlichen Akt der Unterzeichnung meines Letzten Willens das einschneidendste Ereignis in ihrem Leben.
Zurück zu meinen einstigen Ehefrauen. Von Lillians Frigidität habe ich mich in die heiße Leidenschaftlichkeit Janies geflüchtet. Sie war ein hübsches junges Ding, das als Sekretärin in der Buchhaltung arbeitete, aber rasch aufstieg, als ich das Bedürfnis empfand, sie auch auf Geschäftsreisen um mich zu haben. Nach einer Weile habe ich mich von Lillian scheiden lassen und Janie geheiratet. Sie war zweiundzwanzig Jahre jünger als ich und entschlossen, mich stets zufrieden zustellen. So rasch es ihr möglich war, hat sie zwei Kinder in die Welt gesetzt und sie dazu benutzt, mich an sie zu ketten. Rocky, der jüngere, ist mit zwei Kumpeln in einem Sportwagen ums Leben gekommen. Es hat mich sechs Millionen gekostet, die Folgen dieses Unfalls außergerichtlich zu regeln.
Mit vierundsechzig habe ich Tira geheiratet. Sie war dreiundzwanzig und von mir
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