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Dauerhaftes Morgenrot

Dauerhaftes Morgenrot

Titel: Dauerhaftes Morgenrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Zoderer
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die Straßenbeleuchtung.
    Er drehte den Warmwasserhahn und den Kaltwasserhahn des Bidets auf und schüttete den Rotweinrest in das Beckenoval und betrachtete das dunkle Rot, wie es schnell dünner wurde und zerfloß. Da ist der Schafstall, die offene Tür, durch die wir, Johanna, in den sommerlich leeren Pferch eintreten, wir haben Steine in den Stausee geworfen, platte Steine, die wie Silberstücke in der Nachmittagssonne glänzen. Ich ziehe den Kopf ein unter der Tür, taste – den Atem und dein Schweigen hinter mir – in die Dunkelheit hinein, tappe mit den Füßen über den mehligen Mistbelag. Scharfer Wollegeruch, und allmählich nehme ich an der Wand die langgezogene Futterkrippe wahr, und ich schaue auf die Rippen dieser Futterkrippe wie auf ein Sargbett, das mein Hochzeitsbett wird. Und du legst daneben deinen Rock hin, und darüber Bluse und Weißwäsche.
    Livia hatte ihm fast immer recht gegeben, du sollst, sagte sie, nein, sie fragte: meinst du nicht, daß es für dich gut wäre, daß es dir gut bekäme, wenn du ein paar Tage verreisen würdest, und sein hämisches Stummsein spornte sie an: gib dir einen Schubs, sag, du mußt es, und du mußt es ja auch wirklich.
    Hör auf, red mir nicht ein, was ich jetzt, gerade jetzt, unmöglich kann: weggehen. Vor dem Wohnzimmerfenster tanzte ein Mückenschwarm, ein gut abgestimmtes Luftballett in vertikal und horizontal schwirrenden Wolken. Er hatte in eine flirrende Wolke tanzender Mükken gestarrt, Livia neben sich, und über den bewaldeten Bergrücken im Osten fielen grüne Schattenflecken, so daß die Wiesen und der Lärchenwald, die noch in der Nachmittagssonne lagen, sich blaßgelb verfärbten.
    Jetzt fliegt Schnee auf den Khakibaum im Hinterhof, auf diese feuergelben Früchte, die alle Blätter des Baumes überstehen. Wenn ich meinen Atem auf die Scheibe des Hotelfensters hauche, taucht ein Schatten auf, einem Lungenflügel gleich, und ich sehe, wie die trockene Zimmerluft zuerst mein Herz frißt und dann meinen linken Lungenflügel, übrig bleibt nur der Abdruck meiner Nasenspitze am Scheibenglas.
    Immer wenn Lukas ins Hotel zurückkehrte und das Zimmer aufschloß, rechnete er damit, daß die Tür schon geöffnet war und jemand ihn erwartete. Ich fürchte mich nicht wirklich, ich bin nur neugierig auf die fremde Lust: beobachtet zu werden. Aber er wurde nicht beobachtet, nie, in keinem Augenblick fühlte er sich von Livia beobachtet.
    Setzen Sie sich
    auf die Bettkante,
    schauen Sie auf den Hut
    am Haken,
    am Boden ist nichts.
    Auf der schmalen Marmorplatte über dem Hotelwaschbecken sah er ungeordnet, auch umgeworfen seinen Rasierpinsel, das Rasiermesser, Seife und Rasierwasser, unmittelbar unter dem Spiegel, zum Greifen nahe, hatte er Pinsel und Seifentube neben dem Wasserglas mit der Zahnbürste, und doch schwankte alles vor seinen Augen. Wenn er nach dem Rasieren die Klinge aus dem Handapparat zupfte, zögerte er jedesmal, bevor er das Metallblatt in den plastikgrünen Kübel unter dem Becken warf, er sah eine Hand hineintauchen und sich blutig schneiden, und so schleuderte er jetzt die Rasierklinge zum Fenster hinaus, wer lief schon zu dieser Zeit barfuß durch die Straßen. Erst am nächsten oder übernächsten Tag bemerkte er die zarten Blutspuren auf der Mauerbrüstung unter seinem Fenster, es waren halbzerborstene Kreuze oder auch gefärbte griechische Ypsilons. Der schneegesprenkelte Mauervorsprung war rosarot bedruckt von Taubenfüßen, die auf der senkrecht zwischen zwei Ziegeln steckenden Klinge gelandet waren.
    Wir sind zuerst an einem weitausladenden Johannisbrotbaum vorbeigekommen, und Livia hat sich nach einer dieser schokoladedunklen Hülsenfrüchte gebückt, sie auseinandergebrochen und mich abbeißen lassen.
    Sie schmeckte süßlich und mehlig und erinnerte ihn an Nüsse im Lebkuchen. Ein kurzbeiniger Hund mit Ringelschweif folgte ihnen über ein karstiges Feld, auf dem wilder Hafer wuchs.
    Das Auto hatten sie unter der Terrasse des Hauses zurückgelassen, wo die schwarzgekleidete alte Frau auf ihre Frage nach dem Meer wiederholt mit dem ausgestreckten Arm auf den Johannisbrotbaum gezeigt hatte.
    Vielleicht ist es dieses diffuse, weiße Licht, das die Hitze über uns wirft, und die Sonne ist irgendwo. Der Johannisbrotbaum war der einzige Baum weit und breit; der Boden wurde schnell

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