Das Vermächtnis des Shalom Shepher - Roman
Händen der Familie Shepher.
Shalom Shepher hatte sich für dieses wichtige Treffen keine besondere Mühe gegeben. Er kam, wie er war, sogar mit seinem Feigenbeutel, den er trotz des bevorstehenden Mahls abzunehmen vergessen hatte. Immerhin waren seine Haare zufällig frisch gewaschen, und seine Schläfenlocken waren glänzend und glatt; dass er sie mehrere Stunden lang um den Finger gedreht hatte, war das einzige erkennbare Anzeichen seiner Nervosität.
Seine Aufmerksamkeit wurde sofort von den Büchern auf dem Tisch gefesselt, und Raphaelovitch, der sah, dass die Bücher eine größere Versuchung darstellten als seine Tochter, quälte den jungen Mann, indem er sie wegräumte. Einer nach dem anderen wurden die Bände geschlossen, geküsst und in die Kommode gestellt. Schließlich war nur noch die Damastdecke übrig. »Wer sich fleißig bildet, ist der reichste Mensch der Welt«, sagte Raphaelovitch. »Nicht, dass ich den Wert des Geldes nicht anerkenne, aber Wissen ist sein Gewicht in Gold wert. Warum ist Geld wichtig? Weil man damit Bücher kaufen und den Magen ruhig stellen kann, während das Gehirn arbeitet. Natürlich stellt nicht das Geld den Magen ruhig, sondern das Essen, aber mit Geld kann man
Essen kaufen und nicht umgekehrt. Wo wir gerade davon sprechen, meine Tochter hat uns ein Huhn gekocht. Kommt, wascht Euch, setzt Euch, und dann wollen wir tüchtig zugreifen.« Shalom Shepher wusch sich die Hände in einer Blechschüssel, sprach den Segen und setzte sich.
In diesem Moment kam Batsheva Raphaelovitch vom Hof herein, einen Krug mit Wasser in der Armbeuge, und die Fastverlobten begegneten sich versehentlich. In Wirklichkeit war es gar kein Versehen, sondern geplant. Isaak Raphaelovitch hatte seine Tochter im Vorfeld angewiesen: »Wenn du ihn klopfen hörst, geh hinten hinaus und hol Wasser vom Hof. Wenn er dich dann versehentlich hereinkommen sieht, dann kann ich einen Satz über Jakob sagen, der am Brunnen Rebekka trifft.« Raphaelovitch fügte nicht hinzu, dass eine Frau, die Wasser vom Brunnen holt, immer etwas Schönes habe und dass er hoffe, dieser romantische erste Eindruck würde den potenziellen Bräutigam von den Unzulänglichkeiten seiner Tochter ablenken.
Meine Urgroßmutter sah wirklich ganz hübsch aus, als sie ins Wohnzimmer trat, das Tuch um Kopf und Schultern gelegt, den geschwungenen Tonkrug im Arm und die üppigen Röcke mit Blumen bestickt. Dies war bemerkenswert, denn in Wirklichkeit war sie eine unansehnliche junge Frau mit langem Gesicht und schmalem Körper. Sie war es, die das Dunkle, Schlaksige in den Genpool unserer Familie einbrachte, und fortan herrschte ein Kampf zwischen dem untersetzten, aber schönen Körperbau und dem goldenen Haar Shalom Shephers (die mein Vater geerbt hat) und der fahlen, dünnen Erscheinung seiner Frau (meine Tante Shoshanah mit ihrem Pferdegesicht und ihren eingefallenen Schultern sei, das sagen alle, das Ebenbild meiner Urgroßmutter gewesen).
Die Suppe wurde serviert, klar und fettig, und Shalom
Shepher als Ehrengast bekam die kleinen gekochten Eidotter aus den Innereien des Huhns. Das Huhn selbst erschien in einer Dampfwolke aus der Küche, mit Gemüse und dicken Nudeln garniert. Es war so gut durchgekocht, dass das Fleisch vom Knochen fiel, als Raphaelovitch es abschneiden wollte, und es zerging auf der Zunge. Der Gastgeber beobachtete seinen Gast und sah, dass er zufrieden war, häufte noch mehr auf seinen Teller und behielt ihn beim Essen aufmerksam im Auge. Shalom Shephers Magen war von der Feigendiät geschrumpft, und so konnte er nicht so viel essen, wie er gewollt hätte. Außerdem schmeckte das Huhn nicht ganz so, wie er es in Erinnerung hatte. Ein zarter Feigengeschmack würzte, wie eine Erinnerung, alles, was er aß.
Schließlich war das Mahl vorüber, und Raphaelovitch holte eine schmuddelige Flasche und zwei Becher, die er mit seinem Ärmel polierte, aus dem Schrank. Er stellte sie auf den Tisch und schenkte etwas von einer Flüssigkeit ein, die aussah und roch wie Weinbrand, die aber, wie Shalom Shepher feststellen sollte, nach gar nichts schmeckte.
»Nehmt das Glas in die Hand, mein Junge. So ist es recht. Worauf wollen wir trinken? Nicht auf die Schönheit der Braut, das könnte Unglück bringen. Obwohl, Gott weiß es, was soll in dieser Hinsicht schon passieren? Meine Frau, die Mutter meiner Tochter, sie ruhe in Frieden, war auch nicht gerade für ihr gutes Aussehen bekannt, und so kann ich ehrlich sagen, meine Tochter
Weitere Kostenlose Bücher