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David Roth und andere Mysterien

David Roth und andere Mysterien

Titel: David Roth und andere Mysterien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoi Karampatzaki
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mir zu sehen. Nichts. Es war zu still, nur Davids Atem war zu hören.
    „Lauri“, murmelte er.
    Bewaffnet und barfuß durchsuchte ich das ganze Haus. In jeder Sekunde rechnete ich damit, David gleich schreien zu hören. Es blieb still – in mir hingegen explodierte lautstark alles, was ich war. Eine Vermutung hatte sich nach diesem Tag mit David in mir breitgemacht. Ich fühlte zu viel für ihn, das stand fest. Und ich wusste, was das bedeutete.
    Hätte ich den Gedanken vollends zugelassen, wäre ich auf die Knie gefallen und hätte das Schicksal angefleht, es nicht geschehen zu lassen. Ich hätte gezittert und wäre wahnsinnig geworden. Das durfte nicht geschehen. Ich benötigte all meine Kraft. Ich musste dem Dämon ins Gesicht schauen und herausfinden, ob er Pupillen hatte oder nicht.
    Ein Wesen ohne Pupillen hatte Elin im bunten Herbstwald Finnlands zerfleischt, weil ich sie liebte. Reißer nannte man diese Wesen: sadistisch, unfähig zu fühlen. Ein Reißer suchte sich im Zufallsverfahren einen Menschen aus und jagte fortan jeden, in den sich dieser Mensch verliebte. Sollte das Ding im Hafen keine Pupillen gehabt haben, war er das Wesen, das Elin getötet hatte. Das Wesen, das David töten wollte. Ein Reißer, der mich auserwählt hatte.
    Er hatte vor mir gewusst, was ich in Wahrheit für David empfand.
    David.
    Zurück im Schlafzimmer setzte ich mich auf das Bett und krümmte mich, raufte mir die Haare und versuchte, Herr über meine Qual zu werden.
    „Lauri“, murmelte David hinter mir im Schlaf. „Ich liebe dich ...“
    Nein , dachte ich in einer seltsam ruhigen Panik. Nein.
    Du hast keine Pupillen.
    Du. Du bist es. Ich weiß es .
    David hatte die Vorhänge zugezogen, damit uns das Licht morgen nicht weckte. Ich starrte den Stoff an, als ich aufstand und langsam darauf zu ging. Bitte nicht , dachte ich, griff nach dem Vorhang und riss ihn zur Seite.
    Mein Reißer klebte am Fenster und hatte sich am angesabberten Glas festgesaugt. Sein eigenes Spiel hatte ihn derart gierig gemacht, dass er völlig von Sinnen wirkte. Wild stierte er an mir vorbei zu David. Dutzende Male hätte der Reißer im Moment einer Berührung zuschlagen und ihn töten können. Seine Intelligenz und das daraus hervorgegangene Bedürfnis, mich zu ärgern, waren ihm zum Verhängnis geworden. Allein deshalb war David in dieser Sekunde noch am Leben.
    Ich wusste, was ich zu tun hatte.
    Von Kälte erfüllt klopfte ich an das Glas. Der hitzige Blick zuckte zu mir. Ich sah, wie heftig mein Reißer atmete.
    „Du bekommst ihn nicht“, sagte ich fest und zog den Vorhang zu.

Auf ewig allein
     
    David konnte diesen Morgen nie vergessen. Nie in seinem ganzen Leben.
    Noch herrschte Nacht über Sydney. Langsam schob sich der Feuerball über die verkohlt wirkende Skyline. Als das erste Licht in sein Zimmer schien, erwachte er endgültig, tiefe Schlafnarben vom Kissen im Gesicht.
    Er spürte im selben Moment an der Kühle des Lakens, dass Lauri fort war. Fort war seine Körperwärme, die David bereits einige Male in den Schlaf begleitet hatte. Fort war der schwere Moschusgeruch eines anderen Mannes und die persönliche Lauri-Note darin. Fort war der muskulöse Arm, der ihn mitten in der Nacht umschlungen hatte. So fest, dass er eine halbe Sekunde lang wach geworden war, um gleich darauf wieder abzudriften.
    Müde grunzend stemmte er sich vom Bauch auf die Seite. Mit einer Hand hielt er sich aufrecht, die andere glitt über sein verschwitztes Gesicht. Die stützende Hand berührte etwas Kühles, Kleines.
    Verwirrt öffnete David die Augen. Auf dem Kissen funkelte etwas im grellen Sonnenschein. Ihm war gleich klar, was es war: Lauris Kette mit dem Rentieranhänger, die er nie abnahm, außer unter der Dusche.
    David kannte Lauri nicht lange – falls von kennen die Rede sein konnte. Jedenfalls lange genug, um zu wissen, dass Lauri seine geliebte Kette niemals achtlos auf das Bett legen würde. Es war niemand im Bad: Die Tür stand offen und gab den Blick frei auf die in Dunkelheit liegende Toilette. Kein Licht, kein Wasserrauschen.
    Mit gerunzelter Stirn knipste David die Lampe auf seinem Nachttisch an und berührte sanft, ehrfürchtig den Anhänger. Er lächelte. Lauri, das Rentier. Lauri, der etwas verrückte Finne.
    Lauri, der Mann, den er liebte.
    Erschrocken zuckte David vor diesem Gedanken zurück. Sein Herz pochte wild und er schwitzte erneut. Er hatte es seit Wochen geahnt ... vielleicht von Anfang an. Trotzdem war es schockierend, es

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