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Das Verlorene Labyrinth

Das Verlorene Labyrinth

Titel: Das Verlorene Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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gewölbt, wie das Dach einer Krypta.
    Alice steht staunend da. Sie hält die flackernde, einsame kleine Flamme höher und spürt plötzlich eine beklemmende, seltsam kribbelnde Vertrautheit, die sie sich nicht erklären kann. Sie will gerade die Stufen hinuntergehen, als ihr auffällt, dass in der obersten Stufe Buchstaben eingemeißelt sind. Sie bückt sich und versucht zu lesen, was dort steht. Nur die ersten drei Wörter und der letzte Buchstabe — ein N oder vielleicht ein H - sind lesbar. Die anderen sind erodiert oder abgebröckelt. Sie reibt den Schmutz mit den Fingern weg und liest die Buchstaben laut vor sich hin. Das Echo ihrer Stimme klingt in der Stille irgendwie feindselig und bedrohlich.
    »P-A-S A P-A-S ... Pas a pas.«
    Schritt für Schritt? Schritt für Schritt was? Eine schwache Erinnerung kitzelt die Oberfläche ihres Unterbewusstseins wie ein längst vergessenes Lied. Dann ist sie wieder verschwunden. »Pas a pas.« Diesmal flüstert sie, aber es sagt ihr nichts. Ein Gebet? Eine Warnung? Ohne zu wissen, was da sonst noch steht, ist es unverständlich.
    Sie ist jetzt nervös, als sie sich wieder aufrichtet und vorsichtig die Stufen hinuntergeht. Neugier kämpft gegen eine dumpfe Vorahnung, und sie weiß nicht, ob sie aus Angst oder von der kalten Höhle Gänsehaut auf den nackten Armen hat.
    Alice hält das Feuerzeug hoch, um sehen zu können, wo sie hintritt, damit sie nicht ausgleitet oder gegen irgendetwas stößt. Unten angekommen, verharrt sie einen Moment. Sie atmet erneut tief durch und macht dann einen Schritt in die schwarze Finsternis. Sie kann die hintere Wand nur mit größter Mühe erkennen.
    Auf diese Entfernung ist schwer zu sagen, ob es nicht nur eine optische Täuschung oder ein Schatten ist, den die Flamme wirft, aber es sieht ganz so aus, als wäre auf dem Felsen ein großes kreisrundes Muster aus Linien und Halbkreisen aufgemalt oder in die Wand eingemeißelt. Davor steht ein steinerner Tisch, etwa einen Meter zwanzig hoch, der wie ein Altar aussieht.
    Den Blick zur Orientierung auf das Symbol an der Wand geheftet, geht Alice langsam weiter. Jetzt kann sie das Muster deutlicher sehen. Es sieht aus wie eine Art Labyrinth, obwohl ihr Gedächtnis ihr sagt, dass irgendwas daran nicht ganz stimmt. Es ist kein richtiges Labyrinth. Die Linien führen nicht, wie es sein müsste, in die Mitte. Das Muster ist falsch. Alice kann nicht sagen, warum sie sich so sicher ist, aber sie weiß genau, dass sie Recht hat.
    Ohne den Blick abzuwenden, nähert sie sich dem Labyrinth. Ihr Fuß stößt gegen irgendetwas Hartes auf dem Boden. Sie hört einen schwachen, hohlen Ton und dann ein Geräusch, als wäre ein Gegenstand von seinem Platz gerollt.
    Alice blickt nach unten.
    Auf einmal zittern ihr die Beine. Die schwache Flamme in ihrer Hand flackert. Der Schock raubt ihr den Atem. Sie steht am Rand eines flachen Grabes, das kaum mehr als eine leichte Vertiefung im Boden ist. Darin liegen zwei Skelette, zwei menschliche Skelette, die Knochen von der Zeit säuberlich freigelegt. Die leeren Augenhöhlen eines Schädels starren zu ihr hoch. Der andere Schädel, den sie weggestoßen hat, liegt auf der Seite, und es sieht aus, als würde er den Blick von ihr abwenden.
    Die Körper sind so hingelegt worden, dass sie auf den Altar blicken, Seite an Seite, wie Skulpturen auf einem Grab. Sie liegen symmetrisch und vollkommen parallel zueinander, aber sie strahlen nichts Ruhiges aus, nichts Friedliches. Die Wangenknochen des einen Schädels sind zerschmettert, nach innen gedrückt wie bei einer Maske aus Pappmache. Etliche Rippen des anderen Skeletts sind gebrochen und ragen nach außen wie die Zweige eines toten Baumes.
    Sie können dir nichts tun. Entschlossen, sich nicht ins Bockshorn jagen zu lassen, zwingt Alice sich, in die Hocke zu gehen, ganz behutsam, um nichts zu verändern. Sie betrachtet das Grab genauer. Zwischen den Körpern befinden sich ein Dolch, dessen Klinge im Laufe langer Jahre matt geworden ist, und ein paar Kleiderreste. Daneben liegt ein Lederbeutel mit Zugband, groß genug, dass eine kleine Schatulle oder ein Buch hineinpassen würde. Alice runzelt die Stirn. Sie ist sicher, etwas Ähnliches schon einmal gesehen zu haben, aber ihr fällt nicht ein, wo.
    Der runde weiße Gegenstand, der zwischen den klauenartigen Fingern des kleineren Skeletts klemmt, ist so winzig, dass Alice ihn fast übersehen hätte. Ohne zu überlegen, ob es richtig ist, was sie tut, nimmt sie rasch ihre Pinzette

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