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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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und auch erleichtert, dass anscheinend niemand etwas gehört oder gesehen hat. Sie hebt die Hand und will gerade rufen, als sie an der Stelle, wo der Felsbrocken gelehnt hat, eine schmale Öffnung sieht. Wie ein Eingang, der in den Felsen geschlagen wurde.
    Da es hier in den Bergen von Geheimgängen und Höhlen nur so wimmeln soll, ist sie nicht sonderlich überrascht. Und doch, denkt Alice, muss sie irgendwie gewusst haben, dass dieser Eingang da war, obwohl er hinter dem Felsen versteckt war. Besser gesagt: geahnt.
    Sie zögert. Alice sollte jemanden holen. Es ist unvernünftig, vielleicht sogar gefährlich, ohne Begleitung in die Höhle zu gehen. Sie weiß, was alles passieren kann. Aber sie hätte schon gar nicht allein hier oben arbeiten dürfen. Shelagh weiß nichts davon. Doch da ist irgendetwas, das sie geradezu hineinzieht. Nur sie. Immerhin ist es ihre Entdeckung.
    Alice redet sich ein, dass es nichts bringt, die anderen aufzuscheuchen, ihnen grundlos Hoffnungen zu machen. Falls es da drinnen irgendetwas zu erkunden gibt, wird sie ihnen Bescheid geben. Sie wird schon nichts anfassen. Sie will nur einen Blick hineinwerfen.
    Ich bleibe nur kurz drin.
    Alice steigt wieder den Hang hinauf. Vor dem Eingang der Höhle, dort, wo der Felsbrocken Wache gestanden hat, ist eine tiefe Mulde. In der feuchten Erde herrscht ein aufgeregtes Gewimmel von Würmern und Käfern, die nach langer Zeit plötzlich dem Licht und der Hitze ausgesetzt sind. Alice sieht ihre Mütze am Boden liegen. Auch ihre Kelle ist da, wo sie sie zurückgelassen hat.
    Alice späht in die Dunkelheit. Die Öffnung ist höchstens anderthalb Meter hoch und nicht ganz einen Meter breit, die Kanten sind unregelmäßig und rau. Es scheint eher ein natürlicher als ein von Menschen geschaffener Eingang zu sein, doch als sie mit den Fingern den Stein abtastet, spürt sie da, wo der Felsbrocken angelehnt gewesen war, seltsam glatte Flächen.
    Langsam gewöhnen ihre Augen sich an die Düsterkeit. Samtschwarz weicht einem Schwarzgrau, und sie erkennt, dass sie in einen langen, schmalen Tunnel blickt. Sie spürt, wie sich ihr die Härchen im Nacken sträuben, wie eine Warnung, dass dort in der Dunkelheit etwas lauert, das besser ungestört bliebe. Aber das ist bestimmt nur kindischer Aberglaube, und sie schüttelt das Gefühl ab. Alice glaubt nicht an Geister oder Vorahnungen.
    Die Schnalle wie einen Talisman fest in der Hand atmet sie einmal tief durch und betritt den Gang. Sofort umhüllt sie der Geruch von seit langer Zeit abgeschotteter, unterirdischer Luft, dringt ihr in Mund, Kehle und Lunge. Aber es ist kühl und feucht, keine Spur von den trockenen, giftigen Gasen wie in den hermetisch verschlossenen Höhlen, vor denen man sie gewarnt hat; daher vermutet sie, dass es irgendwo eine Frischluftzufuhr geben muss. Doch für alle Fälle kramt sie in den Taschen ihrer abgeschnittenen Jeans nach ihrem Feuerzeug. Sie zündet es an und hält es hoch in die Dunkelheit, um sich zu vergewissern, dass genügend Sauerstoff vorhanden ist. Die Flamme flackert in einem Lufthauch, geht aber nicht aus.
    Nervös und mit einem Anflug von schlechtem Gewissen wickelt Alice die Schnalle in ein Taschentuch und schiebt sie in die Hosentasche. Dann geht sie vorsichtig weiter. Das Licht der Flamme ist schwach, doch es erhellt den Boden unmittelbar vor ihr und wirft Schatten auf die zerklüfteten grauen Wände.
    Sie spürt, wie sich die kühle Luft um ihre nackten Beine und Arme schmiegt wie eine Katze. Der Weg ist leicht abschüssig. Sie spürt deutlich, dass sich der unebene und kiesige Boden unter ihren Füßen neigt. Das Knirschen von Steinen und Schotter klingt laut in dem engen, stillen Gang. Sie merkt, dass das Tageslicht in ihrem Rücken mit jedem Schritt schwächer wird.
    Auf einmal will sie nicht mehr weitergehen. Sie will überhaupt nicht hier sein. Und doch hat das alles etwas Unvermeidliches an sich, da ist etwas, das sie tiefer und tiefer in den Bauch des Berges zieht.
    Nach weiteren zehn Metern ist der Tunnel zu Ende. Alice sieht, dass sie an der Schwelle einer höhlenartigen geschlossenen Kammer steht, auf einer natürlichen, steinernen Plattform. Direkt vor ihr führen ein paar breite, flache Steinstufen in den Hauptraum, wo der Boden glatt und eben ist. Die Höhle ist etwa zehn Meter lang und rund fünf Meter breit, und sie ist offensichtlich nicht allein ein Werk der Natur, sondern wurde eindeutig auch von Menschenhand geschaffen. Die Decke ist niedrig und

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