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Das vielfarbene Land

Das vielfarbene Land

Titel: Das vielfarbene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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die Ernährung und den Dienst geeignet. Mit Geduld, Fleiß und Geschick werden wir bestimmt überleben. Jetzt wollen wir den Waffenstillstand noch eine Weile länger einhalten. Niemand spreche von Rache oder von Mißtrauen gegen meinen geliebten Gatten.«
    »Gut gesprochen, Vorherwissende Dame«, erklärten die Gedanken und gesprochenen Worte der anderen. (Abweichende Meinungen blieben jetzt verborgen.)
    Thagdal sagte: »Die kleinen Flieger warten auf uns. Laßt uns zum Abschied unsere Gedanken in einem Salut vereinigen.«

2
    Er stapfte vom Kontrolldeck. Das goldene Haar und der goldene Bart knisterten noch vor unterdrückter Wut, die weißen Gewänder fegten über das trübgewordene Metalloid des Bodens. Eadone, Dionket und Mayvar Königsmacherin folgten ihm. Ihre Gedanken vereinigten sich in dem Lied, die Hände streichelten abschiednehmend die schnell auskühlenden Wände, die einst vor lebensspendender Energie vibriert hatten. Kleine Gruppen aus verschiedenen Teilen des Schiffes stimmten nacheinander in die Hymne ein, bis fast die von ihnen in Verbindung standen.
    Flieger schössen von dem sterbenden Schiff davon. Mehr als vierzig vogelähnliche Maschinen durchdrangen die Atmosphäre wie glühende Pfeile, bis sie plötzlich abbremsten und ihre Schwingen entfalteten. Eine übernahm die Führung, und die anderen folgten ihr in einer stattlichen Prozession. In Erwartung des berechneten Aufpralls flogen sie auf die größte Landmasse der Welt zu und überquerten von Sü-
    den her die eindrucksvollste Landmarke des Planeten ein weites, fast trockenes Seebecken, in dem Salzpfannen glitzerten. Es bildete einen unregelmäßigen Einschnitt in den westlichen Teilen des Hauptkontinents. Schneebedeckte Gipfel begrenzten dies leere Meer im Norden. Die Flieger ließen die Berge hinter sich und schwebten wartend über dem Tal eines breiten, nach Osten fließenden Stroms.
    Das Schiff drang auf westlichem Kurs in die Atmosphäre ein und zog eine feurige Spur hinter sich her. Sein Absturz erzeugte eine ungeheuerliche Druckwelle, die die Vegetation in Brand setzte und sogar das Gestein der Landschaft veränderte. Grüne und braune Tropfen geschmolzenen Glases regneten auf das östliche Hochland nieder, als die Schiffshülle sich auflöste. Das Wasser des Stroms erhob sich als Dampf aus seinem Bett.
    Dann kam der Aufschlag eine Explosion aus Licht und Hitze und Lärm. Mehr als zweitausend Millionen Tonnen Materie rissen mit einer Geschwindigkeit von zweiundzwanzig Kilometern in der Sekunde eine Wunde in die Welt. Das Felsgestein erfuhr eine Umwandlung, die Substanz des Schiffes ging in der Katastrophe so gut wie vollständig unter. Fast hundert Kubikkilometer planetarischer Kruste flogen nach oben und außen. Die feineren Bestandteile erhoben sich als schwarze Säule in die Stratosphäre, wo die hohen, dünnen Winde sie als Leichentuch über einen Großteil der Welt ausbreiteten.
    Der entstandene Krater hatte einen Durchmesser von nahezu dreißig Kilometern, war aber nicht sehr tief. Er glühte wie ein Krebsgeschwür im Boden, und tornadoähnliche Stürme, die sich in der gestörten Atmosphäre bildeten, schlugen auf ihn ein. Feierlich kreisten die kleinen Flieger viele Tage lang über ihm. Sie schenkten dem schlammigen Hurrikan keine Beachtung, sie warteten darauf, daß die Erdfeuer sich abkühlten. Als der Regen seine Arbeit getan hatte, flogen sie für lange Zeit davon.
    Sie kehrten an das Grab zurück, sobald sie ihre Aufgaben vollständig erfüllt hatten, und ruhten sich tausend Jahre lang aus.
    Die kleine Ramapithecus-Frau ließ sich nicht entmutigen. Sie war sicher, daß ihr Kind in das Maquis-Dickicht gelaufen war. Deutlich nahm sie seinen Geruch wahr, obwohl Heide, Thymian und Ginster schwere Frühlingsdüfte verströmten.
    Lockrufe ausstoßend erkämpfte sie sich einen Weg bergauf in das einstmals ausgebrannte Gebiet. Ein Kiebitz in lebhaftem Gelb und Schwarz schrie »Piwitt« und flatterte mit einem nachschleppenden Flügel davon. Die Ramapithecus-Frau wußte, daß er sie mit diesem Schauspiel von seinem nahegelegenen Nest ablenken wollte, aber in ihrem einfachen Verstand war kein Gedanke an einen Eierraub. Alles, was sie wollte, war ihr verlorengegangenes Kind.
    Sie mühte sich den überwachsenen Abhang hoch. Mit einem Ast schlug sie das Unterholz nieder, das sie behinderte. Sie war fähig, dies Werkzeug sowie einige andere zu benutzen. Ihre Stirn war niedrig, aber ihr Gesicht war ganz vertikal mit einem kleinen,

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