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David Roth und andere Mysterien

David Roth und andere Mysterien

Titel: David Roth und andere Mysterien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoi Karampatzaki
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jedes Jahr – es war für nahezu alle Aussies in Sydney eine schöne Tradition – hatten sie Picknick-Körbe mit allerlei Leckereien gefüllt. Sie harrten hier seit dem ebenfalls traditionellen Raclette aus, um die besten Plätze zu ergattern. Man musste in jedem Jahr früher kommen, schien es, und es war dieses Spektakel absolut wert.
    Manchmal, wenn es so voll wurde, dass die jüngeren Kinder schrien und weinten, lud David alle Freunde zu sich in sein Haus um die Ecke ein. Das Balls Head Reserve war mit Abstand einer der beliebtesten grünen, teilweise bewaldeten Plätze in Kirribilli und Sydney. Ein Ort, an dem man entspannen und die besten Blicke auf den Sydney Harbour erhaschen konnte. Oft kam die Clique hier zusammen, um zu picknicken, sich zu sonnen, mit den Kindern einen Ball durch die Gegend zu kicken oder Freunde aus anderen Ländern zu beeindrucken. Oder eben, um einen Jahreswechsel zu feiern und bei dieser Gelegenheit die inzwischen berühmten Vorsätze auszutauschen.
    Es war das alte Spiel. Jeder in der Clique musste sich etwas nahezu Unmögliches vornehmen, und alle anderen machten mit. Wer am längsten durchhielt, gewann. David hatte beim letzten Mal mutig behauptet, er könne die ganzen zwölf Monate auf Vegemite verzichten. Natürlich war er als Erster von allen gescheitert. Linda hatte gewonnen und war einmal im Monat ins Fitnessstudio gegangen. Für sie eine beachtliche Leistung, in Davids Augen lächerlich leicht. Was glaubte die Frau eigentlich? Er war David Roth und über ihn machte man sich nicht lustig! Außerdem hatte er dieses Jahr die originellste Idee von allen, da war er sich sicher. Etwas Anspruchsvolles – und natürlich nichts im Vergleich zur Vegemite-Geschichte.
    Einen Moment überlegte er, ob er damit warten sollte, die große Bombe platzen zu lassen, bis alle wieder in der Nähe waren. Joanna, ihr neuster Lover und ihre Tochter Becca suchten einen verlorenen Ohrring in der Menschenmasse. Bobby und Linda lehnten hier mit ihm am Geländer. Miles und der Mann, in den er sich kürzlich verliebt hatte und den er unbedingt erobern wollte, holten die nächste Portion Bier. Em ertrug ein paar Meter entfernt tapfer das angeregte Getratsche seiner Frau Tanja mit einer ihrer Freundinnen. Eve und Wanda flirteten im strahlenden Licht der Skyline Sydneys einen recht überrumpelt wirkenden und deutlich jüngeren Kerl an.
    Er wollte sagen, dass er mit der großen Verkündung warten wollte, als er sein Handy in der Jeanstasche am Hintern vibrieren fühlte. „Entschuldigt mich“, murmelte er rasch. Er erwartete einen Anruf seiner Mutter, weil die heftige Hitzewelle in Tasmanien immer gefährlicher wurde, was die Buschfeuer betraf.
    Dieses Gespräch wollte er in einer ruhigeren Ecke führen, daher wandte er sich ab und rannte das Stück in den kleinen Wald hinein. Hier und da parkte ein Auto, zwischen den Bäumen war es menschenleer. Er wandte sich den Leuten zu, um den wunderschönen Hafen im Blick zu haben, und nahm den Anruf an.
    Es war tatsächlich seine Mutter. Seit seine Eltern in Tasmanien wohnten, sah er sie seltener.
    „David, keine Sorge, es geht uns gut. Es brennt im Gebirge, habe ich den alten Nelson von nebenan behaupten hören. Was der sagt, muss nichts heißen. Unser Haus steht jedenfalls und am Horizont sieht man keine Flammen.“
    Er verwickelte sie in einen kleinen Small-Talk; immerhin war es der letzte Anruf in diesem Jahr, da die Netze gegen Mitternacht regelmäßig überlastet zusammenbrachen. Mit einem Seufzen legte er wenig später auf und verließ den Wald. Die armen Menschen auf Tasmanien. Ein paar Meter von den Menschen am Geländer entfernt blieb er stehen, hielt das Handy hoch und machte ein Foto von der Brücke, die bald im Rauch und Licht der Feuerwerkskörper versinken würde.
    „Ach, Lauri“, murmelte er, den vertrauten Schmerz als brennenden Riss im Herzen, und ließ die Hand sinken, um den Rentier-Anhänger seiner Kette zu berühren. „Ich wünschte, du wärst bei mir.“
    Es war Routine für ihn, das zu jedem Jahreswechsel hier im Balls Head Reserve zu sagen. Etwas, das Lauri am Leben hielt, obwohl er längst tot sein musste. Zehn Jahre waren eine sehr lange Zeit; länger, als so manche Kinder seiner Freunde alt waren. Viel konnte sich verändern. Er selbst und seine Clique waren dieselben Menschen geblieben.
    Eine solche Liebe, wie er sie für Lauri empfand, konnte ohnehin nie vergehen.
    Wie jedes Jahr nach diesem Satz schloss er lächelnd die Augen. Er

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